Tiefe Einblicke: Der Stadtrat auf herbstlicher Baustellentour
„Das Format macht Spaß und man ist an der frischen Luft. Daran könnten wir unabhängig von Corona festhalten,“ meinte Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll an der „Endstation“ der Baustellenfahrt bzw. Radltour des Ingolstädter Stadtrats. Angelangt in der Taschenturmstraße hatten sich zuvor rund 40 Personen aus Stadtverwaltung und Stadtrat auf den (Radl)Weg gemacht, um aktuelle Bauprojekte zu besichtigen.
Sammelpunkt war der Rathausplatz, wo die Radler von Bürgermeisterin Deneke-Stoll und Baureferent Alexander Ring begrüßt wurden – und schon gings in Richtung Gießereigelände los.
Haltepunkt 1: Der beinahe Shared Space in der Roßmühlstraße
Unübersehbar in Schräglage geraten bzw. umgefallen sind aktuell die neuen Designlichtstelen, die im Bereich der Esplanade zum Paradeplatz installiert wurden. Ein 40-Tonner und ein Reisebus waren Schuld dran, erläuterte Alexander Ring beim ersten Zwischenstopp der Radlgruppe. Der Verkehr – ein wichtiges Thema an dieser Stelle, denn die Baustelle und die gesperrte Roßmühlstraße wirken sich stark auf den gesamten Verkehr in der Innenstadt aus. Doch es ist ein Ende in Sicht: „Der Durchstoß zur Schloßlände soll im Dezember fertig werden,“ erklärte der Baureferent. In der nächsten Phase würde dann die Straße auf der THI Seite angepackt, in Stufe drei werden Geh- und Radwege zur Schloßlände gebaut. Am Ende entsteht hier kein astreiner, aber ein „beinahe shared space“, also ein Miteinander unterschiedlicher Fortbewegungsarten. Ring erläuterte den Stadträten außerdem die Bauarbeiten auf dem ehemaligen Gießereigelände, durch die das künftige MKKD bei Startregenereignissen vor Wassereinbrüchen geschützt wird.
Haltepunkt 2: Klein und schüchtern war gestern
Die Truppe steuerte die Baustelle an der Lessingschule an. Der Neubau ist nicht zu übersehen und innen drin entlockte er manch einem Stadtrat den Ausruf: „Na, das ist mal ne Aula!“ Baureferent Ring („Die Aula ist ein Highlight des Gebäudes“) betonte bei diesem Bauprojekt gelte das Motto: „klein und schüchtern war gestern“. 3565 Quadratmeter Hauptnutzfläche und 30 Millionen Euro Baukosten sprechen für sich. Das Areal wird an die Fernwärme angeschlossen, das Gebäude bekommt eine Photovoltaikanlage und nach dem Umzug in die neue Schule wird das alte Schulgebäude nebenan abgerissen. „Wir bewegen hier einiges an Erdmasse,“ meinte dazu Hochbauamtsleiter Wolfgang Pröbstle. Allein die Außenanlagen des Schulgeländes kosten 4 Millionen Euro. Und wo sich die Stadträte gerade noch in einem Erdgeschoss wähnten, wird bei Abschluss des Projekts das erste Stockwerk beginnen.
Haltepunkt 3: Ein Parkplatz mit Ambitionen
Der Parkplatz an der Eichendorffstraße im Nordosten der Stadt ist „aufgehübscht“ worden. Zwischen der Kirche St. Josef und der Pestalozzi-Schule ist jetzt eine aufgeräumte Fläche mit neuem Belag entstanden, die mehr sein kann als reiner Parkraum. „Hier kann auch mal ein Bürgerfest veranstaltet werden und der Platz eignet sich auch, um etwa einen Maibaum aufzustellen,“ meinte Alexander Ring.
