Schreiben des OB an die Bürgerinitiative „Keine Kammerspiele Schutterstraße“
Schreiben des OB an die Bürgerinitiative „Keine Kammerspiele Schutterstraße“
Ich nehme Bezug auf das zwischen Ihnen und Herrn Müller geführte Gespräch von Freitag, 10.06.2022 sowie Ihre Schreiben von Sonntag, 12.06.2022 und von Montag, 13.06.2022. Die Schreiben waren u.a. Gegenstand einer Besprechung mit den Fraktionsvorsitzenden und Gruppensprechern am Montagabend.
Im Ergebnis kann ich Ihnen mitteilen, dass sich die weit überwiegende Mehrheit dafür ausgesprochen hat, das laufende Ratsbegehren fortzuführen und den Bürgerentscheid am 24.07.2022 durchzuführen.
Sie fordern in Ihrem Schreiben, dass der Stadtrat weniger als sechs Wochen vor der Abstimmung das Ratsbegehren, das von der Bürgerinitiative ursprünglich bejubelt worden war, wieder zurücknimmt, das Bürgerbegehren dagegen zulässt, dies aber in der Fragestellung des Ratsbegehrens. Dieses Ansinnen ist sowohl rechtlich als auch politisch abwegig und hat mit einem „Kompromissvorschlag“ nichts zu tun. Das versteht auch in der Bevölkerung kein Mensch mehr.
Im Kern geht es Ihnen um die Forderung, dass der Bürgerinitiative dieselben Rechte eingeräumt werden, die sie gehabt hätte, wenn ein Bürgerbegehren durchgeführt worden wäre. Hier würde nach Ihrer Auffassung das sogenannte Paritätsgebot gelten, wonach die Gemeinde den Initiatoren gleichberechtigt bei Veröffentlichungen (Plakate, Anzeigen, Internet, etc.) Platz zur Darstellung ihrer Argumente einräumen muss – und diese somit auf städtische Kosten zu finanzieren sind. Dies ist jedoch unzutreffend. In der Gemeindeordnung ist eindeutig geregelt, dass dieses Paritätsgebot ausschließlich für ein Bürgerbegehren gilt, nicht jedoch, wenn neben diesem ein paralleles Ratsbegehren stattfindet, und auch nicht, wenn nur ein Ratsbegehren zur Abstimmung steht. Hierzu kann ich Ihnen versichern, dass der Stadtrat auch dann ein Ratsbegehren beschlossen hätte, wenn das Bürgerbegehren zugelassen worden wäre. Die rechtliche Situation für die BI wäre also auch bei Zulassung des Bürgerbegehrens exakt dieselbe gewesen.
Die Bürgerinitiative stellt politische Forderungen, von denen sie weiß, dass sie die Stadt rechtlich nicht erfüllen kann. Sicher kann man politisch darüber diskutieren, dass der Stadtrat die Plakatierungsverordnung für künftige Fälle verändert. Der Oberbürgermeister und die Verwaltung können jedoch sechs Wochen vor der Abstimmung nicht einseitig die vom Stadtrat beschlossenen Spielregeln verändern. Es geht auch nicht, dass die Stadt fiktiv so tut, als sei die BI Partei bei der Abstimmung. Das wäre ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und würde Präzedenzfälle für die Zukunft schaffen.
Anders als von Ihnen dargestellt steht es der BI aber selbstverständlich frei, Demonstrationen oder Versammlungen abzuhalten, Veranstaltungen durchzuführen, seien es Podiumsdiskussionen oder Veranstaltungen mit Event-Charakter, oder Infostände. Ich habe die Verwaltung angewiesen, der Bürgerinitiative hier weitestmöglich entgegen zu kommen, Anträge auf Genehmigung wohlwollend und pragmatisch zu behandeln und jeglichen Ermessensspielraum zugunsten der BI weitestmöglich auszuschöpfen.
Es handelt sich vorliegend um ein rechtsstaatliches Verfahren und aus meiner Sicht ist es vollkommen in Ordnung, wenn die Bürgerinitiative den Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht ausschöpft, auch um den Preis, dass eine Abstimmung dadurch möglicherweise nicht am 24.07.2022, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Die Stadt wird jedenfalls am Ratsbegehren mit Bürgerentscheid am 24.07.2022 festhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christian Scharpf
Oberbürgermeister