„Bei uns darf auch gelacht werden!“ – Das Ingolstädter Elisabeth Hospiz
Ein Beitrag aus der aktuellen IN-direkt Printausgabe
„Bei uns darf auch gelacht werden!“
Das Ingolstädter Elisabeth Hospiz begleitet schwerstkranke Menschen am Ende des Lebens
Seit 2009 gibt es das Elisabeth Hospiz direkt gegenüber der Sebastiankirche im Herzen der Ingolstädter Altstadt. Hier werden all jene Menschen auf ihrem letzten Weg betreut und begleitet, die durch eine schwere Erkrankung keine Aussicht mehr auf Heilung und den Tod vor Augen haben. Das Hospiz stellt eine der vier Säulen der Palliativversorgung in der Region dar. In guter Zusammenarbeit mit der Spezialisierten Ambulanten Palliativ Versorgung (SAPV), der Palliativ Station im Klinikum Ingolstadt und dem Hospizverein mit den ehrenamtlichen Hospizbegleitern besteht so ein Angebot, um auch den letzten Weg würdevoll und, soweit es möglich ist, selbst bestimmt zu gehen und zu leben.
Für 13 Gäste hat das Elisabeth Hospiz einen Platz erzählt Sabine Wölz die Leiterin des Hauses. Und die Gäste sind dabei keineswegs alle hochbetagt. Auch junge Menschen sind immer wieder darunter. Sie sind aus Ingolstadt und der weiteren Region, da es vergleichbare Hospizhäuser sonst nur in den größeren Städten wie Nürnberg, Augsburg oder München gibt. Viele wüssten gar nicht was ein Hospiz eigentlich genau ist, so Wölz. Daher habe man sich auch dafür entschieden z.B. eine Instagram Seite einzurichten, um auch so gerade bei jungen Menschen ins Bewusstsein zu kommen. Ein Anliegen dabei ist es auch, etwas gegen das Image von Alter, Trauer und Krankheit zu tun. Denn „…bei uns darf definitiv auch gelacht werden“, so Kristina Speth, stellvertretende Leiterin an der Seite von Sabine Wölz. Dieses Angebot richtet sich dabei natürlich sowohl an erkrankte Menschen, deren Angehörige aber auch an Pflegekräfte, die die Palliativversorgung mit ihren auch schönen Aspekten so näher kennenlernen können.
Oft sind es die Hausärzte, die Krankenhäuser oder die Menschen selbst, die den Kontakt herstellen. Einen richtiger Zeitpunkt für den Gang ins Hospiz zu finden ist dabei nicht einfach, will doch jeder so gut wie alles medizinische nicht unversucht lassen, egal mit welchen Beschwerden dies oft dann auch verbunden ist. Aus der Erfahrung heraus wird oft wohl eher zu lange gewartet. Im Durchschnitt verbringen die Gäste im Elisabeth Hospiz zwischen 15 und 20 Tage. Manchmal weniger, manchmal mehr– so wie das Leben eben ist.
Anders als in einem Krankenhaus gibt es ein umfassendes Betreuungsangebot, was aber immer ein Angebot und nie ein Muss darstellt. Auch der Tagesablauf richtet sich nach dem jeweiligen Gast und nicht nach dem starren Rhythmus wie es ihn zwangsläufig z.B. in einem Krankenhaus gibt. Die Angehörigen werden dabei genauso mitbetreut und auf dem Weg begleitet, was mindestens genauso wichtig ist, wie die Versorgung des Gastes selbst, erzählt Kristina Speth.
Viele Menschen fürchten sich besonders davor, am Ende ihres Lebens besonders leiden zu müssen. Die moderne Palliativmedizin kann heute bei Schmerzen oder Atemnot sehr gut helfen. Zur medizinischen Versorgung kommen dazu spezialisierte Palliativärzte aber auch z.B. die bisher behandelnden Hausärzte weiterhin ins Hospiz. Was sich oft aber nur schwer mit Hilfe von Medikamenten beheben lässt, ist der seelische Schmerz, den einige Menschen ebenso stark am Lebensende empfinden. Dabei spielen oft unausgesprochene Dinge, das Hadern mit der eigenen Krankheit oder Konflikte in der Familie eine große Rolle.
