Eine Krise mit finanzieller Langzeitwirkung auf die Stadt
Dass die Corona-Pandemie nicht ohne Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt Ingolstadt bleiben würde, war klar. Eine erste Einschätzung dazu, wie „teuer“ die Krise die Stadt kommt, gab Finanzreferent Franz Fleckinger den Mitgliedern (und Gästen) des Finanz- und Personalausschusses. So richtig „durch schlagen“ werde die Krise im Jahr 2021 und 2022: „Dann erwarten wir eine Delle!“ so Fleckinger.
Der große und unsichere Brocken ist die Gewerbesteuer. Der Arbeitskreis Steuerschätzung geht aktuell von einem Minus von 24,8 Prozent bei der Gewerbesteuer im laufenden Jahr aus. Im gesamten Zeitraum 2020 – 2023 werden geschätzt 106,6 Millionen Euro weniger an Gewerbesteuer eingenommen werden: „Und das ist nicht einmal der worst case,“ so Fleckinger. Er betonte aber auch: „Hier Prognosen aufzustellen ist schwierig.“ Gerade bei den großen Unternehmen gäbe es Veränderungen, die unvorhersehbar seien. Das hat man auch schon in der Vergangenheit erfahren. Problematisch sei dabei auch die industrielle Monostruktur – sprich: wenn es bei Audi bzw. VW schlecht läuft, hat und hatte das direkte Auswirkungen auf die Steuereinnahmen der Stadt.
Die Einkommensteuer könnte dieses Jahr um 7,9 Prozent sinken. Für die Einkommensteuerbeteiligung der Stadt Ingolstadt bedeutet das nach jetziger Schätzung, dass in den Jahren 2020 bis 2023 rund 30 Millionen Euro weniger in die Stadtkasse fließen. Und auch in den Jahren danach kann sich die Corona-Krise noch bemerkbar machen, denn in die Schlüsselzahlen für die Einkommensteuerbeteiligung werden für 2024 die Bezieher von Kurzarbeitergeld mit einberechnet. Aus der Umsatzsteuerbeteiligung dürften es für den Zeitraum 2020 – 2023 rund 5,7 Millionen Euro weniger sein.
Dass man bereits jetzt von der Substanz lebe, habe ihm die Regierung von Oberbayern bereits mitgeteilt. Jetzt geht’s ans Eingemachte:, „Wir bräuchten bis 2024 rund 200 Millionen Euro an Kreditaufnahmen, um die wesentlichen Investitionen zu ermöglichen,“ so Fleckinger. Dabei wären Ende 2021, Anfang 2022 bereits die ersten Kredite aufzunehmen. Dazu müssten die Rücklagen komplett aufgebraucht werden, denn allein für alle geplanten oder angedachten relevanten Projekte der Stadt würden bis 2024 über 300 Millionen Euro benötigt. Die Personalkosten liegen dazu bei 160 Millionen Euro pro Jahr. Die Mittel würden gebraucht, so Fleckinger. Aber es wäre verfrüht, nun über Deckelungen, Investitionsstopps oder Personalabbau zu reden. Es ginge nun darum, fest zu legen, welche Aufgaben erfüllt werden müssen. Und diese Entscheidung liege nun beim Stadtrat.
Oberbürgermeister Christian Scharpf erklärte angesichts der Aussichten: „Wir kommen nicht umhin, das extra zu diskutieren und werden nach den Ferien zu einer eigenen Strategiesitzung einladen.“ Man müsse nun gemeinsam überlegen, was man sich leisten könne und was nicht. „Das geht nur gemeinsam und wenn wir uns die nötige Zeit nehmen.“
Ex-Finanzbürgermeister Albert Wittmann (CSU) erklärte, dass die goldenen Zeiten langsam dem Ende entgegen gehen würden. Er mache sich vor allem Sorgen um den Verwaltungshaushalt: „Bei einem Minus der Gewerbesteuer von 20 bis 30 Prozent bedeutet das, dass wir unser Personal nicht mehr bezahlen können.“ Dabei warnte er auch davor, gerade bei der Gewerbesteuer sich zu sehr auf die Schätzungen des Arbeitskreises Steuerschätzung zu verlassen. „Bei allem, was über Schulen und Kindertagesstätten hinaus geht, muss überlegt werden, ob man sich das leisten kann. Und wir
müssen aufpassen, die Verwaltung nicht zusätzlich aufzublähen.“ Es gäbe keinen Grund schwarz zu malen, aber einen Grund, vorsichtig zu sein. Hans Stachel (FW) meinte dazu, man müsse nicht gleich Personal einsparen, aber sorgsam auf das Thema Verwaltungshaushalt und Investitionshaushalt schauen. Eine Zweitwohnungssteuer mache für ihn dabei in Ingolstadt keinen Sinn. Christian Höbusch (Grüne) gab zu Bedenken, dass nach dem Urteil des BGH im Dieselskandal womöglich noch mit weiteren sinkenden Steuereinnahmen zu rechnen sei. Zahlen hierzu gibt es aber noch nicht.
Und auch die Zahlen dieser ersten „Corona-Steuer-Einschätzung“ können sich bald schon wieder ändern, denn erst Mitte Juli sind auch die Monate mit einberechnet, in denen die Krise voll zugeschlagen hat.