Gewaltprävention im Klenzepark: Atila Dikilitas und Daniel Wächtler ziehen ein Resümee
Ein Beitrag aus der aktuellen Printausgabe der IN-direkt
Als im Sommer dieses Jahres die Meldungen über Vorkommnisse im Ingolstädter Klenzepark gar kein Ende mehr nehmen wollten und auch eine Reihe schwerer Straftaten dazu kamen, sah sich der Ingolstädter Stadtrat genötigt einzugreifen. Ein umfassendes Alkoholverbot sollte die Probleme in diesem Bereich lösen, waren doch eine Vielzahl der Straftaten unter Alkoholeinfluss begangen worden. Der schöne Sommer trieb viele Leute ins Freie, die Corona Lockerungen machten Treffen wieder möglich und die lange Zeit der Pandemie brachte eine Menge an Nachholbedarf mit sich.
Dass ein reines Alkoholverbot auch nicht alle Probleme löst und darüber hinaus zu einer Verlagerung an andere Orte führen kann, war auch den Stadträten in ihrer Sommerausschuss Sitzung schnell klar. „Doch Street Worker haben wir nicht“ musste Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf konstatieren. Die Idee von Stadtrat Christian Pauling (Die Linke) mit flankierenden Maßnahmen das Alkoholverbot zu begleiten, fand daher eine breite Unterstützung. Er brachte auch die sozial-pädagogisch in der Gewaltprävention arbeitenden Mitarbeiter des Jugendhilfe Trägers „Respekt-Training“ rund um den in Ingolstadt bekannten Unternehmer Atila Dikilitas ins Spiel.
Innerhalb kurzer Zeit stellten Dikilitas und sein Kollege Daniel Wächtler ein Konzept auf. Im Auftrag des Jugendamtes sind sie seit Sommer nun insbesondere an den Wochenenden im Klenzepark unterwegs und dienen den Besuchern und dabei insbesondere den Jugendlichen zunächst befristet bis Ende Oktober als Ansprechpartner. In einem ersten Fazit ihrer Arbeit berichten die beiden sympathischen, dennoch bestimmt auftretenden Männer im Klenzepark von ihren Erfahrungen und wie sich die Situation inzwischen verändert hat.
Durch ihre langjährige Erfahrung in der sozial-pädagogischen Arbeit, der Gewaltprävention aber auch als Security Experten, die den Einlass von Clubs und Diskotheken regeln, brachten beide genau die Mischung mit, die für die Aufgabe im Klenzepark nötig ist. Paralell zur starken Polizeipräsenz konnten sie in den vergangenen Wochen insbesondere Jugendliche aktiv ansprechen und in Situationen deeskalierend eingreifen. „Unser Ziel ist es die Probleme schon im Vorfeld zu erkennen und erst gar nicht entstehen zu lassen“, erklärt Daniel Wächtler. „Wenn es doch nicht anders geht, rufen wir Ordnungsamt und Polizei hinzu“. Sein Kollege Atila Dikilitas ergänzt: „Wir haben den Vorteil, dass wir in zivil unterwegs sind und keine Kontrollen machen müssen, wie etwa die Polizei. Auch die Tatsache, dass ich Migrationshintergrund habe und mein Kollege nicht, ist von großem Vorteil. So gibt es auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund viel weniger Akzeptanzprobleme und wir können die deutsche Kultur und das Zusammenleben und seine Regeln vermitteln. Brücken bauen quasi“.
Und die Jugendlichen sind dankbar dafür, einen Ansprechpartner zu haben, der ihnen zuhört, berichten die beiden. Oft fehle es daran bei vielen. Dabei reichen die Themen von Fragen zur Selbstverteidigung von Mädchen bis zur Vermittlung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten bei einer belastenden familiären Situation. Dabei lobt Atila Dikilitas insbesondere die in Ingolstadt gut aufgestellte Familien- und Jugendhilfe. Das würde mit der Hilfe und Unterstützung nicht in allen Städten so gut funktionieren wie in Ingolstadt, betont er.
Der Klenzepark ist wie der eigene Garten für viele Jugendliche und die dunklen Nischen am Rand oft eine willkommene Gelegenheit einen sozialen Raum für sich und die Freunde zu finden, den sie so zu Hause oder anderswo nicht haben. Dabei treffen aber auch Gruppierungen aus verschiedenen Ingolstädter Stadtvierteln aufeinander, die durchaus ihre Rivalitäten pflegen. Überraschend für Dikilitas und Wächtler war, wie viele Jugendliche auch aus anderen Städte sie bei ihren Rundgängen im Klenzepark angetroffen haben. Der Klenzepark scheint auch überregional sehr beliebt zu sein.
Seitdem die beiden im Klenzepark unterwegs sind und seitdem das Alkoholverbot fast zeitgleich in Kraft getreten war, ist es viel ruhiger rund um den Klenzepark geworden und es hat fast keine Zwischenfälle mehr gegeben. Auch die Anzahl der Besucher ist zurückgegangen und die „Saison“ läuft nun auch temperaturbedingt so langsam aus. „Man müsste das Konzept noch mit weiteren Mitarbeitern auf die Innenstadt ausweiten“, schwebt Daniel Wächtler für die Zukunft vor. „Wenn die Jugendlichen nicht hier sind, sind sie eben woanders und die Probleme bleiben ja.“ Auch wenn es ein Alkoholverbot gibt, würden viele Jugendliche eben heimlich etwas trinken oder sich den Alkohol umfüllen oder zum Trinken eben den bekannten Verbotsbereich verlassen und danach wiederkehren. Die Vermittlung eines verantwortungsvollen Umgangs damit wäre viel wichtiger. Sorgen bereitet den beiden, die Anzahl von Minderjährigen, auf die sie oft getroffen sind. Wenn 13- oder 14- Jährige zur späten Stunde im Klenzepark unterwegs sind, sei das mehr als bedenklich. Daher gelte es auch noch mehr die Eltern zu sensibilisieren.
Schon jetzt laufen die Planungen für das nächste Jahr. Atila Dikilitas und Daniel Wächtler hoffen auch im nächsten Jahr weiterhin als Ansprechpartner für die Jugendlichen rund um den Klenzepark fungieren zu können, so dass die negativen Schlagzeilen, wie es sie in diesem Jahr ganz besonders gab, erst gar nicht entstehen werden.
Foto: Hans-Martin Kurka