Umweltreferent Ebner: Als gäbe es Lösels KO-Runden noch
Man könnte es einen „gepfefferten Abschiedsbrief“ nennen, den der scheidende Umweltreferent Rupert Ebner an den Kreisverband der Grünen geschickt hat. Dort stand das Thema Umweltreferat auf der Tagesordnung. Bekanntlich soll das Referat im Rahmen einer Neuorganisation der Verwaltung künftig der dritten Bürgermeisterin und Parteikollegin Ebners, Petra Kleine, zugeordnet werden. Sollte es dennoch gelingen, ein Umwelt- und Klimaschutzreferat zu erhalten, werde er für dieses Amt nicht kandidieren, erklärt Rupert Ebner in seinem Brief.
Er selbst hat den Brief, der sich – wenn von gestern die Rede ist – auf die Sitzung des Grünen Kreisverbands bezieht, an die Presse weiter geleitet, denn dadurch sei laut Ebner „ausgeschlossen, dass Teile aus dem Zusammenhang gerissen werden oder Interpretationen weitergeben werden, die Dinge, die ich klar angesprochen habe, verzerrt wiedergeben.“ Hier der Brief im Wortlaut:
Liebe Mitglieder*innen des GRÜNE Kreisverbands Ingolstadt,
nach dem Telefonat mit dem frisch inthronisierten Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf am 18.Mai um 18.14 Uhr ist für mich schon eine Welt zusammengebrochen. Ich war schlicht fassungslos. Aber es war nicht nur der Inhalt dieses Telefonats, sondern auch seine Absolutheit.
Das Referat „Gesundheit, Klimaschutz und Umwelt, dass ich nun fast 6 Jahre die Ehre hatte leiten zu dürfen, wurde durch einen Stadtratsbeschluss eingerichtet.
Der GRÜNE Kreisverband hat mich damals nach intensiver und fairer Diskussion mit Unterstützung der damaligen Fraktion ins Rennen geschickt.
Nun war es wohl ein erlauchter Kreis von Stadträten, die sich um den Oberbürgermeister Dr. Scharpf versammelt hatten, mit dabei auch die Fraktionsspitzen der GRÜNEN Stadtratsfraktion, die final beschlossen, dass das Umweltreferat abgeschafft wird.
Das Verfahren erinnerte mich sehr an die unter Altoberbürgermeister Dr. Lösel üblichen KO-Runden (KO steht für Koalitionsrunden), in denen die Dinge final beschlossen wurden, die dann von der entsprechenden Stadtratsmehrheit in den allermeisten Fällen durchgewunken wurden. Ich war immer der Meinung, wir GRÜNE wollen solche Runden nicht mehr, sondern in transparenten Beratungen, nach den besten Lösungen suchen.
Auf Nachfrage an Oberbürgermeister Dr. Scharpf bei diesem Telefongespräch nannte er mir keine Gründe, lediglich dass ich ja schon 66 Jahre alt sei und dass es final so beschlossen sei.
Die Bayerische Gemeindeordnung sieht ausdrücklich vor, dass kommunale Wahlbeamte in Ämter gewählt werden können, wenn sie das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Wer also mein Alter als Grund für meine Nicht-Verlängerung anführt, verstößt grob gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu dem jede Kommunalverwaltung verpflichtet ist.
Aus der Zeitung erfuhr ich dann, dass ich wohl als Gesundheitsreferent nicht weiter tragbar sei, da ich Konflikte mit der Leitung des Gesundheitsamtes hätte. Es sollte der Eindruck erweckt werden, dass ich nicht in der Lage sei dieses Amt als Referent zu betreuen.
Daraus wurde dann der Schluss gezogen, dass ein Referat, das nur aus Umwelt und Klimaschutz bestünde, zu wenig umfangreich sei, um es mit einem Referenten zu besetzen.
Mitnichten! –
wenn es die Stadt Ingolstadt mit Klima- und Umweltschutz ernst meint!
Man muss sich nur den personellen und organisatorischen Aufwand anschauen, den andere Städte auf diesem Gebiet betreiben. Ihr kennt ja inzwischen das Beispiel Würzburg, hier wurde das Referat Umwelt und Klimaschutz massiv aufgewertet, inhaltlich wie personell.
