Edel und erfolglos?
Der Stadtrat hat beschlossen, eine Dokumentation über die Opfer des NS-Regimes in Ingolstadt zu erstellen. Die Opfer der Nazis in Ingolstadt zu ermitteln und ihr Schicksal zu beschreiben zeugt von edler Gesinnung; die Verfolgten des NS-Regimes erfahren dadurch eine letzte Würdigung.
Wer aber glaubt, durch diese Dokumentation würde ein Mahnmal geschaffen, welches dazu beiträgt zu verhindern, dass sich ein derartiges Geschehen wiederholt, der irrt. Lesen werden die Dokumentation diejenigen, die ohnehin die Verbrechen der Nazis verabscheuen und die Gefahren derartiger Diktaturen kennen. Das sind wenige. Die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten war aber nur möglich, weil sich sehr viele Deutsche für Hitler und seine Ideologie begeistert haben. Das war nicht nur eine kleine Gruppe, wie manche gern glauben möchten. Und die Massen, die Hitler zujubelten, erreicht man mit derartigen Dokumentationen nicht. Dabei zeigen die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wie groß die Gefahr ist, dass zwielichtige Gestalten wie Donald Trump oder Björn Höcke eine gewisse Schicht von Menschen radikalisieren können. Trump rief zum Marsch auf das Capitol in Washington auf und ein politischer Pöbel erstürmte die Institution der amerikanischen Demokratie. Höcke schrie schon 2010 beim Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg bei einer Kundgebung von Neonazis: “Wir wollen marschieren!“ Höcke und andere „Rattenfänger“ mobilisieren Menschen, wenn sie im Zeitalter von Corona mit Sprüchen wie „Masken sind Symbol eines neuen Obrigkeitsstaates“ hausieren gehen und bei zeitlich begrenzten Freiheitsbeschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie von „Willkür“, „Zwangsimpfungen“ und „Inhaftierungen“ sprechen. Die auf diese Sprüche hereinfallen sind politsch Leichtgläubige. Die lesen keine Dokumentationen.
Am Ende werden die Stadträte das edle Werk – die erstellte Dokumentation – und sich selbst als Urheber feiern. Gesellschaftspolitisch wird die Dokumentation wirkungslos sein. Hitler kam nicht mit Dokumentationen an die Macht sondern über Massenmedien. Überzeugende Öffentlichkeitsarbeit, die die Massen erreicht, die politische Zusammenhänge erklärt und die Menschen mitnimmt bei politischen Entscheidungen, ist viel wichtiger.