Wo bleiben die Grünen?
Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind giftige und krebsauslösende organische Chlorverbindungen. Diese chemische Substanz wurde bis in die achtziger Jahre hinein unter anderem bei Dichtungsmassen, die in der Baubranche insbesondere bei Betonbauten notwendig sind, eingesetzt. Inzwischen zählt PCB zu den zwölf als „dreckiges Dutzend“ bekannten organischen Giftstoffen, die durch das Stockholmer Übereinkommen vom 22. Mai 2001 weltweit verboten wurden.
Als das Ingolstädter Stadttheater 1964 nach den Plänen von Hardt-Waltherr Hämer im Stil der „Nachkriegsmoderne“ errichtet wurde, gehörte Beton zu den bevorzugten Baumaterialien. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass damals in Unkenntnis der Giftigkeit des Materials PCB bei Dichtungsmassen zum Einsatz kam. PCB wurde insbesondere bei Dehnungsfugen, die bei Betonbauten in großer Zahl vorhanden sind, eingesetzt. Die chronische Toxizität macht PCB als Gebäudeschadstoff für Menschen, die sich dort über längere Zeiträume aufhalten, besonders gefährlich. Aufgrund der Anreicherung im Fettgewebe sind selbst kleinste laufend aufgenommene Mengen extrem schädlich. Zwar dürften die Theaterbesucher nicht gefährdet sein, wohl aber die, die ständig dort arbeiten: die Schauspieler und sonstigen Mitarbeiter des Stadttheaters.
Unter den Stadträten und Medienvertretern wird hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, dass es sich beim Ingolstädter Stadttheater um einen hochgiftigen Bau handle. Es gebe Messungen der PCB-Belastung, die ein katastrophales Ausmaß dokumentieren würden. Einige behaupten sogar, dass es unmöglich/wirtschaftlich nicht tragbar sei, den Hämer-Bau deswegen zu sanieren. Erstaunlicherweise wird dieses Problem nicht öffentlich diskutiert. Offensichtlich haben die politischen Gruppierungen hieran kein Interesse. CSU und FW haben mit kaum zu überbietender Scheinheiligkeit jetzt die „rasche Sanierung“ des Stadttheaters gefordert. Wer jahrelang die als dringend notwendig erkannte Sanierung verschleppt hat, sollte sich derartiger Anträge enthalten. Möglicherweise wollen CSU und FW jetzt die Sanierung vorantreiben, weil sie annehmen, dass diese so kostenträchtig ist, dass es dann aus finanziellen Gründen nicht mehr zum Bau der Kammerspiele kommen wird. Aber was ist mit SPD und Grünen? Geht deren Anbetungshaltung gegenüber dem Architekten Hämer soweit, dass sie die gravierenden Mängel dessen Theaterbaus (durch die Verwendung von PCB) unter den Teppich kehren wollen? Wollen sie sich dieser umweltpolitischen Diskussion entziehen?