Finanznot wegen Corona: Jobcenter sichert den Lebensunterhalt
Er sei alarmiert gewesen durch einen Zeitungsartikel über Friseure, die in der Corona-Krise z.B. ihre Wohnungsmiete aus dem eigenen Vermögen bestreiten müssten oder Probleme mit Versicherungen haben. Das erklärte der Leiter des Ingolstädter Jobcenters und designierte Sozialreferent Isfried Fischer im Rahmen der städtischen Pressekonferenz. Dabei bietet das Jobcenter nicht nur Hilfen für Betriebe, sondern auch für den privaten Lebensunterhalt – ein Angebot, das offenbar noch zu wenig bekannt ist. „Wir sind in einer Ausnahmesituation,“ betonte Isfried Fischer. „Das Jobcenter übernimmt Kosten für die Wohnungsmiete und stellt auch die Krankenversicherung sicher! Und es ist nicht so, dass ich mein Vermögen nutzen muss, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.“
„Scheuen Sie sich nicht!“ betonte Isfried Fischer. Manch einer schäme sich für den Gang zum Jobcenter und befürchte, er würde in Hartz IV abstürzen. Und während des ersten Lockdowns hätten gerade Selbständige vielleicht negative Erfahrungen mit den Hilfen gemacht, gab Fischer zu. Der Zugang zu den Leistungen des Jobcenters ist inzwischen aber vereinfacht worden. Im Grundsatz geht es darum, den Lebensunterhalt von Alleinstehenden und Familien (natürlich auch Lebenspartnerschaften ohne Trauschein) zu sichern. Dabei werden auch die November und Dezemberhilfen nicht angerechnet. „Egal, ob Sie Solo-Selbständige/r oder Künstler/in sind, oder in Kurzarbeit: Das Jobcenter unterstützt Sie dabei, Ihren Lebensunterhalt zu sichern.“
Und so funktionierts:
Die finanzielle Hilfe fließt in Form von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (auch Arbeitslosengeld II genannt). Den rechtlichen Rahmen dafür hat der Bundestag mit dem Sozialschutz-Paket geschaffen. Das Sozialschutz-Paket ergänzt die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II. Dadurch können Sie (auch wenn Sie gar nicht arbeitslos bzw. arbeitsuchend sind) finanziell unterstützt werden – und zwar so, wie es die Corona-Krise erfordert: schnell und mit so wenig bürokratischem Aufwand wie möglich.
Erleichterungen bei Vermögen und Wohnkosten
Entscheidend für den Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung ist, ob das aktuelle Einkommen für den Lebensunterhalt ausreicht. Es ist nicht erforderlich zunächst die eigenen Ersparnisse aufzubrauchen, bevor ein Antrag im Jobcenter gestellt werden kann. Nur wenn erhebliches verwertbares Vermögen vorliegt, muss auf dieses zurückgegriffen werden.
Bei einem Alleinstehenden zählen bis zu 60.000 Euro nicht als erhebliches Vermögen – für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft kommen weitere 30.000 Euro hinzu. Bei einer 4-köpfigen Familie gilt daher Vermögen bis zu 120.000 Euro nicht erheblich. Selbstgenutztes Wohneigentum wird dabei in der Regel nicht als verwertbares Vermögen angerechnet – ebenso wenig (unabhängig von seinem Wert) Vermögen für die Altersversorgung. Gleiches gilt für Betriebsvermögen, das für die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit unentbehrlich ist. Für Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, kann auch verwertbares Vermögen in angemessener Höhe der Altersvorsorge dienen.
Neben den Leistungen für den Lebensunterhalt übernimmt das Jobcenter bei Neuanträgen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung befristet in voller tatsächlicher Höhe. Dies gilt sowohl für eine Mietwohnung, als auch für eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus.
Wenn Sie eine private Kranken- und Pflegeversicherung haben und Arbeitslosengeld II beziehen, zahlt Ihnen das Jobcenter auf Antrag einen Zuschuss für die Beiträge. Der Zuschuss ist auf die Höhe des halbierten Beitrags im Basistarif begrenzt. Für das Jahr 2021 liegt er bei 384,58 Euro im Monat. Für Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung zahlt das Jobcenter den Krankenversicherungsbeitrag.
Beispiel: Eine vierköpfige Familie, in der aktuell kein Partner über Einkommen verfügt und die eine Wohnung zu 1.500 Euro warm gemietet hat, erhält vom Jobcenter mindestens 2.430 Euro (inkl. Miete) und die Krankenversicherung im o.g. Rahmen. Die Leistungen erhöhen sich, wenn die Kinder bereits älter als 6 Jahre sind.
Der vereinfachte Zugang gilt derzeit für alle Bewilligungszeiträume, die bis 31. März 2021 beginnen. Leistungen, die noch im Januar beantragt werden, werden rückwirkend ab 1. Januar 2021 gewährt.
Keine Anrechnung von außerordentlichen Wirtschaftshilfen oder Neustarthilfe als Einkommen im Rahmen der Grundsicherung
Zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie wurden ab November 2020 einige Betriebe und Einrichtungen temporär geschlossen. Um die Einnahmeausfälle abzufedern, zahlt der Bund an betroffene Unternehmen und Selbständige außerordentliche Wirtschaftshilfen („Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“). In § 1 Absatz 1 Nr. 13 der Alg II-V ist geregelt, dass diese Hilfen von der Einkommensberücksichtigung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausgenommen werden. Ebenso gilt diese Freistellung nach § 1 Absatz 1 Nr. 14 der Alg II-V für pauschalierte Zuschüsse zu Betriebskosten, die Soloselbständigen für die Zeit vom 1. Dezember 2020 bis 30. Juni 2021 mit dem Förderelement „Neustarthilfe“ innerhalb der Überbrückungshilfe III, gewährt werden.
Weitere Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Grundsicherung finden Sie auch auf der Homepage des Jobcenters (www.ingolstadt.de/jobcenter) in der Rubrik Alg II & Corona.
Hinweise auf Wirtschaftshilfen unter www.ingolstadt-ifg.de/corona.