Haushaltssitzung im Zeichen der Kammerspiele
Pünktlich um 10:00 Uhr begann die heutige Stadtratssitzung im Festsaal des Stadttheaters. Dabei wurde fast vier Stunden über den städtischen Haushalt debattiert. IN-Direkt hat für Sie die Redebeiträge zusammengefasst.
Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf
Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf beklagte in seiner Haushaltsrede zunächst den Lockdown und seine Folgen. Die Impfquote in Bayern und Ingolstadt sei immer noch zu niedrig, weshalb er eine allgemeine Impfpflicht befürworte. Vorausschauend habe man aber im Oktober die Kapazität des Impfzentrums nicht wie von der bayrischen Regierung geplant auf 25% gesenkt, sondern 50 % davon aufrechterhalten.
Der vorgelegte Haushalt sei solide aufgestellt und komme ohne neue Schulden aus. Die Finanzlage sei besser, als noch vor einem Jahr prognostiziert. Ingolstadt stehe im Vergleich mit anderen Großstädten gut da. Die wichtigsten Investitionen sieht Scharpf in modernen Schulen und Kindertagesstätten, in hochwertigen Arbeitsplätzen, in einem deutlich verbesserten ÖPNV und in vielfältigen Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Nur wenn man es schaffe, dass die Menschen gerne in Ingolstadt leben und arbeiten, sei und bleibe Ingolstadt ein starker und wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort.
Scharpf verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Kammerspiele im Anschluss auf den Weg gebracht würden und plädierte für eine umgehende Sanierung des Stadttheaters, auch im Hinblick auf den vielgenutzten Festsaal.
Stolz zeigte sich der OB bezüglich der Nachhaltigkeitsagenda, von der er sich viele Ideen und Visionen für ein nachhaltiges Ingolstadt erwartet. Er erwähnte die Rückführung der Veranstaltungs GmbH ins Kulturamt, den Kauf des Wonnemars, das im kommenden Jahr unter dem Namen Donautherme wiedereröffnet wird, die Weichenstellung für die Transformation der Autoindustrie und die Bedeutung des IN-Campus.
Ein Lob und Hoffnung auf Input und viele Ideen ging an die Adresse des neu gegründeten Jugendparlaments.
Erfreut zeigte er sich darüber, dass Ingolstadt unter 160 Bewerbern als nur eine von vier Städten in Deutschland aus dem ÖPNV-Förderprogramm des Bundes die Vollförderung in Höhe von 29 Mio Euro erhalten, die in den ÖPNV investiert werden.
Zum Schluss ging sein großer Dank an alle, die in der Pandemie „großes leisten“, insbesondere an alle, die Im Krankenhaus, in der Pflege und im Impfzentrum arbeiten.
Ebenfalls dankte er beiden Bürgermeisterkolleginnen und allen Mitgliedern des Stadtrats
Franz Fleckinger, Referent für Finanzen und Liegenschaften
Fleckinger bestätigte trotz pandemiebedingt fehlender Einnahmen den schuldenfreien Haushalt. Kernstück des Haushalts sei eine realistische Ermittlung der Steuereinnahmen und die sorgsame Prognose für die Folgejahre.
„Wir sparen uns nicht aus der Krise, sondern tätigen die für die Entwicklung unserer Stadt wichtigen Investitionen, ohne dabei finanzielles Maß und Ziel aus den Augen zu verlieren“, lautete der vielleicht wichtigste Satz seiner Rede.
Die notwendigen Finanzmittel könnten bis 2023 bereitgestellt werden und in den Folgejahren durch vertretbare Kreditaufnahmen weiter finanziert werden.
Alfred Grob, CSU
Alfred Grob meinte, der Haushalt sei zwar für 2022 ausgeglichen, aber der Blick müsse über 2025 hinausgehen. Ab Mitte 2023 seien die Rücklagen aufgebraucht, dann müsse man Kredite in erheblichem Umfang aufnehmen.
Das Stadttheater müsse nun dringend saniert werden, deshalb brauche es die Kammerspiele und zwar jetzt.
