Ingolstadt kann bis zum Jahr 2035 nicht klimaneutral sein – Freie Wähler
Ingolstadt kann bis zum Jahr 2035 nicht klimaneutral sein
- FREIE WÄHLER sehen Notwendigkeit zum Klimaschutz, fordern allerdings realistische Ziele von der Stadtverwaltung und eine Orientierung am Freistaat Bayern
- Ein Geschwindigkeitswettbewerb würde niemandem etwas nutzen, sondern lediglich Akzeptanz in der Bevölkerung kosten
- Sanierungsquote und Modal Split sind zwei Punkte, die bereits an den Rahmenbedingungen scheitern würden
Die Klimakrise bedroht das Leben auf unserer Erde. Täglich bekommen wir die Folgen und Auswirkungen mit, seien es beispielsweise Naturkatastrophen und die globale Erwärmung. Die Politik hat die Notwendigkeit erkannt und steuert mit Macht gegen die Klimakrise. So will die Bundesregierung bis zum Jahr 2045 Deutschland klimaneutral haben. Der Freistaat Bayern will dieses Ziel noch ambitionierter angehen und hat das Jahr 2040 dafür ausgerufen.
In der kommenden Stadtratssitzung soll nun der Ingolstädter Stadtrat über das Integrierte Klimaschutzkonzept abstimmen. „Wir sehen ganz klar die Notwendigkeit des Klimaschutzes. Dieser geht uns alle an. Jeder, ob Wirtschaft, Kommune und Privatperson muss seinen Beitrag dafür leisten“, sagt Hans Stachel, Vorsitzenderder Ingolstädter Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER. „Die Aktivitäten und Ziele dafür sollten ambitioniert, aber nicht unrealistisch sein.“ Doch genau das seien die Vorschläge zum Teil, die in der kommenden Stadtratssitzung vorgestellt werden. „Dieses Paket umfasst über 200 Seiten, mit zum Teil überhöhten Zielen“, sagt Hans Stachel.
Der Vorsitzende der Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER sieht bereits bei dem ausgerufenen Oberziel eine zu extreme Hürde. „Ingolstadt solle demnach bis 2035
klimaneutral sein“, sagt Hans Stachel. „Das erscheint uns fast in eine Art Geschwindigkeitswettbewerb auszuarten, wer das ambitionierteste Ziel proklamiert.“
Vor allem sei dieses Ziel deshalb fraglich, weil mögliche Etappenziele und ein realistischer Fahrplan zu „Ingolstadt 2035“ bisher fehle. „Sieht die Bevölkerung, dass diese Ziele nicht umsetzbar sind, folgt schnell eine Umkehr in Ablehnung“, sagt Hans Stachel. „Dabei brauchen wir bei diesem Projekt in allererster Linie die Menschen auf unserer Seite. Sonst können wir das gar nicht umsetzen. Denn ein Riesenpotential liegt im Verhalten der Bürgerinnen und Bürger.“
Hans Stachel geht aber auch ins Detail und zeigt beispielhaft zwei Punkte auf, die aus seiner Sicht unangemessen und damit unrealistisch sind. „Das Ziel, die Sanierungsquote von derzeit 1,0 Prozent auf 3,9 Prozent zu heben, ist nicht stemmbar“, sagt der selbstständige Heizungs- und Sanitärunternehmer. Aus dem Firmenalltag weiß er, dass Kapitalbedarf, Materialverfügbarkeit und Fachkräftemangel einem solchen Ziel entgegenwirken. Bereits in der Langversion des 200-seitigen Klimaschutzkonzeptes wird darauf verwiesen, aber dann trotzdem ein anderes Ziel definiert. Hans Stachel schlägt deshalb ein umsetzbares Sanierungskonzept vor, das eine Sanierungsrate auf 1,5 Prozent bis 2050 vorsieht. Der Erfolg werde zudem stark von Bundes- und Landesfördermittel abhängig sein.
Auch die Umsetzung des Modal-Splits sei unrealistisch. „Das Parameterszenario widerspricht den vorgelegten Zahlen der Stadtverwaltung“, sagt Hans Stachel. Deshalb sei ein Modal-Split von derzeit 30 Prozent- auf 60 Prozent-Anteil von ÖPNV, Fahrrad und Fußgänger nicht realistisch umsetzbar. „Völlig vernachlässigt werden dabei die realen Mobilitätswünsche und Gewohnheiten“, ergänzt Hans Stachel.
„Bei den Zielen drohe der Verlust der Akzeptanz in der Bevölkerung“, befürchtet er. „Wir finden eine Ausweitung der Fahrradinfrastruktur und des ÖPNV für gut und sehr wichtig, aber gerade bei den öffentlichen Verkehrsmitteln brauchen wir mehr Erfahrungswerte, die uns möglicherweise das nun eingeführte ,Neun-Euro-Ticket‘, bzw. das große VGI-Förderprojekt in der Region 10 liefern können“, sagt Hans Stachel.
Generell kommen den FREIEN WÄHLERN Kontrollmechanismen und das Monitoring zu kurz. „Bei so ehrgeizigen Zielen muss dieses engmaschig ausfallen. Denn selbst minimale Abweichungen führen zwangsläufig zur Nichterreichung des Gesamtziels“, sagt Hans Stachel. Deshalb schlägt der Vorsitzende der Ingolstädter Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER vor, dass sich Ingolstadt lieber an den ambitionierten Zielen des Freistaats Bayern orientiert, als neue, unrealistische Ziele zu definieren.
„Wir brauchen keinen Erklärungswettbewerb, wir brauchen Akzeptanz. Diese erreichen wir nur durch ein Integriertes Klimaschutzkonzept, das durchdacht und realistisch ist, dadurch schrittweise, mit stimmigen Etappenzielen und engmaschigen Kontrollen zum Ziel führt“, sagt Hans Stachel.
Das vorgelegte Konzept der Stadtverwaltung sei zwar gut ausgearbeitet, umfangreich und ein notwendiger Start, aber eben leider in etlichen Punkten zu unrealistisch.
„Daher ist uns eine uneingeschränkte Kenntnisnahme bzw. Zustimmung nicht möglich“, sagt Hans Stachel. „Wir unterstützen aber das weitere Aus- und Abarbeiten des Klimaschutzkonzeptes mit einem neutralen Abstimmungsverhalten der FW- Stadtratsfraktion.“