Grüne: Antrag auf Unterstützung des bayerischen Seenotrettungsschiffs „Alan Kurdi“
In der Sitzung des Stadtrates im Juli konnten sich unser Oberbürgermeister und die "Rathauskoalition" Ingolstadt – im Gegensatz zu vielen anderen Städten – nicht dazu entschließen, Ingolstadt zum "Sicheren Hafen" zu erklären. Nahezu einstimmig folgte das Plenum dann dem Vorschlag des OB, einen eigenen Ingolstädter Weg unter dem Begriff "Sichere Hilfe" zu gehen. In einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des Sozialreferenten sollten geeignete Projekte gefunden werden, die im Hinblick auf die Bekämpfung von Fluchtursachen durchgeführt oder unterstützt werden könnten.
Als Ziel hatte sich schnell die Region um Legmoin in Burkina Faso herauskristallisiert, da es bereits viele Beziehungen dorthin gab. Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, dass die Lage in Legmoin sehr schwierig geworden ist. Aktuelle Projekte können nur mit Mühe umgesetzt werden, neue Projekte derzeit nicht begonnen werden.
Die Fraktion der Grünen hat deshalb nun beantragt, das Seenotrettungsschiff "Alan Kurdi" in Form einer 12-monatigen Patenschaft zu unterstützen. Das ist zwar nicht ein Ingolstädter, aber immerhin ein bayerischer Weg, da die Hilfsorganisation Sea-Eye, die das Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer einsetzt, ihren Sitz in Regensburg hat.
"Wenn die angedachten 'Sicheren Hilfen' aktuell den Unsicherheiten in Legmoin zum Opfer fallen, wollen wir den Menschen, die auf der Flucht über das Mittelmeer sind, wieder mehr Aufmerksamkeit, Unterstützung durch Information und dann hoffentlich Spenden aus der Bürgerschaft zukommen lassen", begründet Stadtrat Christian Höbusch den Antrag. "Denn täglich wagen Menschen den – zumeist tödlichen – Weg über das Mittelmeer. Wir wollen, wie auch die katholische und die evangelische Kirche, hier nicht wegschauen, gerade in dieser Zeit."
Hier der Antrag im Wortlaut:
Unterstützung des bayerischen Seenotrettungsschiffs „Alan Kurdi“
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
der Stadtrat Ingolstadt hat bekanntlich, nachdem unser Antrag „Sicherer Hafen“ keine Mehrheit gefunden hätte, beschlossen, stattdessen „Sichere Hilfen“ vor Ort zu leisten. Dazu wurde eine gesonderte Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese hat in ihrer bisher einzigen Sitzung drei Programme ausgewählt, die in der Zielregion Legmoin in Burkina Faso umgesetzt werden sollen.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2019 hat der Referent für Soziales, Jugend und Sport die Mitglieder der Arbeitsgruppe nun darüber informiert, dass sich die Situation in Burkina Faso und besonders auch in Legmoin derzeit als sehr schwierig darstellt und dass die Beziehungen zur Stadtverwaltung Legmoin sehr viel komplizierter geworden sind. Daher sei eine Abstimmung der Umsetzbarkeit der angedachten Projekte aktuell nicht möglich.
Erst für Januar 2020 ist eine weitere Sitzung der Arbeitsgruppe geplant. Das Kulturreferat werde ferner in der Kulturausschusssitzung am 5. Februar 2020 über den aktuellen Sachstand in Legmoin berichten.
Hilfe für die Menschen, die an Fluchtursachen ansetzt, ist wichtig. Solange aber die Fluchtursachen nicht wegfallen, werden sich die Menschen weiterhin auf den Weg machen. Es werden weiterhin Menschen den nahezu aussichtslosen und gefährlichen Weg über das Mittelmeer antreten. Bevor wir mit unseren Hilfen etwas bewirken können, die Umsetzung geklärt ist, täglich sich Menschen auf der Flucht auf das Mittelmeer wagen, stellen wir daher folgenden Antrag:
1. Die Stadt Ingolstadt bekundet ihre Unterstützung und Solidarität mit der zivilen Seenotrettung, den Retter*innen von Sea-Eye und den Geretteten an Bord.
2. Die Stadt Ingolstadt informiert die Ingolstädter Stadtgesellschaft während der kommenden 12 Monate (ab Frühjahr 2020) in regelmäßigen Abständen und in geeigneten Formaten über das Thema zivile Seenotrettung im Allgemeinen und das Schiff „Alan Kurdi“ von Sea-Eye im Besonderen.
Begründung:
Die Rettung von in Seenot geratenen Menschen ist eine rechtliche und moralische Verpflichtung für alle. Über 2.200 Geflüchtete sind nach UN-Angaben im vergangenen Jahr im Mittelmeer gestorben, jeden Tag sterben durchschnittlich sechs weitere Menschen. Ohne die Arbeit privater Rettungsschiffe wäre die Zahl noch viel höher.
Mit einer 12-monatigen Patenschaft für das Seenotrettungsschiff „Alan Kurdi“ von Sea-Eye drückt die Stadt ihre Unterstützung und Solidarität mit der Seenotrettung, den Retter*innen von Sea-Eye und den Geretteten an Bord aus. Der Sea-Eye e.V. ist ein 2015 in Regensburg gegründeter Verein, der die Rettung Flüchtender aus seeuntüchtigen Booten im Mittelmeer zum Zweck hat. Mit dem Schiff „Alan Kurdi“ soll eine Lücke in der Seenotrettung auf dem Mittelmeer gefüllt werden, um möglichst viele Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren.
Sea-Eye hat konkret folgende Aufgaben:
– Leben retten.
– Menschenrechtsverletzungen beobachten und dokumentieren.
– In Seenot geratene Menschen mit Schwimmwesten versorgen und evakuieren.
– Verletzte an Bord in der Krankenstation behandeln.
– Gerettete in Sicherheit bringen.
– Internationale Regeln der Seenotrettung einhalten.
– Über die Lage im Mittelmeer informieren.
Durch eine Patenschaft setzt Ingolstadt nicht nur ein Zeichen der Solidarisierung mit der zivilen Seenotrettung, sondern auch innerhalb der Stadtgesellschaft erfährt das Thema Seenotrettung mehr Sichtbarkeit. Das Thema bekommt stellvertretend durch die Crew des Schiffes sowie die Geretteten in Ingolstadt ein Gesicht. Und wir können bis zur Wirksamkeit unseren „Sicheren Hilfen“ ganz konkret mithelfen, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Dadurch retten, indem wir über die Arbeit von Sea-Eye informieren, damit Spenden die Durchführung weiterer Missionen, an denen auch regelmäßig Bürger aus Ingolstadt als Crewmitglieder teilnehmen, unterstützen.
Ingolstadt steht mit seiner Patenschaft für die „Alan Kurdi“ an der Seite der katholischen, evangelischen, griechisch-orthodoxen Kirche und muslimischer Gemeinden, deren Vertreter am 3. Adventswochenende mit einem gemeinsamen Gottesdienst im Münchener Dom ein überdeutliches Zeichen der Solidarität mit der privaten Seenotrettung gesetzt haben
(https://www.br.de/nachrichten/bayern/die-menschen-die-im-mittelmeer-ertrinken-sind- christus,RkdrLHI).