Dr. Anton Böhm: Impfstoff Diskussion den Hausärzten aufgebürdet
In einem offenen Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Söder und Gesundheitsminister Holetschek kritisiert der Ärztliche Leiter der Hausarztzentren Ingolstadt, Dr. Anton Böhm die aktuelle Regelung, den AstraZeneca Impfstoff nicht in den Impfzentren zu verimpfen. Grundsätzlich hätte man sich bei sofortiger Einbeziehung der Hausärzte in die Impfstrategie die teuren Impfzentren sowieso komplett sparen können:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,
sehr geehrter Herr Gesundheitsminister Holetschek,
eigentlich müsste man alle bayerischen Hausärzte auffordern die Verimpfung des Impfstoffs von AstraZeneca grundsätzlich zu verweigern, solange bis auch die Impfzentren gezwungen werden diesen Corona-Impfstoff zu verwenden. Nicht, dass dieser Impfstoff an sich schlecht wäre, im Gegenteil, es ist ein gleichwertig wirksamer Impfstoff mit relativ wenig Nebenwirkungen, wenn er an die richtige Bevölkerungsgruppe verimpft wird. Es gibt hierfür wenigsten große Statistiken (16,7 Millionen Dosen mit ca. 0,00035 % NW), solche Statistiken gibt es für den Impfstoff von Moderna nicht in annähenden Zahlen.
Diesen „übriggebliebenen“ und schlecht geredeten Impfstoff nun allein den Hausärzten aufzudrängen und damit die Diskussionen unter Ausnutzung unserer guten Arzt-Patienten-Beziehung in die bayerischen Praxen zu verlagern, ist bereits der zweite Affront der bayerischen Politikerelite.
Die Hausärzte*innen sollen nun für 20 Euro pro Impfung samt Aufklärung, Diskussion und Nachbeobachtung, das durchführen, was im Impfzentrum bisher jeweils ca. 300 Euro Kosten verursachte. Auch wir haben ein Recht darauf mit dem Impfstoff beliefert zu werden, den wir mit dem Impfrezept in der Apotheke ordern! Es war bereits ein Affront die niedergelassenen Ärzte von der bisherigen Impfkampagne auszuschließen. Andere Länder haben mit den niedergelassenen Ärzte*innen zusammengearbeitet und deutlich schnellere und bessere Erfolge damit erreicht.
Es hätte meiner Meinung nach die unerhört teuren Impfzentren gar nicht gebraucht. Es hätten dazu einige von Angestellten verwaltete Tiefkühlschränke pro Region gereicht, von denen alle Ärzte wöchentlich ihre benötigten Impfdosen abholen hätten können. Es funktioniert doch auch jetzt sehr gut, dass wir wöchentlich tiefgekühlten BionTech Impfstoff erhalten und dieser wird bis Freitag z.B. auch sogar bei Hausbesuchspatienten*innen verimpft. Wer glaubt Ärzte*innen würden Priorisierungsschritte nicht einhalten, zeigt welchen Geistes Kind er/sie ist. Priorisierungen kommen in unserem Beruf immer wieder mal vor und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese von allen Kollegen*innen gewissenhaft durchgeführt werden wie z. B. bei der letzten Grippeimpfung wegen fehlender Staatsreserven.
Noch ein Wort zu den Reiserückkehrern:
Unser Land ist nicht fähig ein Reiseverbot auszusprechen, ist aber auch in keinster Weise im Stande oder Willens die Quarantänevorschriften auf Einhaltung zu kontrollieren. Dies zeigen uns tägliche Vorkommnisse in unseren Praxen. Man muss sich aber im Klaren sein, wenn jemand für eine Woche verreist und ca. einen Tag vor Rückkehr nur einen negativen Coronatest vorweisen muss, egal ob Schnell- oder PCR-Test, testen wir damit nur maximal die ersten drei Reisetage auf eine Ansteckung. Dies muss unbedingt geändert werden. Zumindest müssten die Reisenden nach Rückkehr aus jeglichem Ausland ca. 8 Tage lang einen Schnelltest vor jedem Arbeitstag nachweisen. Aber auch hierbei würden wir nur die „Superspreader“ herausfiltern, denn bei einem CT-Wert von 30, so unsere Erfahrung, hört die Qualität der Schnelltests auf, so dass ein Restrisiko bleibt und trotz Test alle AHA-Regeln zwingend eingehalten werden müssen. Den Betrieben und Schülern einen Schnelltest gesetzlich zwingend vorzuschreiben, das könnte man noch eventuell befürworten. Die Schonung der Reisenden jedoch wird sich in 8-10 Tage nach den Osterferien mit einem deutlichen Inzidenzanstieg rächen, der wieder einmal zu Lasten der Kinder, Jugendlichen und Pflegekräfte und natürlich genauso vieler Kleinunternehmer gehen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Anton Böhm
Ärztlicher Leiter der Hausarztzentren Ingolstadt