„Ich singe, weil ich ein Lied hab“ Liedermacher Konstantin Wecker
Konstantin Wecker hat nie aufgehört von einer herrschaftsfreien und gewaltlosen Welt zu träumen. Auf diesem Weg nach Utopia verzaubert er mit seinen Liedern am 23. Oktober auch das Ingolstädter Publikum. Auch im Alter von 75 gilt für den bekannten Liedermacher, „Ich singe, weil ich ein Lied hab“.
Sie gehen wieder auf Tournee und werden auch im Radio wieder öfters gespielt. Wie erklären Sie sich Ihr Revival? Ist die Zeit der Liedermacher wieder zurück oder war sie vielleicht nie vorbei?
Eines meiner ersten Lieder, das ich geschrieben habe, ist „Ich singe, weil ich ein Lied hab“. Das ist auch das Motto meines Labels Sturm & Klang. Es freut mich ungemein, im Label so viele authentische Künstlerinnen und Künstler zu wissen, die bestätigen: die Zeit ist keineswegs vorbei, ganz im Gegenteil.
Versuchen Sie mit Ihrem neuen Programm auch jüngeres Publikum für sich zu begeistern oder bauen Sie eher auf Ihr Stammpublikum, das Sie schon viele Jahre begleitet und treu ist?
Ich bin dankbar für das Publikum, was teilweise schon viele Jahrzehnte in meine Konzerte kommt. Umso mehr freut es mich, wenn ich immer wieder Rückmeldungen erhalte – neulich etwa von einem jungen Dichter, die auf meine Lieder und Texte reflektieren.
Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihren Texten? Wie hat sich das über die vielen Jahre entwickelt oder gar verändert?
In meinen Konzerten sage ich: Als mir im letzten Herbst die 16 neuen Lieder und Gedichte zu Utopia zugeflogen sind, war ich – wie immer – erstmal äußerst überrascht. So vieles wollte da aus mir raus, was ich zum Teil mit meiner Ratio gar nicht wahrhaben wollte. Und mittlerweile ist mir durchaus bewusst, dass meine Poesie nicht mein Verdienst ist. Sie ist ein Geschenk, das immer schon da war und was für ein Glück, die Verse pflücken zu dürfen. In meiner utopischen Welt gehört die Poesie nicht ihrem Autor allein – sondern uns Allen. Auch wenn es mir manchmal erst gar nicht so recht ist, wenn sie sich – wie auch in einigen meiner jüngsten Lieder – ausdrücklich mit meinem Alter beschäftigt.
Engagieren Sie sich auch politisch oder nutzen Sie für Ihre Botschaften ausschließlich Ihre Lieder und Texte?
Hin und wieder schreibe ich etwas in die Notizen auf meiner Homepage bzw. auf meiner Facebook-Künstlerseite. Wenn ich von etwas überzeugt bin, unterschreibe ich auch beim Einsatz für soziales und die Natur. Meine wesentlichen Aussagen finden sich aber alle in meinen Liedern und Texten, aktuell im Programm „Utopia“.
Sie kommen ja aus einem recht musikalischen Elternhaus, wie kamen Sie zur Musik und wann haben Sie gemerkt, dass das Beruf und Berufung und nicht nur Hobby wird?
Zunächst stand ich, inspiriert vom Operntenor meines Vaters und weil meine Mutter immer wieder Gedichte vor sich hin rezitiert hat, vor der Alternative: Opernkomponist oder Dichter! Dann lernte ich Franz Josef Degenhardts Lieder kennen, bald darauf Georg Kreisler, der sich selbst am Klavier begleitet. Auch Hanns Dieter Hüsch wurde mir ein großes Vorbild. Da wusste ich – diese Kleinkunst wird auch mein Weg sein, mit Liedern am Klavier und mit Texten am Dichtertisch.
Pflegen Sie Kontakt mit anderen Liedermachern wie Reinhard Mey oder Hannes Wader?
So es sich zeitlich ergibt, freut mich jeder Kontakt mit all meinen Kolleginnen und Kollegen.
Wie schaut ihr Kontakt mit den Fans aus und wie war dieser als durch Corona keine Konzerte möglich waren?
Nach den meisten Konzerten gibt es die Möglichkeit zu kurzen Gesprächen beim Signieren. Anfragen werden in der Regel wegen der Mailflut vom Büro beantwortet, bitte um Verständnis. Wir haben ab März 2020 mehrere Livestreams in unserem youtube Kanal WeckersWelt angeboten, auch zusammen mit meinen Labelkünstlern. Das hat zwar kein Livekonzert ersetzt, es sind aber ganz wunderbare Fast-Live-Dokumente damit entstanden, die wir weiter kostenlos bereitstellen. Wie bewegend war es etwa, noch einmal mit der großartigen Esther Bejarano im Rahmen des dritten Streams mit Worten und im Herzen verbunden zu sein.
Was macht für Sie eine Stadt zu einem attraktiven Kulturstandort?
Offene Menschen und engagierte Veranstalter mit kreativen Ideen.
Und abschließend: Sie waren auch der klassischen Musik ja immer sehr verbunden. Gehen Sie da privat auch hin und wieder in ein Konzert?
Aus Zeitgründen komme ich leider wenig dazu. Mehr gehe ich in die Oper. Zuletzt haben mich Korngolds „Die tote Stadt“ und Puccinis „Il Trittico“, beide in der Bayerischen Staatsoper und dirigiert von Kirill Petrenko, sehr beeindruckt.
Das ist ein Artikel aus der aktuellen Print-Ausgabe…
Foto: Konstantin Wecker kommt auf seiner Jubiläumstour am 23. Oktober auch nach Ingolstadt Foto: Daniela Pfeil