Autopionier und arme Kirchenmaus
Audi-Gründer August Horch ist eine Sonderausstellung im museum mobile gewidmet.
Es war ein langes, arbeitsintensives, von Höhen und Tiefen geprägtes Leben, das dieser August Horch gelebt hat. Die Ausstellung „Er baute Autos – 150 Jahre August Horch“ im museum mobile widmet sich diesem Mann, der mit seiner Körpergröße von 1,65 Meter und seiner schmächtigen Statur nicht unbedingt als Schmied (diesen Beruf erlernte er) getaugt hat: „Er musste viel mehr mit Köpfchen arbeiten als mit dem Bizeps,“ erklärte dazu der Horch-Spezialist Prof. Dr. Peter Kirchberg bei der Eröffnung der Ausstellung. „Er war vollgestopft mit Neugier auf Technik.“ Geboren (1868) und aufgewachsen in Winningen an der Mosel in einem Zeitalter der Technikbegeisterung, ging er zunächst als Schmied auf die Walz (2500 km zu Fuß – bis nach Serbien) und studierte anschließend in Mittweida Maschinenbau. Eine Vorführung des Motorrads von Hildebrand & Wolfmüller in Leipzig 1896 (eben dieses älteste Serien-Motorrad der Welt ist in der Ausstellung zu sehen!) war die „Initialzündung“ für August Horch, Motoren in Wagen einzubauen.
V.l.: Thomas Frank (Leiter Audi Tradition), Tanja Wörmann (Ur-Enkelin von August Horch), Prof. Peter Kirchberg und Audi Vorstand Wendelin Göbel
„Er hat die Technik nicht neu erfunden, aber brauchbar gemacht.“
Nach erfolgreicher Bewerbung bei Carl Benz in Mannheim wurde August Horch dort schnell Leiter des Motorwagenbaus. Drei Jahre lang arbeitete er für Benz, dann kündigte er und gründete 1899 seine eigene Firma in Köln. 1904 verlegte er die Firma nach Zwickau. 1909 schied Horch aus der Firma aus, die seinen Namen trägt. Nochmal eine Firma Horch zu eröffnen – das ging nicht. Also musste für das Zwickauer Unternehmen ein neuer Name her: „Die Namensgebung ist ein Geniestreich!“ schwärmte Prof. Kirchberg. Es handle ich um keine Abkürzung und keinen Kunstnamen, im Prinzip heiße Audi (Imperativ des lateinischen audire = hören) immer noch Horch. 1920 verlässt der Tüftler aber auch diese Firma und arbeitet als Sachverständiger in Berlin.
Zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise, die Nazi-Diktatur – August Horch durchlebte wie so viele Deutsche schwere Zeiten. Er kümmerte sich um seine schwer kranke und zuletzt pflegebedürftige Frau bis zu deren Tod und heiratete mit 80 Jahren seine treue Begleiterin und jüdische Haushälterin Else Kolmar. Zuletzt lebte er mit ihr – nachdem seine Wohnung in Berlin ausgebombt worden war – „arm wie eine Kirchenmaus“ in Münchberg in Oberfranken bis zu seinem Tod 1951. Ein Umzug in sein geliebtes Winningen war ihm nicht möglich, er liegt aber dort begraben.
Aufsichtsrat in Ingolstadt
August Horch wurde 1949 in den Aufsichtsrat der Auto Union GmbH in Ingolstadt berufen. Deshalb kam er auch an den Ort, an dem die Tradition seiner Zwickauer Firma Audi nun weiter geführt werden sollte. Das bewegte Leben des August Horch – es wird in Texten, Fotos, Dokumenten und Exponaten im museum mobile wieder lebendig. Ausstellungskurator André Meyer vom August-Horch-Museum in Zwickau hat die Schau konzipiert, Stefan Felber vom museum mobile hat sie für Ingolstadt adaptiert und um zwei Fahrzeuge ergänzt: einen Audi 10 Typ A Phaeton, Baujahr 1911, eine Leihgabe des Technischen Nationalmuseums Prag und einen Audi 22 Typ E Phaeton, Baujahr 1913, aus dem Technikmuseum Sinsheim.
Ein ausführliches Video-Interview mit André Meyer in 3D finden Sie unter www.ingolstadt.blog
Ein weiterer „Schatz“ der Ausstellung ist das erste von August Horch konstruierte Automobil, das Horch Modell 1 Phaeton, Baujahr 1901. Kein Fahrzeug dieser Reihe hat die Zeiten überdauert, aber im museum mobile ist eine Kombination aus einem alten Fahrgestell, das Mitte der 1990er von der Leihgeberfamilie Kuss erworben wurde und deutliche konstruktive Ähnlichkeiten mit Horchs Modell aufwies, und einem neuen Motor. Dieser unabhängig vom Fahrgestell gebaute Motor passte perfekt hinein. 2018 wurde das Automobil mit einer originalgetreuen Karosserie neu aufgebaut.
Horchs Ur-Enkelin zu Gast
Zu den Gästen der Ausstellungseröffnung zählte auch Tanja Wörmann, die Ur-Enkelin von August Horch. „Es ist immer sehr ergreifend, wenn von ihm erzählt wird,“ erklärte sie. Und dass man an den Audio-Stationen im Museum auch seine Stimme hören könne, ist für die Nachfahren natürlich etwas Besonderes. „Wir sind oft in Ingolstadt und im Museum,“ betonte sie, „Wir haben eine enge Beziehung zu Audi.“
Die Ausstellung „Er baute Autos – 150 Jahre August Horch“ ist noch bis 23. Juni 2019 im museum mobile im Audi Forum Ingolstadt zu sehen.
Fotos: Arzenheimer