Marktkaufleute wenden sich nach Absage des Christkindlmarktes an OB
Die Marktkaufleute und Schausteller des Ingolstädter Christkindlmarktes wenden sich nach der Absage des Ingolstädter Christkindlmarktes aufgrund der dramatischen Entwicklung der Corona Situation in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf:
Guten Morgen Herr Oberbürgermeister,
mit Schrecken haben wir gestern die Absage des Christkindlmarktes vernommen.
Nach dem Herbstfest in Ingolstadt waren wir alle hoch motiviert, das unsere schwere Zeit endlich vorbei ist.
Die Infektionszahlen in den letzten Tagen haben uns jedoch sehr getroffen und uns wieder geerdet.
Trotzdem waren wir der Meinung, mit einem eingezäunten Christkindlmarkt und der Möglichkeit, die 2 G Regel durch zu ziehen, kann uns in diesem Jahr nichts von der Durchhaltung des Christkindlmarktes aufhalten. Gemeinsam mit der Verwaltung haben wir uns auf alle Eventualitäten vorbereitet.
DACHTEN WIR!
Aufgrund der zu bedauernden dramatischen Lage in den Intensivstationen der Krankenhäuser ruft unser Ministerpräsident wieder den Katastrophenfall Bayern aus.
Und die erste und einzige Reaktion des Ingolstädter Krisenstabes ist es meines Wissens, den Christkindlmarkt abzusagen.
Wir bedauern zu tiefst all das Leid, das die Patienten im Klinikum, ob mit Corona oder ohne, derzeit erleiden müssen. Auch die Situation der Pfleger innen und Ärzte geht uns sehr nahe und wir möchten nicht mit diesen tapferen Menschen tauschen.
Aber glauben Sie wirklich, dass die Absage des Christkindlmarktes die Krankenhäuser entlastet?
Nicht nur das mit der Absage des Christkindlmarktes die Kollegen mit teils verderblichem Warenlager im Regen stehen gelassen werden.
Sie nehmen damit auch dem Krankenhauspersonal, den Angehörigen der Patienten und allen Ingolstädter Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Kindern die Möglichkeit, einen kleinen Lichtblick in ihr normales Leben für die kurze Zeit des Weihnachtsmarkt-Besuches zu erhaschen.
Wir verstehen natürlich Ihre Befürchtungen, dass mit dem Konsum von Alkohol auf dem Christkindlmarkt die Stimmung lockerer wird und die Vorgaben nicht mehr ganz genau eingehalten werden. Ebenso wissen wir, dass bei einem Gedränge, wie es vor Corona war, ein „Abstand halten“ nicht möglich ist.
Mit einer begrenzten Besucherzahl und mit der 2 G Regel hätte man hier jedoch durchaus einen sicheren Christkindlmarkt durchführen können.
Sie können gerne einmal die Polizei Statistiken vom Christkindlmarkt durchsehen. Alkoholexzesse wie in manchen Kneipen in Ingolstadt werden Sie vergeblich suchen. Trotzdem hat die Gastronomie wohl keine Einschränkungen zu befürchten. Man kann ja die gebeutelten Gastronomen, die man seit über einem Jahr mit zusätzlichen, kostenlosen Freischankflächen unterstützt, nicht schon wieder einschränken.
Mit uns kann man das jedoch locker machen.
Als der Golfkrieg ausbrach, zeigte sich Deutschland solidarisch und sagte viele Volksfeste ab.
Beim Terroranschlag am 11. September 2001 war ebenso als erste Reaktion der Abbruch der laufenden Volksfeste im Gespräch.
In den letzten 20 Monaten wurde aufgrund der Pandemie unsere Branche auf Null herunter gefahren.
Im Oktober dachten wir, es wäre geschaft.
Am 13. Oktober wurde von der Staatsregierung grünes Licht für die Weihnachtsmärkte gegeben. In der Hoffnung, dass diese Entscheidung eingehalten wird, haben wir unsere Lager gefüllt und unsere Buden verschönert, damit wir die Ingolstädter einmal mehr durch die staade Zeit begleiten können.
Und jetzt, 4 Wochen später, sind wieder wir die ersten leidtragenden in Ingolstadt. Die Haupteinnahmequelle vieler Marktkaufleute wird ohne mit der Wimper zu zucken abgesagt. Dabei ist es doch längst erwiesen, dass das Ansteckungsrisiko im Freien am geringsten ist. So treffen sich also alle wieder in der Gastronomie im Innenbereich zu den Weihnachtsfeiern und geselligen Abenden. Dort wo der Alkoholkonsum nicht eingeschränkt ist und keine Security die Abstände permanent überwacht. Natürlich gilt dort 2 G. Aber das wäre bei uns auch machbar gewesen. Und bei weitem nicht jeder Christkindlmarkt Besucher kommt nur, um dem Glühwein zu frönen. Die Familien haben sich bereits über das Herbstfest light unheimlich gefreut und waren froh, dass es endlich wieder eine Abwechslung zum Corona-Alltag gab. Hier wurde alles Corona-Konform eingehalten. Auch sie haben sich auf den Christkindlmarkt gefreut.
Den Kindern wird die Vorweihnachtszeit in der glitzernden Budenstadt am Theaterplatz gänzlich entzogen. Der Nikolaus und das Christkindl werden kein Leuchten in die Kinderaugen zaubern können.
Auch die Geschäfte in der Innenstadt werden mit der Absage des Christkindlmarktes ihres Anziehungspunktes beraubt. Der unpersöhnliche Internethandel gewinnt in Ingolstadt wieder die Oberhand. Dabei wollte die Stadt Ingolstadt doch die Innenstadt stärken.
Für uns Marktkaufleute und Schausteller ist es einfach nur traurig, wie mit unseren Existenzen leichtfertig umgegangen wird. Unsere Branche zählt zum Kulturgut in Bayern und wird durch solche Entscheidungen vom Aussterben bedroht. Nicht alleine der finanzielle Schaden trifft uns hart, auch die psychische Belastung, wie mit unserem Berufsstand umgegangen wird, ist kaum mehr auszuhalten. Wir hätten uns gewünscht, vor solch schwerwiegenden Entscheidungen zumindest gehört zu werden, um mögliche Alternativen zu erörtern.
Mit entäuschten Grüßen
Die Marktkaufleute und Schausteller des Ingolstädter Christkindlmarktes
Foto: Stadt Ingolstadt