Es folgte Kritik an Christian De Lapuente, der bei der Vorgängerregierung einen Investitionsstau gesehen hatte. Dies verneinte Grob. Er beklagte, dass der Stadtrat zu spät entscheiden habe, Lüftungsgeräte für alle Schulen zu bestellen. Wegen der aktuellen Lieferengpässe müsse man nun bis zum Frühjahr warten.
Grob wies darauf hin, dass er bereits 2020 vor der enormen Steigerung der Personalkosten gewarnt habe. Er fordert den anwesenden Personalreferenten Kuch auf, hier „endlich“ gegenzusteuern.
Die CSU stelle sich aber der Verantwortung für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger, deshalb stimme man dem soliden Haushalt zu.
Christian De Lapuente, SPD
De La Puente sah die Corona-Pandemie als größte Krise seit dem 2. Weltkrieg. Er warnte davor, „alles kaputt zu sparen, damit die schwarze Null stehenbleibt“. De Lapuente verteidigte die geplanten Investitionen und hob besonders die Bedeutung der Kammerspiele mit den bekannten Argumenten hervor. Kritik übt er an den Freien Wählern, die nach einer umstrittenen Äußerung des Intendanten den OB aufgefordert hatten, ihn „zurückzupfeifen“.
Der SPD-Mann betonte die Solidität des Haushalts und bat um Zustimmung fernab von ideologischen Parteibrillen.
Den aktuellen Stellenplan verteidigte er, die geplanten Investitionen ebenso.
Er bat um ein konstruktives Miteinander und merkte an, dass aus mancher Ecke bisher nichts konstruktives, sondern nur Kritik gekommen sei.
Barbara Leininger, Bündnis 90/Die Grünen
Barbara Leininger stellte gleich zu Beginn klar, dass die Grünen dem Haushalt zustimmen würden. Ihre Partei wolle vor allem in klimafreundliche Lösungen und eine resiliente Infrastruktur investieren. Es folgte ein klares Bekenntnis zu den Kammerspielen, verbunden mit Kritik an der unverhandelbar ablehnenden Haltung einiger Diskutanten.
Überhaupt sei die Diskussionskultur in der Pandemie verlorengegangen und deshalb müsse man jetzt Stärke gegenüber denjenigen zeigen, die Verschwörungstheorien und rechtsextreme Ansichten unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit verbreiten. Sie forderte die ARD Fraktion im Stadtrat auf, sich von den „antidemokratischen, rassistischen und verleumderischen Strömungen innerhalb der Bayern-AFD“, die durch die BR-Recherche ans Licht gekommen seien, zu distanzieren. Leininger forderte mehr Investitionen in den Fahrradverkehr und die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans, der mit Klimazielen zu versehen sei. Kommunales Bauen müsse ab sofort klimaneutral geplant werden, die Sanierung der Schulen und des Stadttheaters stehe unter diesem Zeichen an.
Hans Stachel, Freie Wähler
Auch Hans Stachel beklagt die Folgen der Pandemie. Nicht überraschend setzte es Kritik an den Ausgaben im städtischen Haushaltsplan. Besonders am geplanten Bau der Kammerspiele übte er heftig Kritik und beklagte den Umgang mit der Angelegenheit. So seien Fristen zwischen vorberatenden Sitzungen und Beschlüssen deutlich zu kurz und bei der Berechnung des Werts der Parkplätze, die für die Kammerspiele weichen sollen, vermutete er Zahlenspielereien.
Stachel sah für die nächsten Jahre zu hohe Ausgaben für den Kulturbereich, die künftig „auf Pump bezahlt werden müssten“, und beklagte die belastenden Personalausgaben. Er kündigte an, die Ablehnung des Haushalts durch die FW an.
Lukas Rehm, AFD
Rehm distanzierte sich aufs Schärfste von Leiningers Aussagen. Er beklagte die Folgen der Beschränkungen in der Pandemie und forderte von OB Scharpf, dass er damit aufhören solle, eine Impfpflicht zu fordern.
Auch er beschwerte sich über die „aufgeblähte Personalaufstockung“ und über zu kurzfristig bereitgestellte Vorlagen für Sitzungen. Ebenso kritisierte er zu hohe Ausgaben im Kulturbereich und beklagte die Zunahme von Straftaten ausländischer Mitbürger. Den Haushalt werde die AFD wegen der geplanten Kammerspiele ablehnen.
