Alltag in der Pflege zunehmend digitalisiert

Caritaseinrichtungen haben zuletzt mehrere Initiativen unternommen

Anlässlich des Internationalen Tages der Pflege am 12. Mai macht der Caritasverband für die Diözese Eichstätt auf die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung in diesem Bereich aufmerksam. „Wenn man mich vor einigen Jahren gefragt hätte, welchen Stellenwert Digitalisierung und Künstliche Intelligenz einmal in der Pflege einnehmen werden, hätte ich diesen mit eher gering angegeben. Doch inzwischen habe ich dazu meine Meinung stark geändert“, erklärt der für die Caritas-Altenhilfe im Bistum Eichstätt verantwortliche Abteilungsleiter, Norbert Bittner. Bittner verweist auf Roboter, die mit Demenzkranken Gedächtnistraining betreiben, oder beispielsweise Pflegeroboter in Japan, die hilfsbedürftigen Menschen aus dem Bett helfen können. Für ihn steht allerdings fest, „dass Roboter Menschen zwar ergänzen, aber nicht ersetzen können. Sie können nie eine solch empathische Beziehung zu Menschen aufbauen wie Mitmenschen“.

Seit zwei Jahren in allen Seniorenheimen EDV-Dokumentation

Dort wo nach Bittners Überzeugung Digitalisierung sinnvoll ist, hat der Caritasverband in den letzten Jahren wesentliche Schritte unternommen. Seit rund zwei Jahren bereits habe die EDV- Pflegedokumentation die frühere Arbeit auf Papier in allen 20 Caritas-Seniorenheimen im Bistum Eichstätt abgelöst. „Wir führen inzwischen die Wunddokumentationen mit dem Tablet durch. Auf den Fotos ist der Heilungsverlauf nachzuvollziehen und kann jederzeit von Kollegen und Ärzten eingesehen und diskutiert werden. So geht alles genauer und schneller“, erklärt Rebecca Frank, Leiterin des Caritas-Seniorenheimes St. Nikolaus in Spalt. „Auch Trinkprotokolle, die Eintragung von Vitalwerten und die Abzeichnung von Medikamenten können über das Tablet erfolgen“, ergänzt ihre Pflegedienstleiterin Doreen Kriegbaum.

Im Caritas-Seniorenheim Spalt sowie in den Einrichtungen in Berching und Freystadt kommen seit kurzem Infrarot-Bewegungssensoren zum Einsatz, um Stürze von pflegebedürftigen Menschen präventiv zu verhindern oder im Ernstfall die Pflegenden automatisch zu rufen. „Gerade nachts traten immer wieder ungewollt Stürze auf. Es entstanden Verletzungen, die das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen beeinträchtigten. Immer wieder war dadurch auch eine Einweisung ins Krankenhaus und Verschlechterung des Gesundheitszustandes hinzunehmen“, begründet Rebecca Frank, warum der Einsatz digitaler Technik hier einen echten Mehrwert bietet: Jetzt sind entsprechende Sensoren an den Decken in den Zimmern von gefährdeten Personen montiert. Das System erkennt das Aufrichten, Aufsetzen und Aufstehen einer Person vom Bett und ist mit der Rufanlage gekoppelt. In kritischen Situationen löst es einen Alarm an die Pflegenden aus. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Sturzhäufigkeit in den ausgestatteten Zimmern maßgeblich gesunken ist“, berichtet Gerhard Binder, Leiter des Caritas-Seniorenheimes in Berching. Kommt es doch einmal zu einem Sturz, kann der Verlauf genau nachvollzogen werden – zum Beispiel für die Versicherung. 

