Der Kampf um den zweiten Grünring geht weiter
Ein Beitrag aus der aktuellen IN-direkt Ausgabe KW45
Initiatoren des Bürgerbegehrens stellen ihre Klagebegründung vor
An manchen Punkten im Leben kommen einem gewisse Anstrengungen wie der berühmte Kampf David gegen Goliath vor. Wenn bei Streitigkeiten neben inhaltlichen Themen juristische Feinheiten ins Spiel kommen, kann man schnell einen solchen Eindruck gewinnen. Insgesamt vier Juristen, darunter wohl auch einer der Regierung von Oberbayern, haben all ihr Fachwissen zusammengetragen und im Ablehnungsbescheid der Stadt Ingolstadt zum Bürgerbegehren „Hände weg vom Grünring“ eingebracht. Hintergrund ist der geplante Neubau einer Mittelschule im Ingolstädter Nord-Osten, den die Bürgerinitiative durch ihr angestrebtes Bürgerbegehren verhindern möchte. Dazu wurden die benötigten Unterschriften gesammelt und das vorgegebene Quorum erreicht.
Doch ob bei der Durchführung des Bürgerbegehrens, also dem Sammeln der Unterschriften um eine entsprechende Abstimmung in der Bevölkerung herbeizuführen, alles korrekt ablief, scheiden sich nun die (juristischen) Geister. Und um nicht ganz auf verlorenem Posten zu stehen und es auch mit den nun juristischen Herausforderungen des Klageweges aufnehmen zu können, hat sich die Bürgerinitiative rund um den ehemaligen ÖDP Stadtrat Franz Hofmaier und Reglindis Seyberth vom BUND die bekannte Rechtsanwältin Adelheid Rupp mit ins Boot geholt. Schon öfters wurden Bürgerinitiativen zunächst durch die Verwaltungen abgelehnt und danach dennoch von den Verwaltungsgerichten bestätigt.
Adelheid Rupp, die bereits einige ähnlich gelagerte Fälle juristisch betreut hat, erläuterte nun in einem Pressegespräch ausführlich die von ihr für die Bürgerinitiative eingereichte Begründungen der Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Stadt Ingolstadt. In Ihrer eingereichten Klagebegründung geht sie detailliert auf die von der Stadt in der Ablehnung aufgeführten Punkte ein. Die Materie stellt sich auch für den juristischen Laien schnell als Randbereich zwischen „Juristerei“ und Politik dar.
Die Stadt bemängelt unter anderem, dass die Bezeichnung des Sachverhaltes, der den Bürgern zur Unterschriftsammlung vorgelegt wurde, zu unbestimmt sei. Doch die Bürgerinitiative beruft sich darauf, den „Bebauungsplan Nr. 613 Ä“ genauso bezeichnet zu haben, wie er auch in den Vorlagen für den Stadtrat immer bezeichnet wurde. Auch ein in der Ablehnung von der Stadt angeführtes Klimagutachten kann aus Sicht von Rechtsanwältin Rupp keine Rolle spielen, da es erst nach Einreichung der Unterschriften erstellt wurde und somit als Wissensstand noch gar nicht bekannt war. Auch auf die in der Ablehnung angeführte Begrifflichkeit des „Biotopverbundes“ wird eingegangen. Hierbei kommt zur Sprache, dass die Stadt Ingolstadt selbst den Begriff des Biotopverbundes in diversen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem zweiten Grünring verwendet hat. Generell stellt sich überdies die Frage, welchen fachlichen Maßstab an ein Bürgerbegehren angelegt werden muss? Auch ohne Anwalt und juristisches Spezialwissen soll es den Bürgern möglich sein, ein entsprechendes Begehren bei entsprechendem Quorum erfolgreich initiieren zu können. Ob dies nun auch hier gelten wird, wird das zuständige Verwaltungsgericht entscheiden müssen.
Franz Hofmaier sieht sich auf alle Fälle gut gewappnet im weiteren Weg vor Gericht. Aus seiner Sicht und der seiner Mitstreiter kann jedes Argument des Ablehnungsbescheides klar widerlegt werden. Er erwartet einen positiven Ausgang des Verfahrens, bei dem nun in einem nächsten Schritt auch die Stadt Ingolstadt vom Gericht die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommt. Denn trotz des Klageweges gegen den Ablehnungsbescheid ist auch die Stadt nicht untätig geblieben: Anders als von vielen vermutet, wurde auch der Wettbewerb zum Neubau der geplanten Mittelschule Ende August wieder aufgenommen. Die Ausführungen von Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf im Stadtrat, dass erstmal bis zur juristischen Klärung alles auf Eis gelegt würde, hatten viele anders interpretiert und waren darüber mehr als erstaunt gewesen. Und auch sonst gibt es einige erstaunliche Punkte, die der Rechtsanwältin Adelheid Rupp aufgefallen sind. Aus vorliegenden E-Mails geht eindeutig hervor, dass auch mindestens ein Jurist der Regierung von Oberbayern am Ablehnungsbescheid der Stadt Ingolstadt mitgewirkt hat. Und das obwohl die Regierung von Oberbayern eigentlich die zuständige juristische Aufsichtsbehörde der Stadt sei.
Dass die Stadt mit der Fortführung des Wettbewerbes viel Geld ausgibt, obwohl das Projekt aus ihrer Sicht zum Scheitern verurteilt ist, ärgert die Mitglieder der Bürgerinitiative besonders. Denn auch die eigenen juristischen Anstrengungen kosten die engagierten Bürger Geld. Man hofft daher auch auf Spenden von Unterstützern, um die Anwältin zahlen zu können. Weitere Informationen hierzu und allgemein zum Bürgerbegehren findet man auf www.gruenring.de. Rechtsanwältin Rupp würde sich aus ihrer Beschäftigung mit dem Ingolstädter Fall einen kooperativeren Führungsstil der Stadt Ingolstadt wünschen und fände eine Lösung ohne Gericht etwa mit einem runden Tisch das Beste. Ob dies auch eine Lösungsoption sein kann und was das Gericht zur Sache sagt, wird man sehen.
Foto: Adelheid Rupp Franz Hofmaier Reglindis Seyberth (Foto Hans-Martin Kurka )