Einblick in die Situation der Bauern
Die Proteste der Bauern gehen auf die geplanten umfangreichen Subventionskürzungen bei Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung im Landwirtschaftsbereich zurück. Mit diesen sollte ein Teil der Finanzlücke im Bundeshaushalt 2024 abgefedert werden. Die Finanzlücke entstand durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das Zweite Nachtraghaushaltsgesetz 2021 für verfassungswidrig erklärte. Daher musste im Haushaltsplan eine erhebliche finanzielle Lücke geschlossen werden. Wenig bekannt ist, dass im Zuge der Haushaltsverhandlungen bereits im Vorfeld Agrarstrukturmittel in Höhe von 293.000 Euro für 2024 gestrichen wurden. Da Landwirte langfristig planen müssen, kritisieren sie die fehlende Verlässlichkeit, wenn sie ohne Vorwarnung so stark belastet werden. Deswegen kündigte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied für Januar Proteste an, „wie es das Land von den Bauern so noch nicht gesehen hatte.“ Ab dem 8. Januar prägten deutschlandweit hunderte Traktoren-Korsos immer wieder das Straßenbild.
Wettbewerbsfähigkeit auf EU-Ebene
Es ist richtig, dass Diesel für die Umwelt schädlich ist und mit Subventionen sein hoher Verbrauch unterstützt wird. Allerdings – und das ist unstrittig – ist die Technik noch nicht so weit, so dass es für Diesel bislang keine Alternativen gibt. Der Wegfall der Subvention bedeutet für die Landwirtschaft in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Nachbarländern. So dürfen zum Beispiel die Bauern in Frankreich das weit günstigere Heizöl tanken. Daher geht Agrar-Professor Herzfeld davon aus, dass eine grundsätzliche Reform der Agrarpolitik nur in der EU als Ganzes möglich ist. Selbst wenn manche Landwirtschaftsbetriebe ohne die Subventionen auskommen könnten, müssten einige weiterhin aufgeben. Gab es in Deutschland 1975 noch mehr als 700.000 landwirtschaftliche Betriebe, so waren es 2022 nur noch gut 250.000. Sicher gibt es für den Rückgang mehr als einen Faktor. Vor allem Kleinbetriebe unter 100 Hektar geben immer mehr auf.
Wie wichtig allerdings eine autonome Versorgung ist, zeigte sich zum Beispiel mit dem Beginn des Krieges in Ukraine: Konflikte sind mit eine der Hauptursachen für Hunger in der Welt und auch in Deutschland fehlten plötzlich Lebensmittel wie Mehl oder Öl. Daher muss es vom Interesse sein, dass die heimischen Produzenten liefern können, um die externe Versorgungsabhängigkeit so gering wie möglich zu halten.
Macht man sich kundig, so erfährt man, dass im Rekordjahr 2021/2022 die Landwirte durchschnittlich 43.500 Euro verdienten. Dieser Durchschnittsverdienst, den nicht jeder erzielte, war dringend notwendig, um die wirtschaftlich schwachen Jahre zu kompensieren. Einnahmen besagen nichts darüber, wie viel Geld tatsächlich nach Abzug aller notwendigen Ausgaben zur Verfügung steht. In der Landwirtschaft müssen neben den allgemeinen Inflations- und Energiekosten gestiegene Markt- und Klimarisiken bewältigt und Zukunftsinvestitionen getätigt werden können.