Draußen vor der Tür – Heimkehrdrama vom Wolfgang Borchert
„Werden Sie erst mal wieder ein Mensch“ fordert der gut gelaunte Oberst Beckmann auf, als der ihm ganz verzweifelt von seinen Albträume berichtet.
Mit diesem 1947 entstandenem Drama sprach Borchert einer ganzen Generation von Kriegsheimkehrern aus der Seele. Es ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Es zeigt wie die Menschen das Kriegsgeschehen verarbeiten: auf der einen Seite steht Beckmann voll Wut und dem Drang die Wahrheit zu erzählen. Für die andere Seite stehen der Oberst und der Direktor des Kabaretts, die all das verdrängen und von all dem nichts wissen wollen. Borchert selbst nannte sein Theaterstück „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“. Und doch ist die Geschichte des Heimkehrenden, für den es keinen Platz in der Gesellschaft mehr gibt und den niemand will, nach wie vor sehr aktuell. Borcherts „Draußen vor der Tür“ ist eines der bedeutendsten Werke der sogenannten Trümmerliteratur, in dem Borchert seine eigenen Kriegserfahrungen verarbeitete. Er stellt mit Beckmann einen Heimkehrer in den Mittelpunkt des Geschehens : „Einen von denen, die nach Hause kommen und die dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist.“ Nach tausend Tagen Kriegsgefangenschaft trifft er auf eine Gesellschaft, in der nichts mehr ist, wie es einmal war: sein Bett ist von einem anderen belegt, seine Eltern sind tot. Er hat alles verloren: die Eltern, Hoffnung, Würde und sogar seinen Vornamen. Trotz seiner Bemühungen bleibt er überall draußen vor der Tür und außerhalb der Gesellschaft, verfolgt von Albträumen und schwer belastet von der Verantwortung, von der keiner etwas wissen will.
Wer Antje Thoms Inszenierung nicht gesehen hatte, hat wahrlich ein großartiges, eindringliches Schauspiel versäumt! Ein überraschender Schachzug gelang ihr damit, dass sie Beckmann doppelt besetzte: einen, der sich vergeblich bemüht wieder eine Tür in die Gesellschaft zu finden. Ein zweiter Protagonist spielt gleichzeitig im vorderen Bereich den tief verzweifelten Beckmann, der allein auf der Straße als Grenzgänger zwischen Leben und Tod an seinen Albträumen und Einsamkeit verzweifelt und immer mehr den Lebenswillen verliert.
Eine sehr berührende Inszenierung, die an Aktualität nichts verloren hat.
Bildinformationen
- Draußen vor der Tür: Lydia Halbhuber-Gassner