Doch nun zurück zur Problematik Gesundheitsamt.
Alle, die bei der Bewältigung der Corona-Pandemie beteiligt waren, wissen, wo das zentrale Problem des Gesundheitsamtes liegt, und schon vor der Corona-Pandemie lag, sicher nicht beim Referenten für Gesundheit. Inzwischen haben sich zahlreiche Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes zu den Problemen im Gesundheitsamt gegenüber dem Personalrat geäußert. Egal, wer für das Gesundheitsamt Ingolstadt einmal verantwortlich sein wird, wird den Konflikt mit der derzeitigen Leiterin des Gesundheitsamtes, sollte diese weiter im Amt bleiben, austragen müssen, so er oder sie sich für die Sorgen und Anliegen der übrigen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes interessiert.
Doch nun zurück zur Abschaffung des Umweltreferates. Abgeschafft werden soll das Referat für Klimaschutz und Umwelt.
Es muss gestärkt werden, inhaltlich wie personell und nicht abgeschafft!
Trotz des Stadtratsbeschlusses vom 14.04.2015 „Klimaneutrales Ingolstadt 2050“ und trotz meiner unablässigen Bemühungen in den vergangenen 6 Jahren, ist aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im letzten Ingolstädter Stadtrat, dieser Beschluss auch nicht annähernd umgesetzt worden. Fortschritte die leicht möglich gewesen wären, wie z.B. die Erstellung eine nachvollziehbaren Klimabilanz nach der BISKO- Methode (Bilanzierungs-Methodik-Kommunal) wurden mit fadenscheinigen Argumenten verhindert.
Erst zum Ende der Wahlperiode, und nur mit einer externen Finanzierung konnte die Stelle eines Klimaschutzmanagers (vergleichbare Städte haben pro 20.000 Einwohner eine Klimaschutzmanager*in) eingerichtet werden (derzeit läuft das Bewerbungsverfahren).
Meine Erwartungen waren, und ich denke auch die unserer GRÜNEN Wähler*innen, dass nach dem Wechsel an der Stadtspritze und den veränderten Mehrheiten im Stadtrat, eine neue Struktur, ein eigenes Amt für Klimaschutz, personell gut ausgestattet, geschaffen würde.
Nun soll eine Stabsstelle, angesiedelt bei der 3. Bürgermeisterin all diese Arbeit erledigen.
Die Pläne, die gestern verkündet werden sollten, sind übrigens viele Wochen alt und wurden nicht von der Stadtverwaltung, sondern in grünen Kreisen entwickelt und entsprechend grafisch zu Papier gebracht.
Mir persönlich wurden sie nie vorgestellt. Dass diese gestern Abend so verkündet werden sollten, kann ich daraus ableiten, dass sie so meinen engsten Mitarbeitern in Gesprächen mit der Bürgermeisterei in den letzten Tagen mitgeteilt wurden.
Ich wurde in diese Pläne durch die Bürgermeisterei nie eingeweiht. Meine bisherigen Informationen stammten ausschließlich aus der Presse.
Kein Mitglied des GRÜNEN Kreisverbandes hatte bisher einen so tiefen Einblick in die städtische Verwaltung wie ich. Bisher stand immer, ich sage es bewusst polemisch, Beton und Asphalt, im Mittelpunkt der städtischen Planungen. Umwelt- und Klimaschutz wurden als lästig empfunden und kamen nur auf die Tagesordnung, wenn der öffentliche Druck dazu führte, dass man das Thema nicht zur Seite wischen konnte.
Bürgermeister Dr. Christian Scharpf hatte im Vorfeld erklärt, er wünsche, dass seine Stellvertreter*innen keine Referate führen. Ich meine, dafür gibt es gute Gründe. Die Menschen der Stadt, die Vereine, die Betriebe, wünschen sich einen Bürgermeister vor Ort, zu Gesprächen, bei ihren Feierlichkeiten, bei wichtigen Terminen in ihren Betrieben.
Die Enttäuschung bei den Menschen ist immer groß, wenn der Terminkalender des Oberbürgermeisters bzw. der Bürgermeister*innen dies nicht zulässt.
