Der Familiengeschichte auf der Spur
Wendy Neuburger Torres und ihr Sohn Andrew aus dem Bundesstaat New York sind zu Besuch in Ingolstadt – auf den Spuren ihrer Vorfahren.
In den Morgenstunden des 10. November 1938 endete das Leben von David und Hedwig Hubert aus Ingolstadt. Sie wurden in ihrer Heimatstadt ermordet, weil sie Juden waren. „Es hieß offiziell, sie hätten Selbstmord begangen,“ erzählt heute Wendy Neuburger Torres. David und Hedwig Hubert waren ihre Urgroßeltern. Ihre gemeinsame Tochter Toni Hubert, die in die Treuchtlinger Familie Neuburger eingeheiratet hatte, konnte wenige Monate vor der Reichspogromnacht mit ihrem Ehemann Hermann Neuburger und ihren beiden kleinen Söhnen Alexander und Stefan in die USA fliehen. Jener Alexander Neuburger (1931 geboren in Treuchtlingen) ist der Vater von Wendy Neuburger Torres, die nun zusammen mit ihrem Sohn Andrew nach Ingolstadt gekommen ist.
V.l.: Sepp Mißlbeck, Wendy Neuburger Torres, Andrew Torres und Theodor Straub
Hier traf sie nun auch auf den Historiker Dr. Theodor Straub, der die jüdische Geschichte Ingolstadts erforscht hat. Durch diese Nachforschungen nahm die Stadt Ingolstadt Anfang der 2000er Jahre Kontakt zu den noch überlebenden jüdischen Mitbürgern und ihren Nachkommen auf und lud sie nach Ingolstadt ein. 2002 kam Alexander Neuburger mit seiner Frau Hope zu Besuch nach Ingolstadt und überreichte Theodor Straub ein kleines, herzförmiges Kästchen mit einem persönlichen Gruß. Und genau das hatte der Historiker jetzt dabei, als er – im Rahmen eines kleinen Empfangs bei Bürgermeister Sepp Mißlbeck – auf die Tochter und den Enkel des Paares traf.
Zu diesem Anlass war auch Markus Schirmer gekommen. Er ist nicht ganz unschuldig an den Reiseplänen von Wendy Neuburger Torres. Der jetzige Kontakt kam nämlich über das Reuchlin-Gymnasium zustande. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts gingen die Schüler/innen der 9b im November 2017 dem tragischen Schicksal der Familie Hubert nach. Und Lehrer Markus Schirmer gelang es, in den White Pages die Telefonnummer von Alexander und Hope Neuburger ausfindig zu machen. Alexander war mittlerweile verstorben. Mit seiner Frau Hope und später mit seinem Bruder Stefan Neuburger entwickelte sich ein reger E-Mailkontakt zu einigen Schülerinnen.
Zum 80-jährigen Gedenken an die Novemberpogrome haben sich Schüler/innen des Katharinen- und des Reuchlin-Gymnasiums 2018 intensiv mit dem Leben und Leid der einstigen jüdischen Mitbürger Ingolstadts auseinandergesetzt und die Ausstellung „Pfad des Lebens“ erarbeitet, die im Stadttheater präsentiert wurde.