Pro: Die bisherige Drogenpolitik hat einen Schwarzmarkt entstehen lassen
Pro: Die bisherige Drogenpolitik hat einen Schwarzmarkt entstehen lassen
Warum sollten weiche Drogen, wie Cannabis, legalisiert werden?
Stephanie Kürten: Unser Ziel sollte immer eine glaubwürdige, faktenbasierte Drogenpolitik sein. Gesundheitsschutz sowie der Schutz von Kindern und Jugendlichen stehen dabei im Mittelpunkt. Die bisherige Drogenpolitik hat einen Schwarzmarkt entstehen lassen, auf dem Drogen unkontrolliert zugänglich, Kinder und Jugendliche ungeschützt und gewaltsame Strukturen oftmals Grundlage sind. Außerdem bindet der repressive Ansatz, Drogenkonsument*innen zu verfolgen, bei Polizei und Staatsanwaltschaften Kräfte, die an anderer Stelle fehlen.
Welche Vorteile hat eine Legalisierung von weichen Drogen?
Kürten: Viele der gesundheitlichen Risiken sind Folgen der Kriminalisierung von Drogen und ihres Handels auf dem Schwarzmarkt. Die Wirkstoffkonzentrationen schwanken zwischen fünf bis 60 Prozent. Dealer*innen benutzen alles Mögliche, von Glas über Mehl bis hin zu Blei, um das Volumen zu strecken und so noch mehr Geld zu verdienen.
Der Reiz Cannabis und Marihuana zu konsumieren besteht teilweise auch darin, etwas Verbotenes zu tun. Besteht dadurch nicht die Gefahr, dass das Einstiegsdrogenniveau härter wird?
Kürten: Verbote halten niemanden davon ab, etwas Verbotenes zu tun oder auszuprobieren. Auch die Todesstrafe verhindert Kriminalität nicht, weil man als Täter*in ja davon ausgeht, nicht erwischt zu werden. Cannabis und Marihuana zu legalisieren hat in erster Konsequenz etwas mit Jugendschutz zu tun. Durch das Austrocknen des unkontrollierbaren Schwarzmarktes wird es leichter. Auf einem regulierten, legalen Markt wird der Erwerb oder Besitz von Cannabis für Menschen unter 18 Jahren gesetzlich untersagt, ähnlich den heutigen Regularien bei hartem Alkohol. Zudem wollen wir strenge Regelungen zum Jugendschutz einführen, beispielsweise ein Verbot, Cannabisfachgeschäfte zu betreten.Wichtig ist auch, die Auswirkungen eines Kontrollgesetzes regelmäßig evaluieren, um so möglichen Fehlentwicklungen rechtzeitig begegnen zu können.
Wie könnte eine solche Legalisierung idealerweise aussehen?
Kürten: Die Drogenpolitik sollte auf den drei Säulen Prävention, Regulierung und Schadensminderung stehen. Es geht darum, Kinder und Jugendliche vor Drogenkonsum zu schützen. Eines ist nämlich klar: Cannabis ist Grund Nummer Eins, warum Jugendliche eine Suchtberatungsstelle aufsuchen, denn niemand auf dem Schwarzmarkt fragt nach dem Ausweis. Die kontrollierte Abgabe ist also gerade eine Möglichkeit, den Jugendschutz auch effektiv durchzusetzen. Um den Schwarzmarkt für Cannabis auszutrocknen und die organisierte Kriminalität zurückzudrängen sollte also ein Cannabiskontrollgesetz eingeführt werden. Es ermöglicht die legale und kontrollierte Abgabe von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften. Gleichzeitig entsteht ein reguliertes und überwachtes System für Anbau, Handel und Abgabe von Cannabis. Flächendeckendes Drugchecking auf gefährliche Inhaltsstoffe und Beimischungen speziell in Clubs und Bars wäre auch wünschenswert. Damit werden die bestehenden gesundheitlichen Risiken psychoaktiver Substanzen zum Teil eingeschränkt, Vergiftungen oder Überdosierungen reduziert. Gleichzeitig müssen so oder so die niedrigschwelligen Angebote in der Drogen- und Suchthilfe ausgebaut werden – dazu zählen etwa aufsuchende Sozialarbeit, Substanzanalysen, Substitutionsprogramme auch in Haftanstalten und Angebote für Wohnsitzlose sowie die bessere Vermittlung in ambulante und stationäre Therapie.
Zur Person
Stephanie Kürten ist Stadträtin und Kreissprecherin von Bündnis90/Die Grünen in Ingolstadt
Ein Artikel aus der IN-direkt Print (Seiten 12-13)