14 Jahre Planung und kein bisschen Parkour – Ein Meisterwerk der Ingolstädter Verhinderungskunst
Leserbrief: Ein satirischer Abschiedsbrief von Martin Köster an die nie gebaute Anlage bei der Halle neun
Manche Projekte brauchen Zeit. Andere brauchen Mut. Und wieder andere brauchen einfach eine Stadtverwaltung, die sagt: „Lasst das mal lieber bleiben.“
Seit dem 10. Mai 2011 – also kurz nach der Einführung des iPhone 4 und lange vor dem ersten Corona-Test – ringt der Bezirksausschuss Münchener Strasse tapfer für eine Parkour Anlage bei der Halle neun. 14 Jahre lang wurden Pläne geschmiedet, Gelder bereitgestellt, Argumente gesammelt, widerlegt und in Excel-Tabellen archiviert. Junge Menschen träumten von Sprüngen über Hindernisse – und die Stadt träumte von einem Parkplatz.
Was in anderen Städten in einem Sommerferienprogramm umgesetzt wird, entwickelte sich hier zur olympischen Disziplin des Nichts-Tuns. Die Liste der städtischen Nein-weil-Gründe wurde so lang, dass man sie als Stolperfalle in der Anlage selbst hätte einbauen können: Bombenfund! Mülleimer können nicht geleert werden! Bahnangestellte müssten ein paar Meter Umweg laufen! Ein Loch im Zaun ist nicht erlaubt, aber ein geschlossener Zaun auch nicht, denn – jetzt kommt’s – Bälle könnten über den Zaun auf die Gleise fliegen! Ein Drama in drei Akten mit Mülltonne, Ball und Gleisarbeiter.
Und dann – ganz großes Kino – kurz vor der Ziellinie, nachdem wirklich alle anderen Argumente elegant mit demBezirksausschuss aus dem Weg gesprungen sind, kam plötzlich jemand auf die geniale Idee:
„Sagen wir eigentlich mal der Deutschen Bahn Bescheid?“
Und siehe da: Die Deutsche Bahn, bekannt für rasche Entscheidungen und tiefe Bürgernähe, zog ihr gutes, altes Vetorecht. Zack! Ende Gelände. Im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt kann dort endlich wieder in Ruhe geparkt werden – und niemand muss sich mehr mit hüpfenden Jugendlichen, sportlicher Betätigung oder Lebensfreude im öffentlichen Raum herumschlagen.
Chapeau, Ingolstadt! Nach 14 Jahren habt ihr’s endlich geschafft: Ein komplett durchgeplantes, finanziertes und gesellschaftlich gewünschtes Projekt an der Deutschen Bahn vorbeizulotsen – nur damit es nicht gebaut wird. Das ist Verwaltungs-Performance auf höchstem Niveau. Ein echter Parkour der Bürokratie – mit Hindernissen, aber ganz ohne Bewegung. Meine Gratulation!
Ob es der Bezirksausschuss und der Stadtjugendring doch noch graderücken kann, wird am Dienstag, 8. April 2025 um 19:30 Uhr in der Halle neun besprochen. Die Sitzung ist natürlich öffentlich.