Titelthema: Wohnen als Luxus? Ingolstadt ist Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt
Die Bevölkerung wächst – aktuell leben mit 84,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner so viele Menschen wie noch nie in Deutschland. Vor allem in Metropolen und Ballungsräumen wächst die Bevölkerung seit Jahren überdurchschnittlich stark an. So auch in Ingolstadt: Hier sorgen vor allem die guten Arbeitsbedingungen und die Technische Hochschule für Zuzug.
Ende 2022 waren in Ingolstadt rund 142.000 Menschen gemeldet. Ein Grundbedürfnis haben sie alle gemein: Wohnen. Und doch ist ein Dach über dem Kopf, vor allem zu einem bezahlbaren Preis, keine Selbstverständlichkeit. Ingolstadt zählt bereits seit 2016 als Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf. Die Stadt muss seither den Anbietern der meisten geförderten Wohnungen mindestens fünf geeignete Bewerberinnen und Bewerber vorschlagen – hierbei wird vor allem die soziale Dringlichkeit miteinbezogen. Außerdem ist Ingolstadt, neben über 200 anderen Kommunen in Bayern, ein von der Bayerischen Staatsregierung ermitteltes Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. Laut §201a Satz 3 BauGB kann eine Einstufung als solches insbesondere dann erfolgen, wenn die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt, die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder wenn geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht. In den bestimmten Gebieten gelten dann Erleichterungen, die unter anderem dafür sorgen sollen, dass leichter Wohnungen gebaut werden können.
Für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten Befreiungsmöglichkeiten von den Festsetzungen eines Bebauungsplans und zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten durch eine Erweiterung des Vorkaufsrechtes und des Baugebotes für die Gemeinden. In Ingolstadt gab und gibt es zahlreiche Neubauprojekte. So können seit Anfang des Monats die beiden neuen Wohntürme der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) an der Stargarderstraße bezogen werden. Ebenso kürzlich eingeweiht wurde das Studierendenwohnheim „Sr. Imma Mack“ am Ingolstädter Campus der Katholischen Universität. Auch in Zukunft werden weitere soziale Bauprojekte umgesetzt. Am größten sind, mit 433 Wohnungen, die der BayernHeim GmbH, sowie zwei weitere Projekte der GWG, die 206 Wohnungen in der Hans-Stuck-Straße und 49 Wohnungen in der Kopernikusstraße baut.
Mietpreisentwicklung
Bislang gibt es keinen qualifi zierten Mietspiegel für Ingolstadt, die Veröffentlichung erfolgt voraussichtlich diesen Sommer. Durch die in Immobilienportalen gelisteten Anzeigen lässt sich aber trotzdem ein Vergleich zu anderen Städten oder zurückliegenden Jahren ziehen. Das Immobilienportal wohnungsboerse.net gibt den Mietspiegel in Ingolstadt derzeit mit 12,9 Euro pro Quadratmeter an, immobilienscout24.de benennt eine Mietpreissteigerung um rund 4,8 Prozent im letzten Jahr. Der Preis liegt damit zwar über dem bundesweiten Durchschnitt (11,9 Euro pro Quadratmeter), aber unter dem Durchschnitt in Bayern (14,78 Euro pro Quadratmeter). In den letzten zehn Jahren ist das Mietpreisniveau in Ingolstadt um rund 50 Prozent gestiegen.
Gründe für die Problemlage
Einerseits können subjektive Gründe, wie soziale Probleme oder ein geringes Einkommen zu Notlagen beim Wohnen führen. In akuten Fällen, etwa bei drohender Obdachlosigkeit, hilft hier die Fachstelle im Sozialamt. Auf der anderen Seite verändert sich die Gesellschaft auch insgesamt stark. Der allgemeine Trend zeigt, dass in den vergangenen Jahrzehnten bei wachsender Bevölkerung immer weniger Menschen pro Haushalt leben. Laut Angaben der Stadt sind zwar sogar mehr Wohnungen als gemeldete Haushalte verfügbar, allerdings decken sich Angebot und Nachfrage hinsichtlich Größe, Ausstattung, Lage oder Mietpreis nicht. Da der benötigte Wohnraum erst nach und nach gebaut werden kann, besteht vielerorts (noch) kein ausreichendes Angebot, was wiederum die Preise nach oben treibt.
Lösungen
Der wichtigste Schritt ist das Schaffen neuen Wohnraums. Neben den Wohnungen, die bereits in Planung und Bau sind, befinden sich mit dem IN-Quartier und Friedrichshofen-Dachsberg in Ingolstadt außerdem neue Baugebiete im Verfahren. Insgesamt sollen dort über 3.800 neue Wohneinheiten für rund 7.300 Bewohnerinnen und Bewohner entstehen. Thematisch passend geht es auf Seite 7 um Tiny houses.
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Kommentar
Wohnen ist die neue soziale Frage
Ingolstadt steht, verglichen mit anderen Städten, noch recht gut da. Schaut man aber etwa auf Berlin, Frankfurt oder München, wird einem Angst und bange. Gerade für Menschen, die aus welchem Grund auch immer (noch) keiner Vollzeit-Lohnarbeit (mehr) nachgehen, sind Zimmer, geschweige denn Wohnungen, aus eigener Kraft oft nicht bezahlbar. Wohnheime größerer Städte sind Monate im Voraus schon belegt und WG-Zimmer kosten ein halbes Vermögen. Auch Menschen mit Kind(ern) sitzen immer häufiger in zu kleinen Wohnungen fest. In München bezahlt man für ein durchschnittliches WG-Zimmer laut Süddeutscher Zeitung mittlerweile 720 Euro im Monat – ohne gut bezahlten Job neben dem Studium oder wohlhabende Eltern ist das nicht wirklich machbar. Und auch die Möglichkeit ein Eigenheim zu erwerben, scheint heutzutage für viele wie ein Wunschtraum aus längst vergangener Zeit.
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