Istanbul „Was wäre wenn….“ – Premiere im Kleinem Haus
War es richtig, Klaus in Istanbul beizusetzen? Oder sollte man seine Asche nach Ingolstadt bringen, woher er als Gastarbeiter aufgebrochen ist und wohin er nach ein paar Jahren Arbeit in der Fremde eigentlich wieder zurückkehren wollte, um da sich und seiner Familie ein Haus mit Wintergarten zu bauen. Klaus Gruber ist ein Gastarbeiter, der in den 60er Jahren in das Wirtschaftswunderland Türkei, auf der Suche nach Arbeit und bescheidenem Wohlstand, aufgebrochen ist. Knapp zwei Stunden begleiten wir den Ingolstädter Gastarbeiter, der in der Schanz seine Frau und Tochter zurücklässt. Wir erleben seine Hoffnungen, Ängste und Träume, die in deutsch erzählt und in den Lieder von Sezen Aksu türkisch gesungen werden. Die Königin des türkischen Pops begleitet weltweit die türkische Community bereits seit drei Generationen. Es sind knapp zwei berührende und unterhaltsame Theaterstunden, die von der türkisch-österreichischen Regisseurin Asli Kislal in Ingolstadt inszeniert wurden. Frau Kislal ist in Istanbul geboren und lebt seit 1990 als künstlerische Leiterin des von ihr gegründeten Kunst- und Kulturvereins „daskunst“ in Wien.
Berna Celebi, Ercan Karacayh und Manuel Karadeniz spielen sich in die Herzen der Zuschauer als Wegbegleiter, denen Klaus und Luise in der Türkei begegnen und mit denen sie bald mehr verbindet. Sarah Horak als Luise und Ralf Lichtenberg als Klaus begeistern nicht nur schauspielerisch, sondern beeindrucken dadurch, dass sie die zahlreichen Songs, die von Liebe und Sehnsucht handeln, türkisch singen.
Die Autorin Selen Kara verarbeitet in dem Umkehrstück die eigenen Familienerfahrungen und die Fragen nach Heimat und Ankommen. Sie entwickelte in dem Gedankenspiel „Istanbul“ gemeinsam mit dem Theatermusiker Thorsten Kindermann ein Theaterstück, das die Verständigungsprobleme und Konflikte andeutet, aber nicht breit tritt, denn sie sind ja eigentlich bekannt, werden aber durch den Perspektivwechsel hautnah erlebt: Wie schwierig sich Kommunikation in einer völlig fremder Sprache gestalten kann, zeigt allein Herausforderung Filterkaffee in Istanbuls Teehäusern zu suchen. Man verzichtet auf Agitation, sondern setzt auf Identifikation, Empathie und gegenseitiges Verständnis.
Am Ende wird deutlich, die Menschen, die zu uns gekommen sind, sind weit mehr als Gäste, denn an dem Haus, an dem mitgebaut hatte, ist man kein Gast.
Eine Empfehlung für diesen sehr gelungenen Abend hilft leider nicht sehr viel, denn alle Veranstaltungen sind bereits restlos ausverkauft. Aber vielleicht wird es ein Dauerrenner wie in Bremen, wo das Theaterstück entwickelt wurde und bereits seit Jahren läuft. Trotzdem ist es nach wie vor ausverkauft.
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- Istanbul „Was wäre wenn….“ – Premiere im Kleinem Haus: HaGa