Die gute Betreuungssituation im Elisabeth Hospiz ermöglicht es den Pflegekräften sich die nötige Zeit zu nehmen und viel aufzufangen. Dabei kann es auch um aufkommende Zweifel gehen, ob tatsächlich medizinisch alles versucht wurde. Neben den ehrenamtlichen Hospizbegleitern unterstützen bei dieser Betreuung auch Psychologen durch ihr Gesprächsangebot. Auch Seelsorger der Kirchen stehen in Dauerbereitschaft und kommen regelmäßig vorbei, um nach den Menschen zu sehen. Darüber hinaus sind z.B. ein Tierbesuchsdienst, Maltherapie oder der Einsatz von beruhigenden Klangschalen Teile der vielfältigen Möglichkeiten um die letzte Zeit der Menschen so angenehm und erträglich wie möglich zu gestalten. Die Architektur des Hauses bietet überdies die Möglichkeit die Betten der Gäste auf den breiten Balkon zu fahren. So ist es möglich z.B. den Sonnenschein erleben zu können, auch wenn ein Aufstehen aus dem Bett nicht mehr machbar ist. Denn die eigene Welt des eigenen Hospizzimmers verlassen nur noch die Wenigsten, berichtet Sabine Wölz.
Während der Corona Pandemie waren die Hospizhäuser im Gegensatz zu den Krankenhäusern nicht für die Angehörigen verschlossen. Auch jetzt ist unter Berücksichtigung der 3G Regelung der Besuch der Angehörigen rund um die Uhr möglich. Dies ermöglicht auch ein bewusstes Abschiednehmen. Die Art und Weise ist dabei ganz unterschiedlich. Das reicht vom kurzen Besuch für ein letztes Lebewohl bis zur kleinen Abschiedsfeier, zu der die Familie mit Kindern und Enkelkindern noch einmal zusammenkommt und im Elisabeth Hospiz einen gemeinsamen Raum findet, um zusammen zu sitzen und Zeit miteinander zu verbringen.
Das Nachdenken über die eigene Endlichkeit blenden die meisten von uns oft gerne aus. Macht es uns doch bewusst, dass auch unser eigener Weg hier auf Erden irgendwann plötzlich und unvermittelt oder nach einem erfüllten langen Leben, mit oder ohne Krankheit irgendwann zu Ende gehen wird. Stresssituationen am Ende des Lebens könnten durch etwas Vorbereitung oft gar nicht erst entstehen. Egal ob es das Anfertigen einer Patientenverfügung und Vollmacht oder die eigenen Vorstellungen der Beerdigung sind. Hat man bereits etwas hinterlegt, erleichtert es das einem selbst und besonders auch den Angehörigen sehr.
Und wenn es dann soweit ist, und ein geliebter Mensch gestorben ist, wird auch dann genügend Zeit zum Abschiednehmen im Hospiz gelassen. Auch die Pflegekräfte, die den intensivsten Kontakt mit den Gästen haben, halten einmal in der Woche inne und zünden für jeden Verstorbenen eine Kerze an. Gemeinsam mit den Angehörigen geschieht dies dreimal im Jahr. Das nächste Mal am 24. November in der Matthäuskirche bei einer ökumenischen Gedenkfeier mit der Möglichkeit, sich auch im Anschluss noch im Wohnzimmer des Elisabeth Hospizes untereinander auszutauschen, wer dies möchte.
Sabine Wölz und Kristina Speth wünschen sich, dass noch mehr Menschen über die Möglichkeiten der Palliativpflege und der Arbeit ihres Hauses Kenntnis erlangen. Dazu gehören auch Pflegeschulen und Hausärzte, die sich wie viele andere von uns bisher noch nicht intensiv genug damit beschäftigt haben. Das Leben bleibt durch die Hospiz- und Palliativversorgung ein Leben bis ans Ende. Was kann es Schöneres geben?
Foto: Hans-Martin Kurka