Beratungen von Menschen mit Schulden gestiegen
Jahresbericht 2023 der zuständigen Caritasstelle in Ingolstadt beschreibt Herausforderungen
„Die vielfach diskutierte ‚Schuldenbremse‘ konnten wir im Jahr 2023 in unserer Beratungsarbeit nicht erkennen. Nach wie vor bleibt Überschuldung ein gesellschaftliches Phänomen.“ Darauf macht der Jahresbericht 2023 der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt aufmerksam. Diesem Bericht zufolge hatte die Stelle im vergangenen Jahr gut 400 Beratungsfälle von Haushalten, über 50 mehr als im Jahr zuvor. „Wir beobachten eine Zunahme von Kriseninterventionen und intensiven Beratungsfällen, die sehr viel Zeit in Anspruch nehmen“, heißt es. Von den über 400 Beratungen waren 145 Verbraucherinsolvenzberatungen.
Problem hohe Inflation
Im vergangenen Jahr hat laut dem Jahresbericht gerade die hohe Inflation mit stark gestiegenen Energiepreisen Klienten zur Caritas geführt. Mittlerweile sei zwar die Inflation eingedämmt worden, allerdings hätten sich Kredite verteuert. „Die Mietpreise bleiben hoch, immer mehr Menschen können sich nur noch Mieten im sozialen Wohnungsbau leisten. Auch die Verteuerung von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs wirkt sich zuallererst auf Menschen mit geringem Einkommen aus, trifft aber auch solche, die ihre Schuldverpflichtungen bisher noch im Griff hatten.“ In der Beratung erzählten immer mehr Menschen den Caritas-Mitarbeitenden, dass sie zur „Tafel“ gingen. Auch die Nachfrage nach Warengutscheinen für Möbel beim Caritas-Markt in Gaimersheim habe etwas zugenommen, heißt es. Nach wie vor verfügten knapp 50 Prozent der Klienten nur über ein Einkommen in Höhe des Existenzminimums. Außerdem müssten viele Klienten trotz Arbeit Bürgergeld in Anspruch nehmen, da sie wegen hoher Mieten und Energiekosten nicht genügend Geld zum Leben hätten. Doch habe das neue Wohngeld ab 2023 wesentliche Verbesserungen für Menschen gebracht, die vorher diese Leistung nicht erhielten.
Laut dem Jahresbericht hat die Stadt Ingolstadt eine Überschuldungsquote von 6,56 Prozent. „Nimmt man die Überschuldungsquote von Ingolstadt und rechnet diese in überschuldete Personen um, dann sind mehr als 7.600 Personen ab 18 Jahre in Ingolstadt überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf“, wird informiert.
Die Beratung bei der Caritas erfolgte dem Bericht zufolge in 83 Prozent aller Fälle persönlich, nur zu 9 Prozent telefonisch und zu 8 Prozent online. Mit Sorge wird eine fehlende finanzielle Allgemeinbildung festgestellt. Es mangele an Grundkenntnissen in den Bereichen Rechnen, Schreiben und Lesen. „Es werden leichtfertig Unterschriften unter Verträge gesetzt, deren Inhalt und Folgen nicht bedacht werden. Es wurde nie erlernt, wie Unterlagen zu ordnen beziehungsweise welche überhaupt wichtig sind. ‚Geschäftemacher‘ haben es leicht, Versicherungs- oder Handyverträge zu verkaufen.“ Motivierend für die Caritas-Beraterinnen und –Berater sei es, wenn Klienten sagen: „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich schon viel eher bekommen“ oder „Jetzt traue ich mich wieder, den Postkasten zu öffnen“.
Betont wird in dem Jahresbericht, dass die Caritas ein ganzheitliches Angebot leiste, das „die gesamte Lebenssituation in den Blick“ nimmt. „Nicht selten spielen die Schulden im ersten Gespräch kaum eine Rolle, weil es erst einmal um den Menschen geht und um seine Erwartungen, Ängste und Ressourcen.“ So sorgten die Sozialberatung für Schuldner und die Beratung bei Verbraucherinsolvenzverfahren im besten Fall für eine Verbesserung der gesamten Lebenssituation. Soziale Schuldnerberatung lohne sich auch finanziell: „Die Klienten sind nicht mehr so oft krank, sie haben mehr Motivation zu arbeiten oder ihre Arbeitsstelle zu behalten, familiäre Konflikte reduzieren sich.“
„Dauerbaustelle“ finanzielle Allgemeinbildung
Für die Zukunft erwartet die Caritasstelle eine weitere Nachfrage von ehemals Selbstständigen, die keine wirtschaftliche Perspektive mehr haben. Zudem werde vermutlich der Beratungsbedarf von Menschen mit Migrationshintergrund weiter steigen. „Höhere Preise sind weiterhin vor allem für Geringverdiener ein Problem. Der Konsum auf Pump bleibt, auch aufgrund von wirksamer Werbung, ein Dauerthema. Die finanzielle Allgemeinbildung bleibt eine ‚Dauerbaustelle‘. Hier hilft nur eine Stärkung der Prävention so früh wie möglich, am besten bereits ab der Grundschule als Querschnittsthema.“
Pressestelle/Caritasverband