Erzieher- und Pflegeberufe: Attraktivität stärken statt in übertarifliche Arbeitsmarktzulage investieren
Erzieher- und Pflegeberufe: Attraktivität stärken statt in übertarifliche Arbeitsmarktzulage investieren
- Im Jugendhilfeausschuss wurde der Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER gegen die geplante Arbeitsmarktzulage pädagogischer Berufe abgelehnt
- Arbeitsmarktzulage belastet den Haushaltsetat und sorgt für Ärger bei den Nachbarkommunen
- FREIE WÄHLER schlugen deshalb in ihrem Antrag vor, den Beruf attraktiver zu gestalten und strukturelle Veränderungen vorzunehmen
Die Corona-Pandemie zieht schwere wirtschaftliche Folgen nach sich. Die meisten Kommunen in Deutschland kämpfen dadurch mit niedrigeren Einnahmen. Ingolstadt bildet dabei keine Ausnahme. „Gerade weil die Entwicklungen so schwer vorhersehbar sind, sollten wir sämtliche Ausgaben genau überprüfen“, sagt Hans Stachel. Vor diesem Hintergrund war der Vorsitzende der Ingolstädter Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER überrascht, dass der Änderungsantrag seiner Fraktion für die Arbeitsmarktzulage im Jugendhilfeausschuss abgelehnt wurde. „Die Verwaltungsvorlage wird damit bei drei Gegenstimmen weiterverfolgt. Dies zieht extreme Folgekosten nach sich und wir treten dazu in Konkurrenz zu den Umlandgemeinden“, sagt Hans Stachel.
Natürlich erkennen die FREIEN WÄHLER den Fachkräftemangel von pädagogischem Personal für Kindertageseinrichtungen in Ingolstadt. „Wir sehen es allerdings als kontraproduktiv an, durch die freiwillige Zahlung einer Arbeitsmarktzulage einen Anreiz für Mitarbeiter zu schaffen, zumal auch die umgrenzenden Landkreise durch gleichzeitige Arbeitsmarktzulagen, den von der Stadt Ingolstadt gewünschten Effekt wieder zunichtemachen“, sagt Hans Stachel.
Der von der Verwaltung vorgelegte Entwurf hätte einschließlich Änderung durch den Referenten Personalkostenmehrungen von 4,3 Millionen Euro zur Folge – ohne dass eine einzige Stelle mehr besetzt werden würde. „Es darf zu keinem ruinösen Wettbewerb um Erzieherinnen und Erzieher beziehungsweise Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger in der Region kommen“, sagt Angela Mayr. „Die Bezahlung einer Arbeitsmarktzulage kostet sehr viel Geld, befeuert einen Wettbewerb innerhalb der Region und belastet abermals das gute Verhältnis zu unseren Nachbarkommunen und Landkreisen.“
Stattdessen lautete der Vorschlag der FREIEN WÄHLER: strukturelle Verbesserung der Ausbildungsbedingungen. „Das Ziel muss doch lauten: mehr Nachwuchs für diese Berufe gewinnen“, sagt Hans Stachel. „Da ist es wenig hilfreich, wenn wir an der Gehaltsspirale der ausgebildeten Fachkräfte drehen und nicht bemerken, dass die Attraktivität der Berufswahl bereits im Ausbildungsbereich massiv krankt, ja teilweise sogar abschreckend ist.“
Die FREIEN WÄHLER nannten deshalb in ihrem Antrag konkrete Punkte, an denen die Verwaltung hätte ansetzen können. Die Stadt könnte zum einen für die pädagogischen Kräfte die weiteren Kosten für Anmelde- und Prüfungsgebühren sowie Materialkosten und in Einzelfällen die Schulgebühren übernehmen. Zum anderen könnten im Sozialpädagogischen Einführungsjahr und im Berufspraktikum wettbewerbsfähige Vergütungen festgesetzt und bezahlt werden. Des Weiteren könnten die in Ingolstadt tätigen Fachkräfte zusätzliche Anreize erhalten – wie beispielsweise Bonuspunkte bei der Wohnraumsuche, vergünstigte Tarife für die Nutzung der Tiefgaragen und des ÖPNV.
Natürlich sehen die FREIEN WÄHLER auch den Engpass bei den Ausbildungsangeboten der Fachschulen. „Es gibt derzeit nicht mehr Ausbildungsplätze, auch deshalb mangelt es am Nachwuchs“, sagt Hans Stachel. „Um diesen Flaschenhals zu beseitigen, könnte man statt den geplanten Zuschüssen für die Arbeitsmarktzulage eine eigene Fachschule in Ingolstadt gründen.“ Solche nachhaltigen strukturellen Veränderungen seien allerdings offenbar nicht gefragt. „Lieber wird über kurzfristige Maßnahmen viel Geld verbrannt, dessen Wirkung überschaubar ist und unsere Nachbargemeinden verärgert“, sagt Hans Stachel. Da selbst zwei Vertreter der Träger, unter deren Dach zahlreiche Kitas organisiert sind, den Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER unterstützten, sei die Ablehnung völlig unverständlich.