Wie wirksam sind die Corona Impfungen in Ingolstadt und wie ist die Situation im Klinikum?
Nachdem die letzten Wochen auch in Ingolstadt von niedrigen Corona Zahlen geprägt waren, und die dadurch bedingten Aufhebungen der Maßnahmen und Regelungen einen Hauch von Normalität mit sich brachten, steigen nun auch in Ingolstadt die Fallzahlen wieder dramatisch an. Neben den aktuellen Corona Zahlen, welche auch IN-direkt täglich auf seiner Facebook Seite www.facebook.com/INdirektzeitung veröffentlicht, lohnt aber auch die nähere Betrachtung anderer Aspekte der Pandemielage. Was bringt die Impfung wirklich und wie steht es um die Intensivstation im Klinikum Ingolstadt?
Impfwirksamkeit
Bereits in der letzten Sitzung des Ingolstädter Stadtrates vor der Sommerpause beantwortete das Gesundheitsreferat der Stadt hierzu eine mündliche Anfrage des Stadtrates Achim Werner (SPD) und gab einen datenbasierten Einblick über die Lage in Ingolstadt. Dazu wurden die dem Gesundheitsamt Ingolstadt im Zeitraum von Mitte Februar bis Ende Juli 2021 gemeldeten COVID-19-Infektionen ausgewertet. Von insgesamt 2.230 COVID-19-Fällen im vorgenannten Zeitraum betrafen 186 Fälle Personen, die bereits mindestens einmal geimpft waren. 154 Personen hatten zuvor nur eine 1. Impfung erhalten. Dies entspricht einem Anteil von 6,9 % aller COVID-19-Fälle. 32 Personen hatten bereits ihre 2. Impfung erhalten, darunter waren 24 Personen mit vollständigem Impfschutz (entspricht rund 1 % aller Fälle). Aus Sicht des Gesundheitsreferates der Stadt weisen die Corona-Schutzimpfungen damit eine hohe Wirksamkeit auf. Die Wirksamkeit die von den Herstellern versprochen wird und damit Grundlage für die Zulassungen sind, liegen tatsächlich deutlich darunter.
Auch der Anteil der Personen, die trotz vollständigem Impfschutz positiv auf das Corona-Virus getestet wurden, an allen vollständig Geimpften, ist sehr gering. Seit Mitte Februar haben in Ingolstadt rund 67.350 Personen ihre Zweitimpfung erhalten – im gleichen Zeitraum waren positive Corona-Tests bei 32 Personen mit Zweifachimpfung zu verzeichnen. Dies entspricht rund jedem 2.000 doppelt Geimpften bzw. einer Quote von 0,5 Promille.
Oft wird auch darüber diskutiert, ob einer der gegen Corona angebotenen Impfstoffe eine bessere Wirksamkeit als ein anderer haben könnte. Das Gesundheitsreferat der Stadt stellt dazu fest, dass Aussagen zur Wirksamkeit einzelner Impfstoffe sich anhand der lokalen Ingolstädter Daten aber nicht treffen lassen. Von den 186 Fällen, in denen mindestens einmal geimpfte Ingolstädterinnen und Ingolstädter sich mit Corona infizierten, betrafen zwar die meisten, nämlich 116 Fälle Impfungen mit dem Impfstoff des Herstellers BioNTech/Pfizer. Dieser Impfstoff wurde jedoch auch bundesweit am häufigsten genutzt (rund 70 % aller Impfstofflieferungen, Stand 01.08.21). Weitere 62 Infektionen erfolgten trotz einer Impfung mit Impfstoffen von AstraZeneca, sowie 7 trotz Impfung mit Moderna.
Die Situation auf der Intensivstation
In der Berichterstattung über die aktuellen Corona Zahlen werden bisher auch immer die Belegungskapazitäten der Intensivstationen mit angegeben. Seit Beginn der Pandemie wurde von Seiten der Mediziner vor einem Kollaps des Gesundheitssystems durch eine Vielzahl an Intensivpatienten durch Corona gewarnt. Doch wie aussagekräftig sind diese Angaben und helfen sie bei der Beurteilung der Corona Situation wirklich weiter? In letzter Zeit konnte man bei genauem Studium der täglichen Daten feststellen, dass trotz niedriger Corona Fallzahlen immer eine sehr hohe Intensivbetten Auslastung angegeben wurde. Dabei lag der extra ausgewiesene Anteil an Covid-19 Patienten oftmals jedoch bei 0%. Auf Nachfrage von IN-direkt teilt das Klinikum Ingolstadt hierzu mit, dass Intensivbetten immer knapp und weitgehend ausgelastet sind, was auch schon vor Corona so gewesen sei. „Derzeit sieht man eine besonders hohe Auslastung, denn es finden viele komplexe medizinische Eingriffe statt, die im Anschluss eine Intensivbehandlung nötig machen. Außerdem werden – wie im Sommer leider oft der Fall – viele schwere Unfälle aus der Region im Klinikum Ingolstadt eingeliefert, die ebenfalls intensivmedizinische Unterstützung benötigen“, so dass Klinkum. Keinen nennenswerten Anteil an den aktuellen Intensivbetten Belegungen spielen sog. „Long-Covid“ Patienten, da deren Behandlung über Wochen und Monate in spezialisierten Reha-Kliniken stattfindet.
Doch wie konnten die Covid-19 Fälle auf der Intensivstation zusätzlich mitversorgt werden, wenn es generell eine sehr hohe Auslastungsquote der Intensivstation gibt? Planbare Operationen wurden in den Hochphasen der Pandemie verschoben, soweit dies aus ärztlicher Sicht verantwortbar war, teilt hierzu das Klinikum mit. Gleichzeitig gab es im Lockdown weniger Verkehrs-und Sportunfälle, da die sozialen Kontakte reduziert waren. Um einen möglichen neuen Anstieg der Fallzahlen bewältigen zu können, würde das Klinikum jedoch wie in den vorangegangenen Corona-Wellen planbare Operationen zurückfahren, die im Anschluss eine intensivmedizinische Versorgung nötig machen. Außerdem gibt es konkrete Pläne, die Zahl der Intensivbetten dann zu erhöhen. Die Zahl der Intensivbetten ist also zumindest im Klinikum Ingolstadt keine zementierte Größe. Macht der Indikator „Intensivbettenbelegung“ als ein für die Beurteilung der Pandemielage diskutierter Faktor dann überhaupt Sinn, wenn die Belegung auch unabhängig von Corona meistens hoch ist? Der Indikator macht aus Sicht des Klinikums dann Sinn, wenn damit auch die Belegung mit Covid-19-Patienten erfasst wird, um rechtzeitig gegensteuern zu können.
Foto: Klinikum Ingolstadt