Viele Ratsuchende bei der Caritas in finanziellen Nöten
Studie zur Allgemeinen Sozialberatung / Kommunen sollen sich an Finanzierung beteiligen
Zum Großteil Geldnöte haben die Klientinnen und Klienten der Caritas-Sozialberatung im Bistum Eichstätt. Bei einer bundesweiten Stichtagserhebung am 26. September dieses Jahres gab mit 43 Prozent fast die Hälfte von 74 Ratsuchenden an den sieben Caritas-Kreisstellen in der Diözese an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben. Viele haben Schulden, sodass laut der Studie 36 Prozent der Klientinnen und Klienten an Schuldnerberatungsstellen weitervermittelt wurden. „Zu uns kommen mehrere hilfesuchende Menschen, die aus ihrem Existenzminium – also von ihrem Bürgergeld – Raten an Gläubiger zahlen“, berichtet Bernhard Gruber. Er ist Sozialberater bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt und Sprecher für die Allgemeine Sozialberatung der Caritas in der Diözese Eichstätt.
Überwiegend Bürgergeldempfänger
Fast 60 Prozent der an der Studie beteiligten Ratsuchenden waren Bürgergeldempfänger. Zum Teil beziehen sie diese Sozialleistung ergänzend zu einer Erwerbsarbeit, zum Beispiel in Billigjobs wie dem Bereich Security. Finanzielle Probleme entstehen laut Gruber auch häufig dann, wenn die Bearbeitungen von Anträgen bei den Ämtern sehr lange dauern. „Dann kann so mancher vorübergehend seine Miete nicht zahlen. Wir Caritasberaterinnen und –berater nehmen dann in der Regel Kontakt mit den Behörden auf, um zu hören, woran es hakt und um den Vorgang zu beschleunigen.“ Zu einer Unterdeckung komme es ab und zu ebenso, weil Bescheide falsch seien, indem etwa irrtümlicherweise Einkommen angerechnet wird, das gar nicht oder noch nicht vorhanden ist. Manchmal gelte auch die Miete von Betroffenen nicht als angemessen, „sodass sie einen Teil selbst zahlen müssen und dadurch finanziell in Bedrängnis kommen“, so Gruber.
Fast 40 Prozent der Ratsuchenden gab an, aufgrund von Sprachproblemen bei den Behörden zur Caritas zu gehen. „Die Komplexität bei sozialen Leistungen ist enorm. Da blicken viele nicht durch, vor allem Menschen mit Migrationshintergrund.“ Sie machten mit 54 Prozent über die Hälfte der befragten Klientinnen und Klienten aus. Auch die Caritasberatung war bei knapp einem Drittel aller Ratsuchenden durch Sprachprobleme erschwert. Ebenfalls rund ein Drittel hat laut der Studie Schwierigkeiten mit der Digitalisierung von Leistungen und Institutionen. „Unsere Klientinnen und Klienten haben zum Teil keine eigene E-Mailadresse oder keinen Computer. Und viele kommen mit den von den Behörden gewünschten Online-Anträgen nicht zurecht“, erfährt der Caritas-Sozialberater. Über 30 Prozent gab an, aus krankheitsbedingten Gründen die Caritas-Sozialberatung aufzusuchen. „Viele sind vorübergehend oder chronisch krank und beziehen Krankengeld. Leute mit psychischen Auffälligkeiten vermitteln wir zusätzlich an unsere Caritas-Beratungsstelle für psychische Gesundheit“, informiert Gruber.
Mit 48 Prozent waren fast die Hälfte aller Ratsuchenden männlich – wesentlich mehr als bei derselben Erhebung im Vorjahr. „Es kommen immer mehr alleinstehende Männer, die nach einer Trennung wohnungslos sind und meistens abwechselnd bei verschiedenen Bekannten übernachten. Sie haben bei uns eine Erreichbarkeitsadresse für die Post der Behörden. Zudem suchen uns ältere Herren auf, bei denen bisher die verstorbene Frau alles erledigt hatte.“ Vor allem um Seniorinnen und Senioren handele es sich auch bei den 44 Prozent der Befragten, die alleine leben. „Sie leiden nicht selten unter Einsamkeit. Für sie brauchten wir eine aufsuchende Seniorenarbeit, für die aber natürlich Gelder bereitgestellt werden müssen“, fordert der Caritas-Sozialberater. Über ein Viertel der Befragten bei der Stichtagserhebung hatte keinen Bildungsabschluss. Diese Menschen haben laut Gruber meistens wechselnde Arbeitsverhältnisse in Billigjobs innerhalb kurzer Zeit, unterbrochen von Phasen, in denen sie Bürgergeld beziehen.
Ein typischer Fall bei der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas ist ihrem Sprecher zufolge eine alleinerziehende Frau mit zwei minderjährigen Kindern, die in Vollzeit arbeitet. Ihr Mann, der sich ins Ausland abgesetzt hat, zahlt ihr keinen Unterhalt und kümmert sich auch sonst nicht um die Familie. Vielmehr hat er ihr gemeinsame Schulden für einen noch zu begleichenden Kredit hinterlassen. Mit dieser Frau bearbeitet Gruber derzeit unterschiedliche Anliegen: Er ist dabei, mit ihr aufgrund des fehlenden Einkommens des bisherigen Ehemanns das Existenzminimum zu sichern, vermutlich mit Anträgen auf Wohngeld und Kinderzuschlag. Außerdem verschafft sich Gruber, der auch Schuldnerberater ist, mit ihr einen Überblick über die Schulden. Da ein Kind eine Behinderung hat, stellt sich die Frage, auf welche Schule es gehen soll. Schließlich bemüht er sich auch darum, der psychisch belastenden Frau Sicherheit zu vermitteln, dass sie ihre Probleme in den Griff bekommen kann. „Bei der Caritas geht es uns immer um eine ganzheitliche Beratung“, betont Bernhard Gruber.
„Wegweiser durch den Behördendschungel“
Die Allgemeine Sozialberatung als Kerndienst der Caritas wird bisher ganz aus Eigenmitteln wie Kirchensteuern und Spenden finanziert. Gruber fordert im Namen des Caritasverbandes Eichstätt – wie es auch der Diözesan-Caritasverband München tut –, dass dieser Dienst zusätzlich eine einheitliche und langfristig gesicherte Förderung durch die Kommunen bekommt. „Schließlich erleichtern wir die Arbeit der Kommunen erheblich, in dem wir mit Betroffenen Anträge ausfüllen und Dokumente für sie einholen. Und wir sind für Hilfesuchende Ansprechpartner im Sinne einer Clearingstelle. Oft reicht ein Anruf, um ein Problem zu lösen.“ Insofern sei die Allgemeine Sozialberatung der Caritas auch ein „Wegweiser durch den Behördendschungel“, erklärt der Caritassprecher.
Allgemeine Sozialberatung leisten im Bistum Eichstätt die Caritas-Kreisstellen in Eichstätt, Herrieden , Ingolstadt, Neumarkt, Nürnberg-Süd, Roth und Weißenburg. Außenstellen gibt es zudem in Altdorf, Beilngries , Eibach , Gunzenhausen, Hilpoltstein, Kösching , Schwabach und Wemding.
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Mitarbeitende der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas wie Bernhard Gruber helfen bei existenziellen Problemen und erleichtern auch den Kommunen die Arbeit. Foto: Caritas/Stefanie Palme
Pressestelle/ Caritasverband für die
Diözese Eichstätt e.V.