Caritas erfährt zunehmend verdeckte Armut
Caritas erfährt zunehmend verdeckte Armut
Allgemeine Sozialberatung der Kreisstellen will Betroffenen helfen
Immer mehr Menschen leben in verdeckter Armut. Darauf macht der Caritasverband für die Diözese Eichstätt anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober aufmerksam. „Verdeckte Armut liegt vor, wenn Menschen nicht die ihnen zustehenden existenzsichernden Leistungen in Anspruch nehmen. Das betrifft vor allem Bürgergeld, Sozialhilfe, Grundsicherung, Wohngeld und den Kinderzuschlag“, erklärt Bernhard Gruber, Sozialarbeiter bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt und Sprecher für die Allgemeine Sozialberatung der Caritas im Bistum Eichstätt. Und er ergänzt: „Wir stellen fest, dass dieses Phänomen steigt, weil das ganze soziale System immer komplexer wird und viele Leute immer weniger durchblicken.“ Gesicherte Daten über die Anzahl Betroffener gibt es nicht. „Sicher ist nur: Die Dunkelziffer der verdeckten Armut ist hoch.“
Gruber erfährt, dass es unter den Menschen in verdeckter Armut drei Gruppen gebe: zum einen solche, die nicht über ihren Anspruch auf eine Sozialleistung Bescheid wissen. Die größte Gruppe sei jene, die zwar über ihren Anspruch Bescheid weiß, diesen aber nicht geltend machen könne: „Das liegt einerseits daran, dass vieles nur noch online geht, die Betroffenen dies aber nicht können, andererseits Ämter und Behörden seit der Coronazeit schlechter erreichbar sind als zuvor. Viele sind zudem damit überfordert, Anträge auszufüllen und Unterlagen beizubringen“, informiert der Sozialarbeiter. Um solchen Menschen zu helfen, hat die Caritas-Kreisstelle Ingolstadt nach Mitteilung Grubers inzwischen extra eine Person für Formularausfüllhilfe in begrenzter Stundenzahl angestellt, „die bis auf zwei bis drei Wochen ausgebucht ist“. Die dritte Gruppe seien Menschen, die Scham hätten, Sozialleistungen zu beantragen – nach dem Motto „Ich will dem Sozialstaat nicht zur Last fallen“ oder „Ich habe bisher immer alles selbst geschafft“.
Manchmal komme auch Unwissenheit und Scham zusammen: Ein typischer Fall hierfür, so Gruber, sei der einer alleinstehenden Rentnerin, deren Miete stark erhöht wurde. Sie wollte keine Grundsicherung beantragen, weil sie befürchtete, dass ihre Kinder zur Unterhaltszahlung herangezogen würden. „Das ist aber erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100.000 Euro der Fall“, informiert der Sozialarbeiter über einen Umstand, „den viele nicht kennen“. Viele Familien, die zwar ein durchaus gutes Einkommen haben, aber auch eine hohe Miete, „wissen zudem nicht, dass ihnen in bestimmten Fällen der Kinderzuschlag sowie Leistungen für den Schulbedarf, zum Mittagessen oder auch zur Zahlung von Vereinsbeiträgen zusteht“. Andere wüssten nicht über aufstockende Leistungen des Bürgergeldes Bescheid oder aber würden diese bewusst nicht in Anspruch nehmen, weil sie mit Ämtern nichts zu tun haben möchten.
„Auch erfahren wir immer wieder von Menschen, die Schulden aus dem Existenzminimum von 502 Euro Bürgergeld zahlen, obwohl es den Pfändungsschutz gibt“, teilt Gruber mit. Allen Betroffenen rät dieser, sich an die Dienste der Allgemeinen Sozialberatung bei den Caritas-Kreisstellen im Bistum Eichstätt zu wenden, um sich bei diesen beraten und helfen zu lassen. „Wir verstehen uns als Lobby für sie, helfen zum Beispiel auch bei Widersprüchen“, betont der Sozialarbeiter. Menschen, die Scham haben, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, sagt er, dass es zwar sicherlich erstrebenswert sei, finanziell auf eigenen Beinen stehen zu wollen, „aber man darf hier auch keinen falschen Stolz zeigen“.
Caritas-Kreisstellen gibt es in Eichstätt, Herrieden, Ingolstadt, Neumarkt, Nürnberg-Langwasser, Roth und Weißenburg. Informationen im Internet finden sich unter www.caritas-kreisstellen.de