„Gut gemeint, aber schlecht gemacht“
Pfarrer Alfred Grimm sprach in Sachausschuss über „Behindertenfeindlichkeit“
„Gesellschaftliche wie auch kirchliche Ableismen –Sensibilisierung tut Not“. Zu dieser Problematik, mit der sich derzeit auch die Arbeitsstelle Inklusion der Deutschen Bischofskonferenz beschäftigt, hat der Diözesanverantwortliche für die Behindertenpastoral, Pfarrer Alfred Grimm, im Sachausschuss für die Seelsorge für Menschen mit Behinderung des Diözesanrates Eichstätt am Samstag im Priesterseminar einen Vortrag gehalten. Zuerst ging es um die Klärung des Begriffs „Ableismus“: Dieser steht laut Grimm für „Behindertenfeindlichkeit“ und beschreibt die diskriminierende und ungleiche Behandlung von Menschen mit körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung. „Dabei werden betroffene Menschen auf ihrer Behinderung reduziert und dadurch als minderwertig gekennzeichnet. Der Begriff verdeutlicht, dass Menschen mit Behinderung unter Stereotypen leiden, die sie abwerten“, so der Diözesanverantwortliche für die Behindertenpastoral.
Ab- und aufwertender Ableismus
Es müsse zwischen abwertendem und aufwertendem Ableismus unterschieden werden. Der abwertende zeige sich darin, dass Menschen mit Behinderung aktiv für ihre Beeinträchtigung diskriminiert werden. Grimm nannte ein Beispiel: Eine im Rollstuhl sitzende Person benötigt beim Einsteigen in den Bus die Rampe. Der Busfahrer reagiert genervt und äußert: „Können Sie nicht zu einer anderen Tageszeit Bus fahren? Sie halten den Verkehr auf.“ Abwertende Ableismen stellten auch Ausdrücke dar wie „Mensch, du bist total behindert“ oder „Mensch, du Psycho“. Solche Äußerungen sind für Grimm „unter keinen Umständen zu tolerieren“.
Der sogenannte „aufwertende Ableismus“ zeigt sich dem Pfarrer zufolge darin, dass Menschen mit Behinderung für die Erledigung von alltäglichen Dingen von Menschen ohne Behinderung gelobt werden. Auch hierfür nannte er Beispiele: Die im Rollstuhl sitzende Person antwortet dem Busfahrer, dass sie zu dieser Zeit den Bus nehmen muss, da sie zur Arbeit fährt. Der Busfahrer erwidert darauf: „Das ist aber klasse, dass Sie trotz ihres Rollstuhls einen Beruf ausüben.“ Eine solche Aussage, so Grimm, sei „gut gemeint, aber schlecht gemacht“, denn auch durch sie könnten sich Menschen mit Behinderung verletzt fühlen. Um diese Art der Diskriminierung zu verdeutlichen, las Grimm auch einen Bericht einer Frau mit Behinderung vor, die sich nicht dabei wohlfühlte, dass für sie aufgrund ihrer Behinderung gebetet wird. Natürlich, so diese Frau, dürfe für sie gebetet werden, aber nicht aufgrund ihrer Behinderung, sondern weil sie wie alle Menschen des Gebetes bedürfe.
Die hochgradig sehbehinderte Angelika Scherupp, die Mitglied im Sachausschuss ist, erklärte, ihr sei es am liebsten, wenn ihr im Alltag nicht direkt geholfen werde, sondern wenn sie gefragt werde „Brauchen Sie Hilfe?“. Pfarrer Grimm sagte, dies entspreche dem Vorgehen Jesu, der laut der Bibel den blinden Bettler Bartimäus fragte: „Was willst du, dass ich dir tue?“
Antwort Inklusion
Die Antwort zur Vermeidung von Ableismen ist für Grimm „Inklusion“. Menschen mit Behinderung müssten selbstbestimmt für sich und deren Umwelt in die Verantwortung genommen werden. Grundsätzlich ist es aus der Sicht des Diözesanverantwortlichen für die Behindertenpastoral wichtig, „dass in der Gesellschaft mehr über Ableismus bei Menschen mit und ohne Behinderung gesprochen wird und nicht nur betroffene Menschen in der Position sind, sich selbst zu schützen“.
Foto: Die Vorsitzende des Sachausschusses Seelsorge für Menschen mit Behinderung, Elfriede Späth-Werner (links), bedankte sich bei Pfarrer Alfred Grimm für seinen Vortrag.
Bildinformationen
- Pfarrer Grimm und Ausschussvorsitzende: Peter Esser