Christian Lange, UWG
Christian Lange begann seine Haushaltsrede ebenfalls mit dem Thema Corona und appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, sich impfen zu lassen. Es folgte ein Vortrag über Werte und Wertesysteme, bei dem er häufig Jean-Paul Martin und seine „Neuen Menschenrechte2“ zitierte. Die Soziale Stadt stand im Vordergrund seiner Rede, begleitet von klarer Ablehnung der AFD, die sich „meilenweit vom gemeinsamen Wertesystem“ entfernt habe.
Lange forderte Streetworker, mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit in vielen Bereichen, „echte Vorrangrouten für Radfahrer“ und mehr bezahlbaren Wohnraum. Er kündigte an, dass die UWG Fraktion dem Haushalt zustimmen werde.
Eva Bulling-Schröter und Christian Pauling, DIE LINKE
Bulling-Schröter plädierte für eine andere Verteilung des Haushalts. Altlasten wie nicht sanierte Schulen dürften nicht Investitionen im Klimaschutz verhindern. Der geplante Bau der Mittelschule im Grünring werde künftig noch bedauert werden. Sie zweifelte den geplanten Standort der Kammerspiele an, stellte aber klar, dass die Linke hier nicht einer Meinung sei. Sie freue sich über die Gründung des Jupas und über die geschichtliche Aufarbeitung Ingolstadts.
Mehr Bürgerbeteiligung wäre wünschenswert, dem Haushalt werde zugestimmt.
Christian Pauling forderte deutlich mehr Klimaschutz. Klimaschädliche Investitionen müssten abgebaut werden, der ÖPNV sei stärker zu bezuschussen.
Besonders nahm Pauling die CSU in die Verantwortung. Es gelte, beim Klimaschutz nicht Zweiflern nach dem Mund zu reden und Zweifel zu schüren, sondern die wissenschaftliche Realität anzuerkennen.
Raimund Köstler, ÖDP
Köstler verlieh seiner Freude über Erfolg der LGS Ausdruck, der zweite Grünring sei zumindest an dieser Stelle geschützt. Der Runde Tisch zum Thema Mobilfunk sei leider in die falsche Richtung gegangen. Die Ausgaben für das Thema Nachhaltigkeit seien deutlich zu gering.
Umweltschutz, Bildung, Kultur gehörten ganz nach oben in der Prioritätenliste. Es gebe keinen Grund, weiter beim Klimaschutz geduldig zu sein. Konkret solle die Stadtverwaltung klimaneutral handeln, fossile Brennstoffe reduzieren und den Straßenausbau stoppen. Die Vorrangrouten für Radfahrer seien dringend auszubauen.
Jakob Schäuble, FDP
Schäuble dankte Scharpf für einen soliden Haushaltskurs. Er freue sich auf Bürgerfest, so es denn stattfinden dürfe. Der begonnene Prozess der Ausgabenkritik müsse fortgeführt werden, Einsparungen im Verwaltungshaushalt und die Steigerung ihrer Effizienz seien ein wichtiges Ziel.
Der größte Kostenblock im Haushalt sei die Bildung, aber dort sei das Geld richtig investiert. Schäuble lobte die leistungsfähigen Stadttöchter und stellte ihre Bedeutung heraus. Gleichzeitig forderte er, diese Töchter aufmerksam zu begleiten. Zum Ende kritisierte er die Maßnahmenkritiker und forderte, Intoleranz nicht zu tolerieren. Für die FDP kündigte er die Zustimmung zum Haushalt an.
Veronika Hagn, JU
Hagn hielt den Haushalt für akzeptabel, betonte aber, dass dies nur für den Moment gelte. Beim Konsolidierungsprogramm der Stadt sehe sie noch viel Luft nach oben. Auf Dauer dürfe eine Politik des Verwaltens nicht genügen. Investitionen seien das Mittel der Wahl, um die Einnahmen zu erhöhen.
Gleichzeitig warnte sie aber vor künftiger Verschuldung. Ausgaben und Einnahmen müssten in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. Die Zustimmung ihrer Partei zum Bau der Kammerspiele kündigte sie bereits an. Ansonsten seien gute Ideen gefordert, um Geld aus Fördertöpfen zu erhalten. Steuererhöhungen werde es mit der JU nicht geben.