Spezielle Software erleichtert Arbeit

Eine digitale Innovation war 2024 die Einführung einer speziellen Software zur Aufnahme von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern in allen Seniorenheimen und einigen Caritas-Sozialstationen. Die Software ermöglicht es Interessenten, sich über einen Button auf der Homepage oder einen zugesandten Link direkt in eine Warteliste einzutragen. Bei der Aufnahme neuer Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise Patientinnen und Patienten werden die erhobenen Daten über eine Schnittstelle direkt in das Pflegedokumentationssystem übertragen. In einem zweiten Schritt werden pflegerelevante Daten digital abgefragt, in der Regel von den Angehörigen: „zum Beispiel, ob jemand sich noch selbst waschen kann, eine Zahnprothese trägt oder auf einen Rollator angewiesen ist“, so Norbert Bittner. Unterstützt durch Künstliche Intelligenz (KI) schlägt die Software der Pflegefachkraft automatisch eine Strukturierte Informationssammlung (SIS) vor, die als Grundlage für die Planung der individuellen pflegerischen Versorgung dient. Jede Pflegekraft ist dadurch informiert, welche Fähigkeiten eine Person besitzt und wofür Unterstützung nötig ist. „Somit wird der Aufnahmeprozess vereinfacht und beschleunigt: Zum einen erleichtert die Software Verwaltungsaufgaben bei der Aufnahme, zum anderen reduziert sie den Aufwand für die Pflegekräfte deutlich. Sie müssen weniger Zeit für das Erfassen pflegerelevanter Daten aufbringen und gewinnen dadurch mehr Zeit für die direkte Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner“, fasst Nobert Bittner zusammen. 

Ein weiterer Schritt zu mehr Digitalisierung ist die Anbindung der Seniorenheime und Sozialstationen einschließlich ihrer Tagespflegen an die Telematikinfrastruktur (TI). Dieses digitale Netzwerk wird künftig im deutschen Gesundheitswesen eingesetzt, um den sicheren Austausch relevanter Gesundheitsdaten zwischen den verschiedenen Akteuren wie Ärzten, Apothekern und Krankenhäusern sowie auch Altenhilfeeinrichtungen zu ermöglichen. Derzeit werden in den Caritaseinrichtungen die technischen Voraussetzungen geschaffen. „Die ersten Prozesse wurden hierfür in einem Pilotprojekt des Caritas-Seniorenheims Heilsbronn angestoßen, um das Ausrollen auf alle weiteren Einrichtungen zu erleichtern“, so der Abteilungsleiter der Caritas-Altenhilfe. „In Zukunft fallen so für uns lästige Wege zur Apotheke oder zur Arztpraxis weg. Die Bewohnerinnen und Bewohner bekommen so schneller ihre Medikamente“, freut sich die Spalter Pflegedienstleiterin Doreen Kriegbaum. 

Einen weiteren Schritt demnächst in Richtung Digitalisierung sieht Norbert Bittner darin, „dass Pflegekräfte künftig mithilfe einer Software die Dokumentation direkt per Spracheingabe auf ihrem Smartphone und somit im Programm erfassen können. Hierbei unterstützt eine KI beim Formulieren der Texte und ordnet die bewohnerbezogenen Daten automatisch entsprechend zu. Das kann zu einer Zeitersparnis von über einer halben Stunde pro Schicht führen – Zeit, die stattdessen der menschlichen Zuwendung zugutekommt.“

Risiken beachten

Bei allen Chancen der Digitalisierung warnt Bittner allerdings davor, diese überstürzt voranzutreiben, denn es gebe auch Risiken. Zum einen erfordere der Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten höchste Sicherheitsstandards. Zum anderen könne die Einführung und Wartung digitaler Systeme teuer sein. „Außerdem kann es zu Akzeptanzproblemen kommen, denn nicht alle Pflegekräfte oder Pflegebedürftigen sind mit der Nutzung digitaler Technologien vertraut. Und zu guter Letzt kann technische Abhängigkeit natürlich auch dazu führen, dass bei einem Ausfall der Systeme der Pflegealltag erheblich beeinträchtigt werden kann.“  

Pressestelle/Caritasverband für die
Diözese Eichstätt e.V