Unzertrennlich – und nun doch getrennt
Unzertrennlich – und nun doch getrennt
Triathlon: Wettstettener Nico Wittmann zieht mit Freundin nach Südafrika – Bruder Andi bereitet sich allein auf Hawaii vor
Wettstetten – Sie sind eigentlich unzertrennlich: die beiden Wettstettener Triathleten Andi und Nico Wittmann. Doch ab sofort trennen sich ihre Wege. Denn Nico Wittmann zieht nach Südafrika, während sich Bruder Andi Wittmann allein auf das größte Ziel seiner bisherigen Karriere vorbereitet: den Start bei der Triathlon-WM im Oktober auf Hawaii.
Die Wohnung ist aufgelöst. Der meiste Ausstand ist verkauft oder eingelagert; der Rest in Koffern verpackt. Am Dienstag geht es los. Südafrika. One-Way-Ticket. Für Nico Wittmann und seine Freundin Lea beginnt dann ein neuer Lebensabschnitt. Fernab der Heimat, in Kapstadt, schlagen sie ihre Zelte auf. Nico Wittmann arbeitet dann im technischen Vertrieb einer deutschen Kühlmaschinen-Firma. Lea bei einem Schweizer Dienstleistungsunternehmen. Der Sport wird erst einmal ruhen. Am Anfang gilt es Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Neue Eindrücke gewinnen. Land und Leute kennenlernen.
Doch nicht nur für Nico Wittmann ist Südafrika ein einschneidender Lebensabschnitt. Auch für Bruder Andi. Denn beide waren zuvor unzertrennlich. Brüder. Trainingspartner. Die besten Freunde. „Das ist für uns beide ein harter Einschnitt“, sagt Andi Wittmann. Doch während Nico Wittmanns Triathlon-Karriere pausiert, hat Andi in diesem Jahr ganz andere Pläne. Er will durchstarten. Ingolstadt, Roth, Hawaii. So sieht seine Marschroute aus. „Ich bin schon voll im Trainingsmodus“, sagte der 30-Jährige. Seit Dezember trainiert er wieder sehr strukturiert. Durchschnittlich zwischen zwölf und 16 Stunden pro Woche. Schwimmen, Radfahren, Laufen. Im März fährt er mit seiner Frau Tanja und dem elf Wochen alten Sohn Toni ins spanische Girona. Weitere vier Wochen konzentriert an der Form feilen.
Das Ziel ist der Ironman Hawaii. Der große Traum aller Triathleten. Andi Wittmann qualifizierte sich für die Triathlon-WM mit einem überragenden zweiten Gesamtrang beim Ironman Cascais im vergangenen Jahr. Bruder Nico hätte das Podium in Portugal fast komplettiert – doch er erlitt kurz vor dem Ziel einen Kreislaufkollaps, als er unangefochten auf Platz drei lag. Der 27-Jährige wurde am Streckenrand notversorgt und nach drei Flaschen Cola ging es ihm wieder gut. Doch dadurch verpasste er das Hawaii-Ticket. „Aber ich wäre sowieso nicht dorthin geflogen“, verrät er. Die Südafrika-Pläne waren zu diesem Zeitpunkt weit fortgeschritten.
Seit einem Jahr verfolgen er und seine Freundin Lea diesen Traum. „Wir waren allerdings zuvor noch nie dort“, erzählt er. Es wird also eine Reise ins Ungewisse. Doch Bruder Andi ist sich sicher: Die Beiden werden sich wohlfühlen. Der sportliche Lifestyle passt. Andi und Tanja Wittmann waren bereits zweimal dort. Für sie ist es das Paradies. So gesehen verwirklicht nun sein Bruder Nico und dessen Freundin ihren Lebenstraum.
Andi wiederum wird sich einen neuen Trainingspartner suchen müssen, der ihn bei seinen sportlichen Vorhaben begleitet. „Das Nahziel ist erst einmal mein zweiter Start bei der Challenge Roth“, sagt der Zivilangestellte bei der Bundeswehr in Manching. Ein echter Formtest wird die deutsche Meisterschaft über die Mitteldistanz beim Triathlon Ingolstadt sein. „Das Ziel Hawaii habe ich aktuell noch nicht im Kopf“, sagt Andi Wittmann. Doch der Flug ist bereits gebucht. Ohne Nico dann. Ein völlig neues Gefühl. Denn bislang starteten sie immer gemeinsam bei den Rennen. Sowieso machten die Beiden vieles zusammen. „Wir durchliefen im Fußball alle Jugendmannschaften in Wettstetten“, erzählt Andi Wittmann. 2015 folgte der Wechsel zum Triathlon. Auch da waren sie unzertrennlich. Selbst die Familien reisten zu den Rennen mit und feuerten die beiden Sportler des TSV Gaimersheim an. Und auch privat arbeiten die Brüder zusammen. Mit „Roots-Coaching“ unterstützen und beraten sie andere Athleten bei der Ernährung und dem Sport. Zumindest eines ist klar: „Wir sind ja dank der modernen Medien nicht aus der Welt“, sagt Nico Wittmann. Auch der Besuch in Südafrika steht schon fest. Spätestens in einem Jahr. Vielleicht stehen sie ja dort am Start eines Triathlons. Dann endlich wieder vereint.
Ein Artikel aus der IN-direkt Print Ausgabe. https://issuu.com/in-direkt/docs/2022_kw_09_in-direkt-web
Bild: Die Wittmann Brüder