Stadttheater: Der Wahnsinn wohnt im Wald
„The Black Rider“ feierte im Großen Haus eine umjubelte Premiere: Mit diesem Stück, in dem es immer wieder um das Anlegen, Zielen und Schießen geht, hat das Ingolstädter Stadttheater einen Volltreffer gelandet. Wobei sicherlich keine Hexerei im Spiel war, sondern eine wunderbare Kombination aus Musik, Schauspiel, Choreographie, Bühnenbild und Kostüm. Forget the Freischütz. Hier komm der Black Rider!
Nach knapp zwei Stunden (ohne Pause) gab es Standing Ovations im Großen Haus des Ingolstädter Stadttheaters für die Premiere von „The Black Rider. The Casting of the Magic Bullets“. Da hatten die Zuschauer eine recht freie, musikalisch-theatralische Freischütz-Variante von US-Regisseur Robert Wilson mit Musik von Tom Waits und dem Text von William Burroughs erlebt. Alles Songs werden auf Englisch gesungen, die Texte sind eine englisch-deutsche Mischung, die auch genau so von den Autoren vorgesehen ist (Untertitel sind nicht gestattet). „We open the cage and let the Tiger out!“ meinten gleich zu Beginn die Conférenciers Ulrich Kielhorn und Sascha Römisch (er „knuddelte“ zuvor die Zuschauer in Reihe eins – es gilt die alte Theaterweisheit: wer ganz vorne sitzt, muss mit Kontaktaufnahme rechnen). Und schon entwickelte sich die Geschichte, die kein gutes Ende nehmen würde:
Wilhelm (Philip Lemke) liebt Kätchen (Theresa Weihmayr), kann aber nur mit Hilfe von verzauberten Kugeln sein Können als Jäger unter Beweis stellen, um die junge Frau aus jener großen Försterdynastie (Das Geheimnis um den legendären Vorfahren Kuno, gespielt von Richard Putzinger, wird im Lauf des Stücks ebenfalls thematisiert) heiraten zu können. In Bayern würde man sagen: Wichtig, ist dass das „Sach beinander“ bleibt. Oder wie es Bertram, Käthchens Vater (Peter Reisser) ausdrückt: „Kommt was in den Magen rein, folgt das Herz von ganz allein!“ Er hätte denn auch den wenig belesenen, aber treffsicheren Jäger Robert (Enrico Spohn) lieber als Schwiegersohn gesehen. Aber der teuflische Stelzfuß (Péter Pólgar) hat seinen Spaß daran, dem verliebten Wilhelm zu „helfen“, in dem er ihm magische Kugeln überlässt, die immer ins Ziel treffen. Das Thema ist aus der Oper „Der Freischütz“, die als lose Vorlage für den „Black Rider“ diente bekannt. Und auch der berühmte „Jungfernkranz“ taucht als musikalische Anspielung in dieser Freischütz 2.0 Version auf. Genauso wie Ernest Hemingway übrigens. Dramatisches und Tödliches spielt sich jedenfalls im Wald (der ausschließlich aus Kunststoff besteht) ab und am Ende hat der Teufel gut lachen…
Lang anhaltenden Applaus gab es für den Regisseur Brain Bell, das Orchester (Musikalische Leitung Matthias Flake), Bühnenbild (Daniel Unger), Kostüme (Andrea Fisser) und Choreographie (Katja Wachter). Mit Standing Ovations würde Ensemble gefeiert, insbesondere der herrlich zwielichtige Stelzfuß alias Péter Pólgar sowie Theresa Weihmayr, die in Ingolstadt ihr erstes Engagement nach dem Abschluss der Schauspielschule bekomman hat und als Kätchen gleich mal ihre Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellte.
Weitere Termine und Tickets unter www.theater.ingolstadt.de
Foto: David Baltzer