Gemeinsamer Brief der Landräte und OB Scharpf an Innenminister zur Aufnahme Geflüchteter
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
die Aufnahme, Erstversorgung und Integration von geflüchteten Menschen ist ebenso humanitäres Gebot wie Herausforderung für die Kommunen und Städte. In den vergangenen Jahren war dies aufgrund der großen Zahl an Flüchtlingen eine besondere Belastungsprobe auch für die Bürgerinnen und Bürger. Durch den engen Schulterschluss von Bund, Freistaat sowie Städten, Landkreisen und Gemeinden konnte dies in der Region 10 gut gemeistert werden.
Bei der zügigen Versorgung und Unterbringung von Familien, die vor dem Krieg in der Ukraine ab Ende Februar dieses Jahres geflohen sind, wurde schnell und umfassend reagiert. Dies war nicht zuletzt durch die große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sowie das beherzte Engagement der kommunalen Verwaltung möglich.
Die bayerischen Landkreise und Kommunen haben in der Vergangenheit stets bewiesen, dass sie tatkräftig anpacken, um humanitäre Not zu lindern und die Unterbringung von Flüchtlingen zu organisieren, auch kurzfristig. Es darf aber nicht zu einer Flüchtlingspolitik kommen, die mehr fordert, als Kommunen und Landkreise leisten können. Die Folgen von Corona und Energiekrise lasten bereits schwer auf den Gebietskörperschaften.
Als Landräte der Region 10 und als Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt stellen wir fest, dass die kommunalen Kapazitäten zur Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen nach 2015 und durch den Krieg in der Ukraine mittlerweile nahezu erschöpft sind. Die Bundesinnenministerin hat die Lage der Kommunen zurecht als ”äußerst eng“ bezeichnet. Die erwartete große Zahl von geflüchteten Menschen aus der Ukraine, aus Afghanistan, Syrien, der Türkei und anderen Ländern sehen wir mit Sorge.
Um den Menschen, die vor Krieg und Notlagen fliehen, die notwendige Versorgung zuteilwerden zu lassen und gleichzeitig die kommunalen Strukturen nicht zu überfordern, setzen wir auf einen engen und pragmatischen Schulterschluss zwischen Bund, Freistaat sowie Städten, Landkreisen und Gemeinden.
Eine erste Entlastung und Unterstützung für die Region 10 wären:
- die zügige Erstattung von zurückliegenden und erwarteten Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz,
- die frühzeitige Information bzgl. Zahl und Familienstruktur der Flüchtlinge, die zur dezentralen Unterbringung in die Region verlegt werden sollen,
- die Zurverfügungstellung von geeigneten Immobilien des Freistaates und des Bundes für die Unterbringung von Flüchtlingen, angesichts des begrenzten regionalen Wohnungsmarktes eine großzügige Bewilligungspraxis durch den Freistaat bei Anmietung, Kauf oder Herstellung von Asylunterkünften durch die Kommunen,
- die Anerkennung der Erstattungsfähigkeit von Vorhaltekosten für die Schaffung von Einrichtungen zur Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Ausländer.
In diesem Sinne stehen wir für einen engen Austausch zur Verfügung.
Dr. Christian Scharpf – Oberbürgermeister Stadt Ingolstadt
Albert Gürtner – Landrat Lkr. Pfaffenhofen a.d. Ilm
Alexander Anetsberger – Landrat Lkr. Eichstätt
Peter von der Grün – Landrat Lkr. Neuburg Schrobenhausen
Bild: v.l.n.r. Landrat Anetsberger, OB Scharpf, Landrat Guertner, Landrat von der Gruen – Foto: Landkreis-Eichstätt