Professor Perkins – Mann der Überraschungen
Als Attentäter auf Königin Elizabeth verdächtigt, als englischer Spitzendiplomat geehrt (Teil 2)
Autor: Dr. Dr. Gerd Treffer
Deutlich wird in dieser Zeit auch Perkins Verankerung in der englischen Oberschicht. William Cecil besuchte damals Rom und Perkins schaltete sich ein, als dessen Äußerungen in religiösen Fragen geeignet schienen, diplomatischen Schaden anzurichten.
Perkins, heißt es, habe den „jungen Cecil“ nach England zurückgeleitet, was ihm die Gunst von dessen Großvater, dem berühmten Lord Burghley, eingetragen habe. eines der staatstragenden Beamten ihrer Majestät Elizabeth I zu sein.
1587 war Perkins nachweislich in Prag. Nach wie vor aber stand er auf der „government‘s list of recusants abroad“, auf der Liste jener, die den Gottesdienst in der von der anglikanischen Staatskirche vorgeschriebenen Form verweigerten.
In Prag begegnet Perkins Edward Kelley, einem 1555 in Worcester, an unbekanntem Ort geborenen Alchimisten und Spiritisten, der vor allem aus seiner Zeit mit dem Alchimisten John Dee bekannt ist, welcher am Hofe Elizabeths einen gewissen Ruf als Astrologe, Mathematiker sowie Gelehrter besaß. Die beiden zwielichtigen Gestalten reisten 1583 nach Prag zu Kaiser Rudolf II., einem Förderer okkulter Lehren. Nach einigen Monaten wurden sie auf Verlangen des päpstlichen Gesandten, der sie wegen Ketzerei und Hexerei anklagen wollte, aus Prag verwiesen. Kelley wirkte in der Folge an verschiedenen Orten, u.a. bei Wilhelm von Rosenberg in Wittingen. Nach der Trennung von Dee kehrte er nach Prag zurück und versuchte sich als alchimistischer Goldmacher. Aus dieser Zeit stammt seine Verleumdung von Perkins. Kelley beschuldigte ihn, ein Spion und Geheimagent des Papstes zu sein und ein Mord-Attentat auf Königin Elizabeth vorbereitet zu haben.
Eine solche Beschuldigung war nicht leicht abzutun, da es bereits einmal einen Ingolstädter Jesuiten-Professor gegeben hatte – Nikolaus Floris (genannt Goudanus), der 1550 an Stelle von Salmeron an die Universität gekommen war und der selbst zu einem engen Mitarbeiter des (Heiligen) Petrus Canisius wurde, der sich agentenmäßig in die englisch-schottischen Angelegenheiten einzumischen versucht hatte.
1552 hatte der Holländer zusammen mit Canisius Ingolstadt verlassen und war mit ihm nach Wien gezogen. 1557 hatten beide am Wormser Religionsgespräch teilgenommen. Es heißt, trotz seiner schwächlichen Gesundheit sei Floris dem Canisius dort eine große Stütze gewesen. Anschließend (oder erst 1560) sei er ins Jesuitenkolleg Löwen gegangen.
1561, schreibt Engelbert Buxbaum im Biographischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität, wurde er „mit der heiklen Mission beauftragt, als päpstlicher Gesandter im calvinistischen Schottland die Lage der Katholiken zu sondieren und Maria Stuart in ihrer Treue zur katholischen Kirche zu bestärken. 1562 reiste Floris in der Tat nach Schottland und traf – von den Calvinisten beargwöhnt, sodass er das Land als Matrose verkleidet verließ – mit der Königin zusammen“.
Insoweit mochten die Konspirationsvorwürfe gegen Perkins im Juni 1589 auf fruchtbaren Boden fallen.
(Kelley wurde übrigens 1591 auf kaiserlichen Befehl aufgrund eines gemeinen Kriminaldeliktes verhaftet. „Der Fall erregte internationales Aufsehen; man spekulierte über die ‚wahren Gründe‘ der Inhaftierung und… Elizabeth I. verwendete sich für ihn letztlich erfolglos.
Dennoch kehrte Perkins kurz darauf nach England zurück und scheint verhaftet worden zu sein. Am 12. März 1590 wandte er sich brieflich an Francis Walsingham, den Staatssekretär des Königreiches. Sir Francis führte ein ausgedehntes und erfolgreiches Spionagenetz und vereitelte mehrere Attentate auf seine Königin, ein Mann, dem man in Sachen Verschwörung kaum etwas vormachen konnte. Perkins beschuldigte bei dieser Remonstration Kelley seinerseits und berief sich auf eine Empfehlung des Königs von Polen als Beweis seiner Schuldlosigkeit. Schon am 9. Mai wurden Perkins Finanzmittel für eine (diplomatische) Mission in Polen und Preußen überwiesen. Man könnte sagen: Perkins war nach England heimgekehrt.
Fortan wurde er mit einer Reihe diplomatischer Missionen betraut, die oft Handelsfragen betrafen. Und ihn ins deutsche Reich zu Kaiser Rudolf II und in die Hanseniederlassungen führten. 1591 war er „Botschafter“ in Dänemark. Im Januar 1592 reiste er nach Polen, war den Sommer über aber zurück in Dänemark, verhandelte im Juni und Juli 1593 mit dem Kaiser in Prag, besuchte 1595 Elbing, Lübeck und andere Hansestädte. Nach eigenem Bekunde war er von den Polen gern gesehen, und der König versuchte, ihn zu bewegen, in seine Dienste zu treten, wogegen sich der Klerus heftig wehrte, unterstützt vom Papst. (Manche behaupten, der Papst habe einen Preis auf seinen Kopf gesetzt, was übertrieben, aber nicht unmöglich erscheint, wenn man bedenkt, dass Perkins einst mit der Elite der Jesuiten verkehrte und nun politische Interessen eines aus katholischer Sicht Feindstaates vertrat.)
Zwischen diesen diplomatischen Missionen war Perkins als Regierungsberater für Handelsbeziehungen insbesondere auch mit den baltischen Staaten tätig, war Mitglied mehrerer Regierungskommissionen – so 1593 Teil eines Schiedsgerichtes, das alle Streitfälle zwischen Engländern und Untertanen des Königs von Frankreich im Zusammenhang mit Piratentum regelte.
1595 wurde er zum Dean of Carlisle ernannt. Helmut Zedelmaier fügt an: „Die politische Karriere des ehemaligen Jesuiten war damit nicht zu Ende“: 1597 und 1601 wird Perkins zum Parlamentsabgeordneten für Ripon gewählt und galt fortan im Unterhaus als ein Schwergewicht in Handelsangelegenheiten. Von 1604 bis 1611 war er Member of Parliament für Morpeth.
Als Königin Elizabeth 1603 verstarb und ihr als nächster Verwandter der schottische König James IV. als James I. nachfolgte wurden zunächst einmal Perkins Bezüge erhöht. 1603 wurde er in eine Kommission zur Unterdrückung von Druckwerken berufen, die ohne Druckerlaubnis erschienen waren. Am 23.Juli 1603 wurde Perkins von James I.in Whitehall geadelt. 1605 wurde Sir Christopher Mitglied der Rechtsanwaltskammer, der auch politisch einflussreichen Körperschaft der hohen Juristen des Königreiches. Ab 1617 bekleidete er das noch bedeutendere Amt eines Masters of Request.
Perkins starb in den letzten Augusttagen 1622. Er wurde am 1. September in Westminster Abbey bestattet.