Keine Aussetzung der einrichtungsbezogenen lmpfpflicht in Ingolstadt – Antwort von OB Scharpf auf AfD
Keine Aussetzung der einrichtungsbezogenen lmpfpflicht in Ingolstadt
Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Rehm,
sehr geehrte weitere Mitglieder der AfD-Stadtratsfraktion,
das Gesetz zur Stärkung der lmpfprävention gegen COVlD-19 wurde mit großer Mehrheit im Bundestag und einstimmig von allen Landesregierungen im Bundesrat beschlossen und ist am 12. Dezember 2021 in Kraft getreten. Die hierdurch eingeführte einrichtungsbezogene lmpfpflicht dient dem Schutz besonders verletzlicher Bürgerinnen und Bürger die aufgrund ihres Gesund- heitszustandes und/oder Alters ein erhöhtes Risiko für schwere COVlD-19-Krankheitsverläufe aufweisen und ist deshalb verfassungskonform. Demokratisch beschlossene Gesetze sollten von allen Bürgerinnen und Bürgern beachtet werden – der Diensteid als Oberbürgermeister verpflichtet mich in besonderem Maße zur Treue dem Grundgesetz und Gehorsam den Gesetzen gegenüber. Gerade weil das lnfektionsschutzgesetz vorsieht, dass das Gesundheitsamt jeden Einzelfall, in dem ein lmmunitätsnachweis gegen COVlD-19 nicht bereits am 15. März 2022 vorliegt, gesondert prüfen wird, können auch die Belange der Versorgungssicherheit von Bewohnern von Einrichtungen und Patienten ausreichend in der Abwägung über die Verhängung von Sanktionen berücksichtigt werden.
Die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, leisten seit jeher unverzichtbare Arbeit für unser Gemeinwesen. Gerade in den vergangenen zwei Jahren ist diese Aufgabe aufgrund der Corona-Pandemie noch herausfordernder geworden. Ihnen gebührt unser aller Dank und Anerkennung. Erfreulicherweise haben die meisten Beschäftigten ihre besondere Verantwortung, die aus dem intensiven und engen Kontakt mit unseren verletzlichsten Mitmenschen resultiert, erkannt und längst eine der vielen Möglichkeiten genutzt, sich gegen COVlD-19 impfen zu lassen.
Für die übrigen wurde nun eine gesetzliche Impfpflicht gegen COVID-19 geschaffen. Dies ist kein grundsätzlich neues Vorgehen. Für die Beschäftigten in Gesundheitsberufen, aber auch die Beschäftigten in Schulen und in Kindertageseinrichtungen besteht bereits seit geraumer Zeit eine lmpfpflicht gegen Masern. Auch hier kann das Gesundheitsamt Betretungs- und Beschäf- tigungsverbote verfügen, wenn der lmpfpflicht nicht nachgekommen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner vorläufigen Entscheidung vom 11. Mai 2020 zur Masernimpfpflicht darauf hingewiesen, dass diese nicht nur den Einzelnen schützt, sondern gleichzeitig die Weiterverbreitung der Krankheit verhindert und insbesondere auch die Personen schützt, die selbst aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Das Verfassungsgericht betont in seiner Entscheidung, dass das Grundrecht aus Art. 2 Grundgesetz nicht nur ein Freiheitsrecht des Einzelnen ist, sondern dass durch eine lmpfpflicht gerade auch der aus diesem Grundrecht folgenden staatlichen Schutzpflicht für den Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit einer Vielzahl von Personen nachgekommen wird. Im aktuellen Gesetzgebungsverfahren zur COVID-19 Impfpflicht haben die geladenen Sachverständigen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bestätigt.
Wie heute auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek klargestellt hat, stellt auch die Staatsregierung die einrichtungsbezogene lmpfpflicht nicht grundsätzlich in Frage, sondern sieht lediglich Klärungsbedarf in einzelnen Umsetzungsfragen.
Mit COVID-19 lmpfstoffen bestehen umfangreiche Erfahrungen – allein in Deutschland wurden mittlerweile über 167 Millionen Impfdosen verabreicht. Weltweit sind es sogar über 10 Milliarden verabreichte lmpfdosen gegen COVID-19. Dennoch wird das Gesundheitsamt Ingolstadt – aber sicher auch die übrigen Gesundheitsämter – bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht berücksichtigen, dass der weitere Impfstoff Novavax, auf dessen Verfügbarkeit ein Teil der ungeimpften Bürgerinnen und Bürger noch wartet, voraussichtlich erst ab Ende Februar 2022 zur Verfügung stehen wird und dass daher eine Impfserie mit diesem Impfstoff noch nicht zum 15. März abgeschlossen sein kann.
Ich bin mir daher sicher, dass in den nächsten Wochen die lmpfquote in der Bevölkerung insgesamt, aber auch insbesondere bei den Beschäftigten, die der einrichtungsbezogenen lmpfpflicht unterliegen, weiter steigen wird. Bei der im weiteren Verlauf des Jahres möglichen Anordnung von Beschäftigungsverboten für einzelne dann noch ungeimpfte Arbeitnehmer kann jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die Versorgung z.B. in einer Klinik, einem Pflegeheim oder einer Behinderteneinrichtung dadurch gefährdet würde.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christian Scharpf