Helikopter-Eltern: Wenn Eltern die Welt auf die Kinder vorbereiten
Unter Helikopter-Eltern versteht man Eltern, die über ein normales Maß hinaus fürsorglich sind. Wie dem Sinnbild zu entnehmen ist, kreisen diese Eltern wie ein Helikopter immerzu über ihren Kindern, sind immer in ihrer Nähe, möchten sie vor potenziellen Gefahren schützen und richten den gesamten Alltag an ihren Kindern aus. Dieses Extrembild findet sich in der Realität nur selten, doch auch schwächere Formen der Überfürsorge können Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigen.
Den Begriff der Helikopter-Eltern gibt es schon seit Ende der 1960er Jahre. Josef Kraus beschreibt die damals neu aufkeimende Fürsorge in seinem Buch „Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung“ als einen Pendelausschlag der No-Education-Bewegung der 1980er Jahre ins genaue Gegenteil. Der neuen Eltern-Generation wird nachgesagt, dass durch Überkompensation die Fehler der eigenen Eltern ins andere Extrem übertragen werden.
Doch warum ist das Thema überhaupt so präsent? Maria Frölich, langjährige Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Ingolstadt, sieht den Auslöser einer überfürsorglichen Beziehung hauptsächlich in der Angst der Eltern und die sei in der heutigen Leistungsgesellschaft ein steter Begleiter.
Kinder kommen als hilflose Lebewesen zur Welt und sind auf die Versorgung durch ihre Eltern oder andere Erwachsene angewiesen, Fürsorge an sich ist essenziell für die Entwicklung von Heranwachsenden. Doch wo hört Fürsorge auf und wird zu Überfürsorge?
Es gibt verschiedene Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass man es mit Helikopter-Eltern zu tun hat. Typisch ist zum Beispiel, dass dem Kind jegliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. So werden ihm beispielsweise keine Aufgaben im Haushalt übertragen und das Kind überall hinbegleitet und ständig bewacht. Eine andere Variante ist eine offensive Herangehensweise, bei der die Eltern mehr nach Perfektion als nach dem Schutz der Kinder streben. Es werden Kämpfe mit dem Lehrpersonal ausgefochten, die zu besseren Noten führen sollen und
der Tagesablauf der Kinder wird bis ins kleinste Detail geplant.
Doch woher kommt der Wunsch nach einer ständigen Kontrolle im Leben der Kinder? Warum werden Eltern zu Helikopter-Eltern? Frölich sieht zwei Hauptgründe, beide sind zurückzuführen auf eine Angst, die die Eltern mit
sich tragen: Sie möchten bei ihren Kindern eigene Versäumnisse nachholen oder beugen sich dem gesellschaftlichen Druck, dem Streben nach Perfektion. Dabei werden häufig eigene Wünsche auf die Kinder projiziert, wodurch ihnen die Möglichkeit genommen wird, eigene Entscheidungen zu treffen, eigenen Talenten nachzugehen und dadurch eine Selbstwirksamkeit zu entwickeln.
Vielen Eltern geht durch die ständigen „gut gemeinten Ratschläge“ das natürliche Bauchgefühl verloren. In den allermeisten Fällen wollen Eltern das Beste für ihre Kinder, wollen alles perfekt machen und schlagen damit oftmals
ungewollt über die Stränge.
Auch der allgemeine Geburtenrückgang und die Zunahme an Einzelkindern führen dazu, dass Eltern mehr Zeit und Kapazität haben, sich auf weniger Kinder zu konzentrieren.
Die Folgen einer solchen Überfürsorge sind weitreichend. Je nach „Helikopter-Modell“, also Ausprägung der Überwachung ist es möglich, dass Kinder in der Folge eine schlechtere Sozialkompetenz aufweisen, weniger selbstständig sind, ihre Bedürfnisse weniger gut artikulieren und durchsetzen können und schlichtweg weniger glücklich sind als Kinder, denen Freiraum gewährt und eigene Verantwortung übertragen wurde.
Es gibt kein Patentrezept, wie viel Fürsorge das richtige Maß an Fürsorge ist, da ja jedes Kind und jede familiäre Umgebung unterschiedlich ist. Manche Kinder äußern von sich aus den Wunsch nach mehr Autonomie, während
anderen dafür das Selbstvertrauen fehlt. Um die richtige Balance zwischen zu viel und zu wenig Fürsorge zu finden, „lohnt es sich, sich mit sich selbst und mit den Bedürfnissen sowohl von mir als auch von meinem Kind auseinanderzusetzen und ihnen nachzuspüren“, so Frölich. Während die Gesellschaft stark auf das Verhalten fixiert ist, liegt jedem Verhalten auch ein Bedürfnis zugrunde, welches es zu verstehen gilt. Frölich gibt beispielsweise
den Ratschlag, dass Kindern, wenn sie vor einem Problem oder einer Herausforderung stehen, nicht die Lösung aufgezeigt werden, oder das Problem aus dem Weg geschafft werden sollte, sie stattdessen besser bei einer Lösungsfindung unterstützt werden sollten. Hilfe zur Selbsthilfe, so zu sagen. Damit merken sie, dass eine elterliche Unterstützung vorhanden ist, erfahren aber trotzdem die Selbstwirksamkeit, das Problem zu lösen.
Foto: Wiroj Sidhisoradej/Freepik
Das ist ein Artikel aus der IN-direkt Print-Ausgabe KW 41…
Kommentar
Erfahrungen und Selbstwert
Sollten wir nicht unseren Kindern die Möglichkeit geben schon früh eigene Erfahrungen zu machen? Beim Laufenlernen halten wir sie ja auch nicht davon ab, nach einem Sturz wieder aufzustehen. Der Selbstwert hängt wesentlich von solchen Erfahrungen ab. Wichtig ist das Vertrauen darauf, dass wir als Eltern da sind und wenn’s brennt, helfen. Meine Tipps: öfters Durchatmen, Loben, Grenzen setzen und die Kids sich ausprobieren lassen!