Bürgergeldempfänger werden zu Unrecht diffamiert
Infoveranstaltung des VdK Kreisverbands/Zahlen sprechen für sich
Die allermeisten Bürgergeldempfänger werden zu Unrecht als arbeitsunwillig oder gar Sozialschmarotzer diffamiert. Dies ist der Tenor einer öffentlichen Veranstaltung, zu welcher der VdK Kreisverbands Ingolstadt Eichstätt eingeladen hatte. Als Experten sprachen die Leiterin des Jobcenters in Ingolstadt, Romina Müller und der Vorsitzende des VdK Kreisverbands Traunstein als ehemaliger Geschäftsführer des Jobcenters Rosenheim, Franz Heuberger zu den rund 60 anwesenden Zuhörern.
Als gastgebender Kreisvorsitzender des VdK verwies Achim Werner die Behauptung ins Reich der Fabel, beim Bürgergeld ließen sich großartige Einsparungen in vielfacher Milliardenhöhe erzielen. Wenn überhaupt, sei das nur durch eine drastische Senkung der Regelsätze möglich. Einer solchen habe aber das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorgeschoben. Das höchste deutsche Gericht habe klar festgelegt, was unter dem Existenzminimum zu verstehen ist, worauf Arbeitsunfähige oder Menschen einen Anspruch haben, die keine Arbeit finden. Damit stehe der aktuelle Regelsatz von 563 Euro nicht zur Disposition.
Romina Müller ging auf die Lage im Ingolstädter Jobcenter ein. In der Stadt gebe es 5065 erwerbsfähige und 2058 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Hinzu kämen 3766 Menschen, die in Bedarfsgemeinschaften leben, die meisten davon Kinder. Die Zahl der Arbeitslosen liege aktuell bei 1736. Die Referentin verwies auf sich häufende Vermittlungshemmnisse wie gesundheitliche Einschränkungen, unter denen wiederum psychische Erkrankungen eine immer größere Rolle spielten.
Schon jetzt gebe es die Möglichkeit, arbeitsunwillige Personen zu sanktionieren. Die Zahl der Totalverweigerer sei jedoch äußerst gering. In Ingolstadt könne man sie an den Fingern beider Hände abzählen. Die meisten Sanktionierungen bestünden aus einer Reduzierung um zehn Prozent für einen oder wenige Monate, wenn Leistungsempfänger ihren Meldeverpflichtungen nicht nachkommen. Dies sei aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich anzusiedeln.
Franz Heuberger erläuterte die Struktur der Bürgergeldempfänger in ganz Deutschland. Von den 5,6 Millionen Personen seien allein 1,6 Millionen Kinder, weitere 800000 seien so genannte Aufstocker, Menschen, die häufig in Vollzeit arbeiten, aber so wenig verdienen, dass die zusätzliche Leistungen beziehen müssen. Sie seien die letzten, denen man vorwerfen dürfe, sie seien arbeitsunwillig. Heuberger verwies auch auf eine hohe Zahl alleinerziehender Mütter, von denen viele nur in Teilzeit arbeiten können und die deshalb zusätzlich Bürgergeld beziehen.
Zu den Empfängern gehören auch rund 700000 Flüchtlinge aus der Ukraine, mehr als 200000 von ihnen Kinder. Es gebe aber nicht wenige Ukrainer, die hier eine Arbeit gefunden haben und deshalb keine Transferleistungen beanspruchen.
Wie zuvor Romina Müller wies auch Heuberger die Behauptung zurück, unter den Bürgergeldempfänger befänden sich zahlreiche Drückeberger. In ganz Deutschland gebe es lediglich 16000 Totalverweigerer. Die Schäden durch Missbrauch beim Bürgergeld beliefen sich auf lediglich rund 60 Millionen Euro. Wenn der Staat zusätzliches Geld brauche, dann solle er sich besser an die Steuerhinterzieher und die Hinterzieher von Sozialversicherungsbeiträgen halten, die im Jahr Schäden von mehr als 100 Milliarden Euro verursachten. VdK Kreisgeschäftsführerin Birgit Merk brachte noch eine weitere Einnahmequelle des Staates ins Spiel. Der VdK fordere seit geraumer Zeit eine Vermögenssteuer für Millionäre und Milliardäre.
FOTO: von links: Franz Heuberger (Vorsitzender im VdK Traunstein), Romina Müller (Leiterin Jobcenter Ingolstadt), Birgit Merk (Geschäftsführerin VdK Ingolstadt-Eichstätt), Achim Werner (Vorsitzender VdK Ingolstadt-Eichstätt). © A.Werner
Pressestelle/Sozialverband VdK Bayern e.V.
Kreisgeschäftsstelle Ingolstadt-Eichstätt