Titelthema: Neuer Wein in alten Schläuchen – Was muss und was soll sich in Ingolstadt ändern?
Seit vielen Jahren besteht in Ingolstadt der Wunsch, den Bürgern die Donau näher zu bringen und damit die Aufenthaltsqualität der Altstadt entlang des Flusses zu verbessern. So lud vor kurzem die Stadt ein, um über die Idee einer geplanten Änderung der Trassenführung an der Schlosslände zu informieren. Neben einem Modell des Preisträgers von 2013, der seinerzeit als Sieger bei dem Ideenwettbewerb zur entsprechenden Umgestaltung hervorgegangen ist, gab es zwei Entwürfe für mögliche Änderungen an dieser Stelle.
Das Interesse an der Veranstaltung war groß, die Rückmeldungen recht unterschiedlich. Während die einen die geplanten Änderungen begrüßten, meldeten die anderen große Bedenken hinsichtlich der verengten Verkehrsführung an. Denn während der Stoßzeiten komme es bereits jetzt zu Staus, die wohl mit der Verengung der Fahrbahn noch mehr werden dürften. Dem hielten die Stadtplanerinnen entgegen. Die Verkehrssituation werde sich entspannen, sobald die Umgestaltung der Harderstraße fertig wird und die Buslinien 10 und 11 wieder durch die Stadt geführt werden. Allerdings stieß das Vorhaben der Stadt bei vielen – und zwar nicht nur bei der Veranstaltung vor Ort, sondern auch in den sozialen Medien – wegen der angespannten Haushaltslage auf großes Unverständnis. Die Haushaltskassen der Stadt sind leer und es gilt für das kommende Jahr etwa 60 Millionen Euro einzusparen. Gleichzeitig gibt es viele notwendige Vorhaben, zum Beispiel im Bereich der Schulen, die mit hohen Kosten verbunden sind.
Viele Ideen und Möglichkeiten
Allerdings: Wer soll das bezahlen?
Trotz klammer Haushaltskassen gibt es einige Sterne am Himmel der Begehrlichkeiten, nach denen die Stadt greifen möchte.
So gibt es den Vorstoß, den ehemaligen Kaufhof zu kaufen und dort eine Markthalle einzurichten, und somit nicht nur die Innenstadt zu beleben, sondern die Idee einer Markthalle wieder einmal aufzugreifen. Die Kritiker bezweifeln den Erfolg eines solchen Vorhabens und sie werfen die Frage auf, ob die Nachfrage tatsächlich eine solche Investition rechtfertigen würde.
Die Diözese Eichstätt möchte das Franziskanerkloster verkaufen. Vergangenes Jahr haben die letzten Mönche das Kloster verlassen und seitdem steht es leer. Es gab einige Interessenten, aber letztendlich kam es zu keinem Abschluss. Auch die Stadt Ingolstadt überlegte das Kloster für Büroräume zu nutzen. Das scheiterte daran, dass die Stadt sparen muss und es sich wohl auch herausstellte, dass die Räumlichkeiten dafür nicht geeignet wären. Nun kam ein erneuter Vorstoß der Stadtratsfraktion der Grünen, dass die Stadt in Verhandlungen mit der Diözese treten solle. Im Kloster gäbe es viele gut ausgestattete Einzelzimmer, die beispielsweise für soziales Wohnen gut geeignet wären, ohne dass wesentliche Umbaumaßnahmen nötig wären. Gerade für soziales Wohnen bestehe in Ingolstadt noch großer Bedarf und das Sozialamt ist stets auf der Suche nach geeigneten Notquartieren und bezahlbaren Wohnungen. Im Refugium befindet sich auch eine funktionale, professionell ausgestattete Küche. Diese könnte beispielsweise als Mittagstafel nicht nur für die Bewohner des Klosters, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger Ingolstadts dienen.
Bei der Informationsveranstaltung an der Schloßlände kam auch die Frage auf, warum denn der Siegerentwurf des Wettbewerbs von 2013 nicht bereits zu der Zeit in Angriff genommen und umgesetzt worden ist. Dem wurde entgegengehalten, dass es zu der Zeit viele Projekte gab, die zunächst umgesetzt werden sollten.
Neben den geplanten Kammerspielen, die gegenüber dem Stadttheater angesiedelt werden sollten (und zwischenzeitig eingestampft wurden), waren es vor allem die Sanierung der Fußgängerzone und der Harderstraße, die vor der Trassenveränderung der Schloßlände durchgeführt werden sollten.
Zum Ärger vieler Menschen muss leider festgestellt werden, dass die Fußgängerzone nach wie vor unvollendet ist, und es fragen sich viele, wann dieser Flickenteppich beendet wird. Was ist aus all den Plänen die Aufenthaltsqualität zu verbessern geworden, indem man nicht nur den Straßenbeleg erneuert, sondern sie sollte, so die Ankündigung „Modern und zeitgemäß, mit viel Aufenthaltsqualität, freundlich und einladend sein, um dort zu bummeln und zu verweilen. Die Neugestaltung ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Fußgängerzone und eine Aufwertung der Innenstadt.“?
Das Projekt erfuhr durch Corona erhebliche Zeitverzögerung, allerdings hat es nicht den Anschein, dass die neue Zeitschiene der Fertigstellung Ende 2024 eingehalten werden kann. Darüber hinaus leiden vor allem auch die Geschäftsinhaber in der Harderstraße unter den Baumaßnahmen, die sich noch ein Jahr hinziehen werden und die den freien Zugang zu den betreffenden Geschäften behindern, so dass vor allem die Laufkundschaft wegbleibt.
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Kommentar
Mit Stillstand läutet man den Rückschritt ein
Ein Sprichwort sagt, sobald man aufhört, treibt man zurück. Das bedeutet für eine Stadt, dass sie sich selbst in Zeiten klammer Haushaltskassen nicht zurücklehnen darf. Sie muss immer darauf bedacht sein, alle Möglichkeiten, die sich abzeichnen, im Blick zu behalten und ihre Sinnhaftigkeit sowie Machbarkeit stets zu prüfen. Daher ist es verständlich, dass die Stadt nach all den Sternen greift, derer sie habhaft werden kann. Allerdings wünschen sich die Bürger, dass in erster Linie auch die Projekte, die sich seit Jahren hinziehen, endlich zu Ende gebracht werden. Trotz aller Unkenrufe muss der Stadt bescheinigt werden, dass sie wohl nicht alles falsch gemacht hat, denn die Nachricht, dass Ingolstadt beim Städteranking 2024 den dritten Platz erreicht hat, ist doch eine beachtliche Auszeichnung.