Nun wird also erklärt, mit der Unterstellung des Themas Umwelt- und Klimaschutz an die 3. Bürgermeisterin, sei ein Umweltreferat unnötig. Es wird erklärt, das Thema Umwelt würde dadurch sogar aufgewertet, es kann so quasi neben den eigentlichen Aufgaben einer 3. Bürgermeisterin mit erledigt werden und dadurch noch mehr Beachtung finden.
Bei aller Wertschätzung der 3. Bürgermeisterin, das wird ihr nicht gelingen!
Ohne eine rechtlich sauber definierte Verantwortung für entsprechende Ämter, ohne die zeitlichen Möglichkeiten werden die Themen Klimaschutz und Umwelt nicht den Platz in der laufenden Stadtratsperiode einnehmen, den sie trotz oder gerade wegen Corona, brauchen.
Dass die Themen Umwelt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine starke Lobby in der Stadtverwaltung brauchen, konnte man schon nach der Antrittsrede von Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf erkennen. Weder das Wort Umwelt, noch die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit kamen in seiner Rede vor. Ich war mir nach dieser Rede mit Stadträtin Petra Kleine einig, dass es da für uns GRÜNE noch viel zu tun gibt.
Auch ein weiteres schon jetzt erkennbares Indiz, dass Umwelt und Klimaschutz nicht im Fokus des neuen Oberbürgermeisters stehen sind die neuen interfraktionellen Arbeitskreise „Stadtentwicklung – Vision Ingolstadt 2050“ und „Bauland“, hier werden explizit nur das Referat VII – Stadtentwicklung und Baurecht und das Referat II Finanzen und Liegenschaften als beauftragte Referate genannt.
Ich habe ja viele Pläne vorgelegt, was alles zu tun wäre. Ja, es ist richtig, ich hätte viele dieser Dinge gerne selber vorangebracht.
Inzwischen habe ich Abstand gewonnen und kann mir auch nicht mehr vorstellen, vertrauensvoll mit Menschen zusammen zu arbeiten, die so viel Unglaubwürdiges und schlicht Unwahres und Verletzendes in die Welt gesetzt haben. Auch wenn ich überzeugt bin, dass vieles von dem was ich aufgegriffen und auf den Weg gebracht habe, auch durch mein Wissen und meine Kontakte schnell einer guten, GRÜNEN Lösung hätte zugeführt werden können.
Aber auch ich weiß, jeder Mensch ist ersetzbar. Aus diesem Grund habe ich, nicht erst seit heute, folgende Entscheidung getroffen. Es macht Euch, den Mitgliedern des GRÜNEN Kreisverbandes leichter, für ein Umwelt- und Klimaschutzreferat zu kämpfen, wenn dieser Kampf unabhängig von meiner Person geführt wird.
Ich werde mich, sollte es Euch gelingen, dieses Referat zu erhalten, zu erweitern und besser auszustatten, nicht für dieses Amt bewerben.
Ich werde bis zur letzten Stunde meiner Amtszeit alle meine Pflichten so gewissenhaft wie irgend möglich erfüllen, bereite mich aber gleichzeitig auf ein Leben danach vor.
So werde ich heute an der Versammlung nicht teilnehmen, weil ich eine Veranstaltung in meinem Ehrenamt als Vorstandsmitglied von Slow Food Deutschland leiten soll und dies nun auch tun werde.
Diesem Amt werde ich mich in Zukunft verstärkt widmen. Weiter werde ich mich als Autor versuchen. Mein Buch „Pillen vor die Säue“ wird im Oktober erscheinen und auch den Tierarzt Rupert Ebner wird es ab September wieder geben. Auch werde ich Dinge, die ich erst nach meinem Ausscheiden aus dem Amt, das ich für das Jahr 2024 geplant hatte, schon jetzt in Angriff nehmen.
Macht Euch also keine Sorgen um mich. Ich war die letzten fast 6 Jahre keinen Tag krank und hoffe, dass es so bleibt.
Daneben werde ich mich nicht zurückhalten und als GRÜNES Parteimitglied immer dann meine Stimme auf kommunaler, bayerischer und deutscher Ebene erheben, wenn ich der Meinung bin, dass mein Wissen, meine Lebenserfahrung, der GRÜNEN Idee nützlich sein könnte.
Gebt Euch nicht geschlagen, kämpft für ein gut ausgestattetes Referat „Klimaschutz und Umwelt“.
Euer Rupert