Dienstpflicht – Kontra
Kontra: Warum die Dienstpflicht nicht sinnvoll ist
Frau Ley, soll die Jugend weiter frei über Ihr Leben entscheiden dürfen?
Thereysa Ley: Natürlich.
Weil eine Dienstpflicht ein Eingriff in das Freiheitsrecht jedes Einzelnen wäre?
Ley: Genau. Es geht dabei immer um die Freiwilligkeit. Jeder soll frei entscheiden dürfen, wie er seine Zukunft gestalten will, wie und ob er sich ehrenamtlich engagieren will, welchen Berufseinstieg er wählen möchte, sei es über eine Ausbildung oder ein Studium. Wir wollen da einfach nicht eingreifen. Aber natürlich unterstützen wir auch junge Menschen, die sich freiwillig dafür entscheiden und einen sozialen Dienst oder ein Dienstjahr bei der Bundeswehr antreten möchten. Aber auch hier gilt die Freiwilligkeit und nicht der Zwang.
Mit dem Ukraine-Krieg kamen allerdings wieder Stimmen in Deutschland auf, die eine Wehrpflicht oder eine Dienstpflicht fordern.
Ley: Da bin ich absolut dagegen, weil sich hinter der Dienstpflicht nichts anderes verbirgt als ein Zwangsdienst. Wir wollen eben nicht, dass Jugendliche oder junge Menschen, fremdbestimmt werden und ihnen ein Weg vorgegeben wird, den sie gehen sollen.
Aber eine Dienstpflicht könnte doch verschiedene Notstände in Deutschland ausfüllen, beispielsweise den Mangel an Pflegekräften und die Personalnot in der Bundeswehr.
Ley: Das ist allerdings der komplett falsche Ansatz. Sowohl im Pflegebereich als auch bei der Bundeswehr müssen wir Fachkräfte ausbilden. Das sind hochkomplexe und anspruchsvolle Berufe. Da kann man eigentlich keine Laien reinsetzen, um diese Lücken zu füllen. Deshalb sollten wir das Geld, welches wir investieren müssten, um die ganze Infrastruktur für eine Dienstpflicht zu schaffen, besser direkt in diese Problembereiche stecken und dort gezielter vorgehen. Das heißt: Wir müssen die Berufe attraktiver machen, damit sich mehr Menschen freiwillig dafür entscheiden, beispielsweise in die Bundeswehr einzutreten oder einen Pflegeberuf zu ergreifen. Junge Menschen sind keine Lückenfüller.
Das heißt: besser Ausstattung und Ausbildung verbessern, als eine Dienstpflicht einzuführen?
Ley: Genau. Bundeskanzler Olaf Scholz hat ja schon mit der Erhöhung des Wehretats den richtigen Weg eingeschlagen. Über die vergangenen Jahr hat sich dort ein Investitionsstau aufgebaut. Da müssen wir ansetzen. Man hätte schon viel früher mehr in die Bundeswehr investieren müssen. Natürlich muss man froh sein, dass diese Erkenntnis jetzt durchgedrungen ist, etwas in diesem Bereich verändern zu wollen.
In Deutschland wird häufig dieses fehlende Gemeinschaftsgefühl angeprangert, das mangelnde ehrenamtliche Engagement. Könnte man das nicht mit einer Dienstpflicht fördern?
Ley: Ich finde, es gibt so viele Jugendliche, die sich in etlichen Bereichen ehrenamtlich engagieren, sei es im Jugendbereich, in der Politik oder im Umweltschutz. Es endet ja nicht dabei, dass ehrenamtliches Engagement nur in der Pflege stattfindet. Deshalb wird diese Argumentation für eine Dienstpflicht dem nicht gerecht, es gibt ja dieses Engagement.
Wobei das ehrenamtliche Engagement, wie beispielsweise bei „Fridays for Future“, regelmäßig kritisiert wird. Ist das ein Widerspruch?
Ley: Bei „Fridays for Future“ heißt es, die jungen Menschen wollen nur die Schule schwänzen. Andererseits wird nun gefordert, sie über die Dienstpflicht mehr in die Pflicht zu nehmen. Eigentlich müsste man eine konsequente Linie finden: Jeder, der sich sozial engagiert, hat höchsten Respekt und Anerkennung verdient.
Zur Person
Theresa Ley (31) studiert Jura und lebt in Lenting. Ley ist Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen Ingolstadt-Eichstätt.
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