Caritas fordert politische Lösung für die Pflege
„Den Worten der Politik und der Gesellschaft müssen jetzt auch Taten folgen.“ Dies fordert der Caritasverband für die Diözese Eichstätt anlässlich des Internationalen Tages der Pflege am 12. Mai. „Den engagierten Pflegekräften und allen an der Pflege und Versorgung beteiligten Mitarbeitenden nur Lob zollen ist zu wenig. Sie müssen nun auch die Stellung in der Gesellschaft bekommen, die ihnen gebührt. Denn gute Pflege ist eine gesellschaftliche Aufgabe“, erklärt der Eichstätter Caritasdirektor Alfred Frank. Dies gelte umso mehr, als alle in der Pflege Beschäftigten in der Corona-Pandemie besonders belastet seien.
Höherer Stellenschlüssel gefordert
Frank und die für die Caritas-Altenpflege im Bistum Eichstätt verantwortliche Abteilungsleiterin, Hedwig Kenkel, sind davon überzeugt, dass die Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Pflegekräfte nur im Rahmen einer umfassenden Reform des Systems verbessert werden könnten. „Die Pflege muss insgesamt attraktiver gemacht werden, damit mehr Menschen diesen Beruf wählen. Und dafür dürfen nicht nur kosmetische Korrekturen vorgenommen werden, sondern muss der derzeit ungünstige Kreislauf in der Pflege durchbrochen werden“, erklärt Hedwig Kenkel. In diesem Kreislauf sei der Stellenschlüssel äußerst knapp bemessen und dadurch seien die Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden sehr belastend. Dies wiederum führe zu einem hohen Krankenstand oder dazu, dass Pflegekräfte ganz aus dem Beruf aussteigen. „Der Stellenschlüssel in der Pflege muss erhöht werden“, sagt die Caritas-Abteilungsleiterin daher. Nur wenn gute und planbare Rahmenbedingungen durch die Pflegeversicherung refinanziert würden, ließen sich die Belastungen und Arbeitsausfälle bei Mitarbeitenden reduzieren. „Das könnte den bisherigen Kreislauf durchbrechen und mehr Menschen für den Beruf begeistern“, meint Kenkel. „Davon würden nicht nur Pflegebedürftige und Mitarbeitende profitieren, sondern das Ansehen der ganzen Pflegebranche.“
Caritasdirektor Frank ist der Überzeugung, dass für die Berufswahl aber auch die künftigen Einkommensverhältnisse von entscheidender Bedeutung sind. Um Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern, setze die Caritas mit ihren Arbeitsvertragsrichtlinien auf faire Löhne, Fortbildungschancen und eine auskömmliche Absicherung im Alter. „Für die Caritas steht es außer Frage, dass qualifizierte Arbeit gut entlohnt werden muss.“ Deshalb setzt sie im Arbeitsrecht seit Jahrzehnten auf das aus ihrer Sicht bewährte System des „Dritten Weges“. Gemeinschaftlich handeln Dienstgeber und Dienstnehmer in einer paritätisch besetzten Kommission (AK) die Tarifverträge für alle Caritasmitarbeitenden aus. „Dieses konsensorientierte gemeinsame Ringen um den besten Weg hat dazu geführt, dass wir seit Jahren gute tarifliche Löhne zahlen“, erklärt Frank. Dies dürfe aber nicht zulasten der Bewohnerinnen und Bewohner gehen.
Eigenanteil deckeln
Doch im Moment steige mit jeder Pflegesatzverhandlung der Eigenanteil für die Heimbewohnerinnen und -bewohner, denn die Leistungen der Pflegeversicherung würden nicht parallel dazu angepasst. Dies könne schnell zur Sozialhilfeabhängigkeit im Alter führen, so Kenkel. „Die Gesellschaft muss sich fragen, was ihr gute Pflege wert ist“, meint die Pflegeexpertin. Es sei nicht mit einem „Altern in Würde“ vereinbar, wenn Menschen nach einer langen Lebensleistung zu Bittstellern werden und auf Grundsicherung angewiesen sind. „Pflegebedürftigkeit hat schon manche Familienexistenz zerstört, insbesondere wenn betriebliches Vermögen zum Privateigentum des Pflegebedürftigen gehört und daran die Existenz der nachfolgenden Generation hängt“, veranschaulicht die Pflegeexpertin. Dem müsse der Staat einen Riegel vorschieben und den Eigenanteil der Versicherten zeitlich und finanziell begrenzen. Deshalb begrüßt Kenkel die inzwischen angestellten Überlegungen zu einer umfassenden Reform der Pflegeversicherung, die in diese Richtung gehen. Das anvisierte neue System sei ein wünschenswerter Paradigmenwechsel und habe viel Ähnlichkeit mit der Krankenversicherung. „Wer in unserer Gesellschaft krank wird, muss keine Angst haben, dass er sich dieses Kranksein nicht leisten kann. Dies muss auch für Pflegebedürftigkeit gelten.“
Einsatz und Solidarität gezeigt
Alfred Frank und Hedwig Kenkel bedanken sich anlässlich des Tages der Pflege bei allen Caritasmitarbeitenden in der Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft, Haustechnik, Küche und Verwaltung. „Sie haben in letzter Zeit Herausragendes geleistet“, so Frank. Dazu zähle nicht nur deren Einsatz für Pflegebedürftige und Angehörige. Kenkel verweist auch auf die Solidarität unter den Pflegenden selbst. „Mehrere Pflegekräfte aus Caritas-Seniorenheimen haben in anderen – von der Pandemie teilweise stark betroffenen – Einrichtungen freiwillig ausgeholfen. „Für das Wohl der alten Menschen und aus Solidarität mit ihren Kolleginnen und Kollegen haben sie Risiken in Kauf genommen, um die Lage in den betroffenen Seniorenheimen zu stabilisieren. Das verdient höchste Anerkennung“, sagt Kenkel.
Fotos: Caritas/Esser