Internationaler Tag der Frau – zeitgemäß oder Relikt aus letztem Jahrhundert?
Am 8. März wird alljährlich der Internationale Tag der Frau gefeiert. Die Ursprungsidee geht auf die Sozialistische Partei Amerikas zurück, die einen Kampftag für das Frauenwahlrecht initiierten, dem sich auch die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen, die Suffragetten, angeschlossen hatten. Bei der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen warb die deutsche Sozialistin Klara Zetkin mit dem Slogan „Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte“ für einen Frauenkampftag für Frauenwahlrecht und Gleichberechtigung. Am 19. März 1911 wurde der erste internationale Frauentag in Dänemark, Deutschland, Österreich und der Schweiz gefeiert. Erst 1975 wurde durch die Vereinten Nationen das Datum auf den 8. März festgelegt.
Das Frauenwahlrecht gibt es in Deutschland seit 1919. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wurde, trotz großem Widerstand, 1949 ins Grundgesetz festgeschrieben. Aber erst 1990, mit der Wiedervereinigung Deutschlands, wurde im Artikel 3 auch der staatliche Auftrag verankert: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“
Ungleichbezahlung, geschlechtsspezifische Gewalt und ungleiche gesellschaftliche Teilhabe bleiben weiterhin staatliche Aufgaben und Herausforderungen, an deren Beseitigung die gesamte Gesellschaft mitzuwirken hat.
Equal Pay Day: Benachteiligung von Frauen mit weitreichenden Folgen
Frauenrechte sind Menschenrechte, die alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche betrifft, die zwar auf dem Papier stehen, den Realitätscheck aber bei Weitem nicht bestehen:
Frauen verdienen bei gleichen Bedingungen immer noch etwa 17 Prozent weniger als Männer; in Ingolstadt beträgt die Lücke sogar fast 37 Prozent. Das ist nicht nur ungerecht, sondern hat weitreichende Konsequenzen für Betroffene. Neben der Entlohnungslücke sind Frauen auch weit häufiger als Männer nur in Teilzeit beschäftigt, bekommen deswegen später weniger Rente und sind öfters von Altersarmut betroffen. Der Grund liegt meist in der Care-Arbeit, also Erziehung und Pflege von Kindern und Angehörigen. Die sich daraus auch ergebende geringere gesellschaftliche Teilhabe beschränkt damit auch oft die Möglichkeiten an Strukturänderungen gleichberechtigt mitzuwirken. Die ungleiche Verteilung von Arbeitslast, Aufstiegschancen und Entlohnung zementiert die Vorstellung einer Ungleichwertigkeit der Geschlechter und begünstigt so auch Gewalt gegen Frauen. Sie trägt auch maßgeblich dazu bei, dass Frauen sich aus wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht von ihrem gewalttätigen Partner trennen können und oftmals über Jahre in missbräuchlichen Beziehungen ausharren.
Gewalt gegen Frauen – ein gesamtgesellschaftliches Problem
Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches, gesamtgesellschaftliches Problem. 2022 stieg in Deutschland die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt auf 240.547 also um 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Jeden Tag versucht ein Mann seine (Ex)Partnerin zu töten und jeden dritten Tag gelingt es auch. Dies ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Inzwischen gibt es zunehmend frauenfeindliche und sexistische Tendenzen zu verzeichnen. Frauen werden gestalkt, sexistisch beleidigt, vergewaltigt, verletzt oder gar getötet, allein deswegen, weil sie Frauen sind. Die nach wie vor teilweise akzeptierte männlichen Dominanz gilt als Ursache für Gewalt gegen Frauen und Mädchen. So erregte 2023 das Ergebnis einer Studie Aufsehen, der zu Folge 33 Prozent der befragten jungen Männer es akzeptabel fanden, wenn ihnen im Streit gelegentlich die Hand ausrutscht.
Aktuell erleben wir, dass die Gesellschaft gegen Rassismus und Demokratiefeindlichkeit auf die Straße geht, um ein Zeichen zu setzen. Dringend notwendig wäre es auch sich gegen die zunehmende Frauenfeindlichkeit entsprechend zu positionieren. Wie wichtig solche Zeichen sind, zeigt sich beim folgenden Sachverhalt: Der Erfolg der Umsetzung der Geschlechtergleichheit wird auf europäischer Ebene mittels Gender Equality Index (GEI) gemessen. Die skandinavischen Länder schneiden auf allen Ebenen (Arbeit, Geld, Wissen, Macht und Gesundheit) am besten ab. Dass diese Länder durch eine höhere Anzahl an angezeigten Sexualdelikten auffallen, gilt nach einhelliger kriminologischer Sicht als Indiz dafür, dass solche Taten in diesen Ländern stärker und deutlicher geächtet werden, so dass die betroffenen Frauen weniger befürchten müssen Opfer von „victim blaming“ zu werden.
Gesellschaftliche Strukturen, wie mangelnde Gleichberechtigung, zählen laut einer Studie der WHO mit zu den Risiken Opfer von Gewalt zu werden. Daher forderte die Frauenhauskoordinierung zum Weltfrauentag 2023: „Es reicht nicht Gewalt gegen Frauen zu verurteilen. Wir müssen über Strukturen in unserer Gesellschaft sprechen, die die Gewalt ermöglichen und fördern. Dazu gehört die Benachteiligung von Frauen bei der Verteilung und Entlohnung von Arbeit. Gewalt vorzubeugen kann nur eine ernstgemeinte Gleichstellungspolitik, die die Frauen dazu ermächtigt, ihr Leben selbstbestimmt und gleichberechtigt zu führen. Sonst bleibt auch der Gewaltschutz stets nur Schadensbegrenzung.“