Sie sind wieder da: Fleißers Kinder Start einer neuen Reihe im Studio am Herzogkasten
Marieluise Fleißer nannte die jungen bayerischen Dramatiker Martin Speer, Franz Xaver Kroetz und Rainer Werner Fassbinder, ihre „liebsten Söhne“. Hätte sie Franziska Gänsler gekannt, wäre sie damit einverstanden, sie zu „Fleißers Kindern“ zählen zu lassen.
„Fleißers Kinder“ heißt die neue Reihe, die die Chefdramaturgin, Sonja Walter, Mittwoch, den 23. Oktober, im Studio vorstellte. In dieser kommen Autorinnen und Autoren zum Wort, die große Themen wie komplexe Geschlechterrollen, Leben in Kleinstädten und soziale Ungerechtigkeiten thematisieren. Es sind die Themen, die mit denen sich Fleißer immer wieder beschäftigte und die an der Aktualität bis heute nichts verloren haben.
Den Auftakt machte Franziska Gänslers Debütroman „ Ewig Sommer“, der durch die vielschichtige Verwobenheit der Themen beeindruckt: Klimaerwärmung mit ihren Auswirkungen und die toxische Beziehung, in der die Protagonistin verstrickt ist. Es handelt sich um die jungen Mutter Dori, die mit ihrer kleinen Tochter Zuflucht im einen Hotel sucht. Seitdem in den benachbarten Wäldern Brände toben, hat der einstige Kurort seinen Reiz und das Hotel seine Gäste verloren. Iris, die Hotelbesitzerin ist zunächst überrascht, warum eine Mutter mit ihrem Kleinkind Urlaub in einem Krisengebiet macht. Bald wird ihr klar, dass mit der jungen Frau wohl etwas nicht stimmt und die anfänglichen Zweifel werden bald durch Telefonanrufe
weiter genährt. Es meldet sich der Vater des kleinen Mädchens und gibt sich besorgt um das Wohl seiner Tochter. Er versucht die Hotelbesitzerin davon zu überzeugen, dass die junge Mutter nicht imstande ist ihr Kind angemessen zu versorgen. Iris ist hin und hergerissen, wem sie glauben und wie sie entscheiden soll: Soll sie dem Anrufen bestätigen, dass die zwei bei ihr logieren?
Frau Walter betont in ihrer Einführung, dass sie selten Konflikte, die jemand durchlebt „so packend, intensiv und präzise gebaut“ erlebt habe, wie in diesem Roman, den sie auch deswegen für den Auftakt der Reihe gewählt hatte.
Das Buch wurde bereits ins Französische übersetzt und die Englische sowie Spanische Übersetzung stehen bevor.
Fleißer hätte nicht nur wegen der thematisierten Machtstrukturen der Geschlechter, sondern auch wegen der wunderbar klaren Sprache sicher Freude an Franziska Gänsler und hätte sie gerne in den Reigen „Fleißers Kinder“ gesehen.
Schade, dass Buchhandlung Siebert nicht mit von der Partie war, sonst hätte man das schöne Buch gleich vor Ort kaufen und signieren lassen können.