Georgisches Kammerorchester auf professionelle Füße stellen
In einem offenen Brief an Kulturreferent Gabriel Engert fordert der Freundeskreis des Georgischen Kammerorchesters die Umstrukturierung der Veranstaltungs GmbH zu nutzen und das Orchester durch ein professionelles Management führen zu lassen.
Sehr geehrter Herr Engert,
wir unterstützen als Vorsitzende der Freunde des Georgischen Kammerorchesters Ihren Auftrag, die Veranstaltungsgesellschaft wieder in die Stadtverwaltung einzugliedern. Dass sich ein Profi-Orchester, ehemals als Weltklasse-Ensemble international gefeiert, in einem derartigen Konstrukt wiederfinden musste, ist deutschlandweit einmalig und hat mit Wertschätzung gegenüber einem großen Teil der besten Musiker in dieser Stadt nichts zu tun.
Aus unserer Sicht ist der entscheidende und wichtige Schritt, das Georgische Kammerorchester Ingolstadt als Kammerorchester auf professionelle Füße zu stellen. Noch nie in seiner dreißigjährigen Ingolstädter Historie wurde das GKO von einem professionellen Management geführt, an dessen Spitze ein Intendant oder Geschäftsführer steht, der sich mit dem notwendigen Know-how, entsprechender Erfahrung, Vernetzung und einem sensiblen Gespür für diesen Klangkörper für eine positive Weiterentwicklung im konstruktiven Austausch mit den Orchestermitgliedern einsetzt. Diese für jedes Orchester so zentrale Kernkompetenz der Koordination verschiedenster Einflußfaktoren um das künstlerische Kernprodukt eines Orchesters optimal zu platzieren und weiterzuentwickeln, die in aller Regel durch enge Zusammenarbeit des Intendanten, des Chefdirigenten, der Musiker, der Stadtverwaltung und des Orchestermanagements gewährleistet wird, wurde über die gesamte Zeit dem Orchester nicht zur Verfügung gestellt.
Wenngleich über einen langen Zeitraum das große Engagement und die Beharrlichkeit des Freundeskreises mit Friedemann Götzger in Zusammenarbeit mit dem damaligen Chefdirigenten Markus Poschner diesen Umstand erstaunlich erfolgreich kompensieren konnte, so zeigt die Entwicklung danach erneut sehr deutlich auf, dass es nicht gelingen kann und wird, ein solches Orchester im kulturellen Betrieb einfach so „nebenher“ mitlaufen zu lassen. Hierbei wird mehr Geld verbrannt als bei einer zu Beginn sicher kostspieligeren aber sinnvolleren Professionalisierung der Orchesterstrukturen, die sich langfristig sowohl materiell als auch ideell auszahlt.
Hiermit soll niemandes Leistung für das Orchester in Abrede gestellt werden, dennoch sei darauf hingewiesen, dass es über die 30 Jahre hinweg zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter oder gar Verantwortliche gab, die zuvor oder auch danach sich für ähnliche Positionen außerhalb Ingolstadts (z.B. beim Münchner oder Stuttgarter Kammerorchester) bewerben hätten können, da sie völlig fachfremd eine solche Position niemals bekleiden könnten. Dies zeigt sich über Jahre hinweg nicht zuletzt in der öffentlichen Diskussion und besonders in den letzten Jahren in Pressestimmen (BR, Februar 2020, DK, November 2019, SZ Februar 2020, Das Orchester Februar 2017) wie: „ein Orchester in der Krise“; „heruntergewirtschaftetes Orchester“; „es fehlt an Allem, Geld, Musiker, Ideen“; „pflegebedürftiges Orchester“; „kein Kammerorchester so schlecht ausgestattet“; „himmelschreiender Skandal“; „Spitzenorchester unterfinanziert“; „ungenutztes Potential“, um nur einige zu zitieren.
In genau diesem Zusammenhang wurde dann ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis nun vorgetragen wird und in wesentlichen Teilen eben diese Defizite deutlich beschreibt. Hierbei ist zum Einen das Thema „Kammerphilharmonie“ oder andere Zukunftsvisionen illusorisch, solange nicht die Grundstruktur des Orchesters auf stabilen Säulen steht, zum Anderen gilt es, die Umsetzung der Sachverständigenexpertise kompetenten, spezialisierten und erfahrenen Fachleuten anzuvertrauen.
Unabhängig von der Organisationsform dieses städtischen Orchesters ist es notwendig, dass das Orchester wie andere kommunale Orchester in hohem Grade eigenständig agieren kann: Ein Agieren, bei dem der Blick nicht nur auf die Finanzen fällt, sondern insbesondere auf den künstlerischen Mehrwert des Orchesters der Stadt Ingolstadt.
Ingolstadt hat durch das beherzte Engagement einiger Musikliebhaber Ende des letzten Jahrtausends das Glück, ein Spitzen-Ensemble mit außergewöhnlichem individuellem musikalischem Charakter und Klang erleben zu dürfen. Was daraus mit den entsprechenden Rahmenbedingungen entstehen hätte können, zeigt das Beispiel der Bamberger Symphoniker, die bei ihrer Gründung auf Orchestermitglieder der Prager Philharmonie fußten. Das Geschenk „Georgisches Kammerorchester Ingolstadt“ ist angemessen zu behandeln.
Ein „Weiter so“ dürfen wir alle nicht zulassen!
Aus unserer Sicht liegt der Schlüssel in einer professionellen Neuaufstellung und Neuausrichtung des Managements, das zusammen mit der künstlerischen Leitung und den Musikern des Kammerorchesters das Maximum an kultureller Begeisterung entfacht – nicht nur in der breiten Bevölkerung, sondern auch bei Gönnern und Sponsoren.
Ein schlagkräftiges und kreatives Management ist gerade jetzt notwendig, da während der Sanierung des Theater-Festsaals eine geeignete Ausweichspielstätte bisher nicht existiert. Wir sind uns sicher, dass Musiker, Management und Dirigent in der Lage sein werden, diesen Umstand sogar als Chance zu begreifen!
Neben spezialisierten Mitarbeitern im Management, die seriös und transparent auszuwählen sind, ist es notwendig, die Infrastruktur (Probenräume, Betreuung, etc.) auf ein angemessenes Niveau zu heben, damit Ingolstadt für ehrgeizige, hochprofessionelle und kreative Musiker eine ernstzunehmende Adresse in der Musiklandschaft wird – gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Generationenwechsel im Orchester. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!
Mit musikalischen Grüßen
Dr. Cordula Mehnert und Quirin Witty
Freunde des Georgischen Kammerorchesters e.V.
Foto: Weinretter