Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch!
Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch!
Ingolstadt, 14.12.2021
Wir leben heute in der sichersten Bundesrepublik. Und trotzdem ist eine unübersehbare Verrohung der Gesellschaft feststellbar, die sich in den letzten Jahren statistisch durch die hohe Zahl von Gewaltdelikten gegen Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst bemerkbar macht. Der DGB Ingolstadt und seine Mitgliedsgewerkschaften wollen dem etwas entgegensetzen und sich für mehr Respekt in unserer Gesellschaft einsetzen.
(Ingolstadt) Seit Jahren verzeichnet das jährlich erhobene Lagebild „Gewalt gegen Polizeibeamte“ neue traurige Höchstwerte. Im vergangenen Jahr gab es 8.587 Gewaltvorfälle gegen Polizistinnen und Polizisten. Das entspricht einer Zunahme von 7,9 % und ist damit der höchste Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2010.
Aber nicht nur Polizistinnen und Polizisten sind von Übergriffen betroffen. Das Phänomen betrifft viele Bereiche des öffentlichen Dienstes und des privatisierten Dienstleistungssektors und hat branchenübergreifend in den letzten Jahren stark zugenommen.
„Es geht um Menschen, die uns vor Verbrechen, Feuer oder Katastrophen schützen, um Menschen, die Busse, Züge und Straßenbahnen fahren oder begleiten, um Menschen, die sich bei Unfällen um uns kümmern, unsere Kinder betreuen oder auf den Ämtern und Behörden unsere Anliegen bearbeiten. Ohne diese Menschen würde unser Alltag nicht mehr funktionieren, weswegen wir für mehr Respekt auf
den Arbeits- und Dienststätten werben wollen,“ so Bernhard Stiedl, Stadtverbandsvorsitzender des DGB Ingolstadt.
Aus Sicht des DGB ist diese Entwicklung eine Begleiterscheinung des schwindenden gesellschaftlichen Zusammenhalts und eine brutale Folge der Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst. Denn trotz einer wachsenden Bevölkerung ist die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst seit dem Jahr 2000 gesunken und auch die prozentualen Ausgaben für den öffentlichen Dienst sind rückläufig.
„Wir haben als Gewerkschaften immer davor gewarnt, dass es für die Gesellschaft nicht ohne Folgen bleibt, wenn Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge gestrichen, gekürzt, privatisiert oder gebührenpflichtig werden“, betont Bernhard Stiedl. Daher ist es nun nach Auffassung der Gewerkschaften dringend geboten, den Investitionsstau bei Ämtern und Behörden, bei Bildungseinrichtungen, im Bereich der öffentlichen Sicherheit und im Gesundheitssystem, also in der gesamten öffentlichen Daseinsvorsorge, zu beheben.
Uns ist bewusst, dass es keine 100%ige Sicherheit geben wird. Aus diesem Grund fordert der DGB Hilfen für die Betroffenen. „Die Beschäftigten brauchen keinen Alarmknopf unter dem Schreibtisch oder ein Schulterklopfen des Vorgesetzten,“ gibt die stellvertretende Standverbandsvorsitzende, Steffi Kempe, zu bedenken. „Es fehlt an Schulungen zur präventiven Deeskalation und funktionierenden Mechanismen in der Nachsorge,“ so Kempe weiter.
Der DGB fordert: Die Beschäftigten dürfen mit diesen Problemen nicht allein gelas- sen werden und müssen sich bei schwierigen Situationen vorbereitet fühlen. Um Gefahren erkennen und rechtzeitig Handeln zu können, müssen die Beschäftigten wissen, wie man sich in einer Ausnahmesituation verhält. „Der Bedarf an geeigneten Schulungen ist groß, aber Schulungen alleine werden das Problem nicht lösen. Aus unserer Sicht ist die wichtigste Stellschraube eine ausreichende Personaldecke, damit die Kolleginnen und Kollegen ihren schwierigen und teilweise immer neuen Aufgaben auch gerecht werden können,“ bekräftigt Bernhard Stiedl. Diese Maßnahme, würde aus Sicht des DGB, alle Beteiligten entlasten.
Bild (v.l.n.r.): Bernhard Stiedl (Vorsitzender Stadtverband Ingolstadt), Steffi Kempe (Stv. Vorsitzende Stadtverband Ingolstadt), Günter Zellner (Regionsgeschäftsführer DGB Oberbayern) – Foto: DGB Stadtverbandes Ingolstadt