Titelthema: Wie kamen die Ingolstädter zu ihrem Bürgerfest?
Das Bürgerfest ist das größte Fest der Stadt Ingolstadt mit viel Musik unterschiedlicher Stilrichtungen, Feierlaune, sowie Essen und Trinken. Alljährlich fiebern dem gesellschaftlichen Ereignis tausende von Bürgern entgegen. Es ist das Fest, bei dem man Bekannte trifft, die man eben nur da trifft. Auch wenn es natürlich ebenfalls Menschen gibt, die nichts mehr als das Ende des Trubels herbeisehnen.
Es liegt wohl in der Natur der Menschen, dass sie gerne zusammenkommen um zu feiern. So war es auch in Ingolstadt: im Sommer verging kaum eine Woche, in der nicht irgendwo in der Stadt ein Fest gefeiert wurde. Eines dieser Feste war das Altstadtfest, das bei der Hohen Schule von verschiedenen engagierten Organisationen veranstaltet wurde. Die Häufigkeit der Feste war allerdings sowohl den Anwohnern als auch der Stadtverwaltung allmählich ein Dorn im Auge. Aus diesem Grunde hat der Volksfest- und Marktausschuss den Entschluss gefasst all die kleinen Feste zusammenzufassen und sie zu einem Bürgerfest zu bündeln. Alle, die mitmachen wollten, sollten dies an dem festgesetzten Termin machen. Bernhard Vollnhals, der zu der Zeit als Hofmarschall und Organisator bei der Narrwalla aktiv war, wurde zu der Ausschusssitzung eingeladen und gebeten ein Konzept für das Bürgerfest zu erstellen. Dafür hatte er drei Wochen Zeit. Auch wenn sein Konzept von den meisten als gut befunden wurde, waren manche der Ansicht, man müsse es kleiner anfangen und später gegebenenfalls ausbauen. Davon wollte Vollnhals nichts wissen.
Ein Fest von Bürgern für Bürger
Das Konzept des ersten Bürgerfestes stand auf dem Prüfstand. Wäre es von der Bevölkerung nicht angenommen worden, hätten die Skeptiker Oberhand gewonnen und die Idee wäre gestorben. Allerdings schlug das erste Bürgerfest wie eine Bombe ein, und es wurde von 100.000 bis 150.000 Menschen schier überrannt.
Bernhard Vollnhals erinnert sich gerne daran, mit wie viel Idealismus und wie unkonventionell alles begann: Um allen Vereinen und Gruppierungen einen Platz für ihren Stand zuteilen zu können, verbrachte er Stunden mit Meterstab und Schulkreide, um die Plätze einzuteilen und auf der Straße zu markieren. Da seinerzeit noch Strom- und Wasseranschlüsse fehlten, wurde einfach bei den Anwohnern geläutet und gebeten ein Stromkabel durch ein Fenster ziehen zu dürfen. Das alles funktionierte deshalb so gut, weil alle mitgemacht hatten, damit IHR Bürgerfest ein Erfolg wird.
Seit dem ersten Bürgerfest haben sich die Strukturen sehr verändert. Das Engagement der zahlreichen Sport- und Kulturvereine sowie Landsmannschaften, die anfänglich aktiv mitgewirkt hatten, ist nach den ersten Jahren zurückgegangen. Mit der bereitgestellten Infrastruktur, aber auch wegen GEMA stiegen und steigen die Kosten permanent, so dass sich viele einen Stand gar nicht mehr leisten konnten und können. Mit der Love-Parade-Katastrophe und mit dem Attentat am Breitscheidplatz stiegen jeweils die Sicherheitsauflagen, und damit entstanden zusätzliche Kosten.
Von Herzogsfest und Sommerlenz
Es gab immer wieder Versuche das Bürgerfest in dieser Form abzuschaffen. Im Jahr 2006 feierte Ingolstadt ein historisches Ereignis. Die erstmalige urkundliche Erwähnung der Stadt genau vor 1.200 Jahren wurde mit einem historischen Fest rund um das Neue Schloss gewürdigt. Es war ein so großer Erfolg, dass zwischen 2008 und 2018 das Bürgerfest nur alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Herzogsfest stattfand. Aber das historische Fest gefiel bei Weitem nicht allen, und den Gastwirten in der Altstadt fehlte die Einnahmequelle des Bürgerfestes. Daher erfolgte 2023 der Stadtratsbeschluss kein Herzogsfest mehr stattfinden zu lassen – dies wiederum zum großen Bedauern der seinerzeit eigens gegründeten „Stadtwache Ingolstadt“.
Das Bürgerfest geriet zunehmend in Kritik: es sei nur noch ein „Fress- und Sauffest“, die Musik käme immer mehr nur noch aus der Dose. Das Kulturamt war überzeugt, das Fest sei nicht mehr zu retten, und deshalb wollte man es 2011 durch den Sommerlenz an der Donau ersetzen. Der Sommerlenz sollte im Wechsel mit dem Herzogsfest alle zwei Jahre stattfinden. Allerdings hatte man nicht mit dem heftigen Widerstand der Bevölkerung gerechnet. In Windeseile haben sich zahlreiche Gruppen und Interessengemeinschaften gegründet und liefen gegen diese Pläne mit Erfolg Sturm: das Bürgerfest fand doch wieder statt.
Das Bürgerfest von heute hat wenig mit dem von 1985 gemeinsam. Vieles ist der Kommerzialisierung zu Opfer gefallen. So hat leider die Holzkegelbahn der Vereine an der Post genauso wie das Schnittlauchbrot ausgedient.
Das ist ein Artikel aus der aktuellen Print-Ausgabe…
Kommentar
Trotz Kommerzialisierung sollte es ein Fest für alle sein
Trotz der Vorfreude und hoher Erwartungen an das bevorstehende Fest, wird auch Unmut bei einigen Gastwirten geweckt. Denn es sind während der drei Festtage zusätzlich zu den regulär anfallenden Gebühren für die Außenbestuhlung Gebühren zu entrichten. Dies betrifft sie selbst dann, wenn in den betreffenden Straßen keine Veranstaltungen stattfinden. Bei allem Verständnis für die anfallenden Gesamtkosten für das Bürgerfest, sollte nach Möglichkeit die damit verbundene Preisspirale im Blick behalten werden. Denn das Bürgerfest sollte weiterhin ein Fest für alle Menschen bleiben. 2025 feiert das Bürgerfest sein 40-jähriges Bestehen. Es trotzt nicht nur der Kommerzialisierung und manchen Versuchen das Bürgerfest in Frage zu stellen. Trotz all den Höhen und Tiefen hat es einen unverrückbaren Platz in den Herzen der Ingolstädter.