Haushalt der Vernunft
Was sich derzeit im Ingolstädter Stadtrat abspielt, das hätten viele vor einem Jahr nicht für möglich gehalten. Nach wie vor gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen zu den verschiedensten Fragen der Kommunalpolitik und Oberbürgermeister Christian Scharpf (samt SPD-Fraktion), CSU, Grüne und die kleineren Gruppierungen werden nicht müde, ihre Meinungen einer breiteren Öffentlichkeit über gedruckte Medien und im Internet darzulegen. Doch die Meinungsvielfalt führt derzeit nicht dazu, dass man aufeinander einschlägt, sich beleidigt und sich auch privat nicht mehr trifft. Die Stimmung im Stadtrat hat sich geändert. Die Stadträte der Parteien haben eingesehen, dass man miteinander reden muss und nur durch Zusammenarbeit ein politisches Chaos verhindert werden kann, da es keine Koalitionen und sicheren Mehrheiten mehr gibt. Diese Einsicht hat dazu geführt, dass der schwierige Haushalt der Stadt mit großer Mehrheit und nur gegen die Stimmen der Freien Wähler und der AfD verabschiedet werden konnte. Die CSU hat dabei zusammen mit der Jungen Union und FDP noch kurzfristig ihre Änderungswünsche öffentlichkeitswirksam präsentiert. 12,5 Millionen mussten übers Wochenende noch eingespart oder, um mit den Worten des Oberbürgermeisters zu sprechen, in den Haushalt „eingepreist“ werden. Finanzreferent Franz Fleckinger (CSU) dürfte das Wochenende vor der letzten Stadtratssitzung durchgearbeitet haben, um allen Ansprüchen gerecht zu werden. Das ist ihm gelungen. Kompliment!
Bei dieser Haushaltsdebatte und Abstimmung gab es keine Gewinner auf Seiten derer, die für den Haushalt gestimmt haben. Der Oberbürgermeister zeigte sich im Hinblick auf den Vorschlag von CSU, JU und FDP kompromissbereit und moderierte souverän. CSU-Fraktionschef Alfred Grob als Sprachrohr derer, die 12,5 Millionen einsparen wollten und eingespart haben, demonstrierte, dass er seine Fraktion im Griff hat und politisch Zeichen setzen kann. Er scheint im Augenblick an der Fraktionsspitze (und in der Partei) nicht zu ersetzen zu sein, was Heckenschützen in seiner Partei, die zur Förderung der eigenen Ambitionen betreffend den Kreisvorsitz der CSU andere bei Facebook für sich schreiben und schießen lassen, bedenken sollten. Die Art und Weise wie die Freien Wähler den Haushalt abgelehnt haben, hat wohl die eines Besseren belehrt, die meinten, Hans Stachel wäre auch ein guter weiterer Bürgermeister gewesen. Wobei manche behaupten, wenn er denn Bürgermeister geworden wäre, würde seine Gruppierung jetzt einen anderen Kurs fahren und sich nicht in peinliche Nähe zur AfD manövrieren. (hk)