Haltepunkt 4: Eine Baustelle, die Freude macht
Der Anbau der Christoph-Kolumbus-Schule war das nächste Ziel der Baustellentour. Für 12 Millionen Euro entsteht hier eine Schulerweiterung aus Stahlbeton, in der u.a. Verwaltungsräume und Platz für die Mittagsverpflegung und die Nachmittagsbetreuung geschaffen werden. Oben drauf kommt auch hier eine Photovoltaikanlage und ein Teil wird zum Gründach. Begonnen wurde mit den Bauarbeiten im März und das Projekt geht zügig voran. Alexander Ring war voll des Lobes: „Das ist eine sehr gut geführte Baustelle. Es ist eine, die mir Freude bereitet.“
Haltepunkt 5: Ein Zuhause für wohl temperierte Kindergartenkinder
In der Waldeysenstraße wird derzeit eine großzügig gestaltetet Kindertagesstätte gebaut – quadratisch (28 mal 28 Meter), praktisch, gut. Kostenpunkt: 6,2 Millionen Euro. Der Ziegelbau mit mehreren, ineinander führenden Dachflächen kann 5 Gruppen (also maximal 125 Kinder) beherbergen, egal ob Krippenkinder oder Kindergarten – man kann sich hier auf den jeweiligen Bedarf einstellen. Die Schlafräume sind gekühlt, das Gebäude ist mit Luftwärmepumpen ausgestattet. Die Fertigstellung ist für kommenden März geplant.
Haltepunkt 6: Eine spektakuläre Baugrube
„Da geht’s ganz schön tief runter!“ Oh ja. Wo einmal der neue Ostflügel des Reuchlin-Gymnasiums stehen soll, befindet sich eine der wohl spektakulärsten Baugruben der Stadt. Ganz unten, wo die kräftigsten verfügbaren Stahlstäbe verarbeitet werden, wird einmal eine neue Einfachturnhalle sportliche Nutzer beheimaten. Und darüber entsteht Platz für den naturwissenschaftlichen Zweig des Reuchlin. Die aktuelle Schätzung geht von rund 37,4 Millionen Euro Kosten aus. Eine spezielle „Just-in-Time“ Bauweise mache es laut Baureferent möglich, in diesem engen Altstadtbereich effizient zu bauen. „Das ist unser kompliziertestes Bauvorhaben,“ meinte Hochbauamtsleiter Wolfgang Pröbstle, „und die Länge des Projekts mutet den Anwohnern schon was zu.“ Alexander Ring erklärte dazu: „Die Nachbarn haben sich sehr kooperativ gezeigt.“ Der gesamte Bau, also die Generalsanierung des denkmalgeschützten Hauptbaus sowie Abriss und die Neuerrichtung der Anbauten Ost und West, soll 2026 abgeschlossen werden.
Endstation: Sanierung nach über 100 Jahren
„Wir haben hier eine typische Altstadtbaustelle,“ erklärte Thomas Schwaiger, Vorstand der Kommunalbetriebe, an der Endstation der Tour in der Taschenturmstraße. Kleine Straße – große Herausforderung: Eine schwierige Spatenlage machte die Arbeiten nicht einfach, ebenso waren vier Wochen Verzögerung wegen archäologischer Funde zu verbuchen. In der Taschenturmstraße wurde der Entwässerungskanal saniert, was nach über 100 Jahren (er stammt aus dem Jahr 1904) wohl auch dringend nötig ist. Die alten Leitungen hatten einen Durchmesser von 20 bis 30 Zentimetern, nun wurden 400er bis 600er Rohre verlegt. Zugleich erledigten die Kommunalbetriebe die Arbeiten für die ComIN und das Tiefbauamt mit. Schwaiger betonte dabei, dass man solche und andere Baustellen grundsätzlich mit den Ämtern und städtischen Tochtergesellschaften gemeinsam koordiniere und sich auch regelmäßig zum Austausch treffe.
Zum Abschluss wurde dem Orga-Team des Hauptamtes für die Organisation der Radroute gedankt. Und wer weiß, vielleicht bleiben die Ingolstädter Stadträte ja auch künftig bei ihren Baustellenbesichtigungen dem Zweirad (gerne auch mit E-Antrieb) treu. „Man sieht vieles aus einer ganz andere Perspektive,“ meinte dazu zum Beispiel Patricia Klein.