Coronaausbruch im Heilig-Geist-Spital: Kein Organisationsversagen
Das Ausbruchsgeschehen im Heilig-Geist-Spital stand noch einmal ganz oben auf der Tagesordnung des Sozialausschusses. Dabei ging es um das Ergebnis eines Prüfberichts von Gesundheitsamt und Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht. Sozialreferent Isfried Fischer erläuterte im Ausschuss die Ergebnisse: „Wir haben nicht jeden Tag minutiös rekonstruieren können.“ Am 29.12. hatten Schnelltests die ersten positiven Ergebnisse gebracht. Im weiteren Verlauf des Corona-Ausbruchs sind im Heilig-Geist-Spital 73 Bewohner und 31 Betreuungskräfte infiziert weorden, 22 Personen sind verstorben, ein 23. Todesopfer war erst vor kurzem gemeldet worden – ob dieser Fall mit dem Krankheitsausbruch Ende Dezember in Zusammenhang steht, kann nicht gesagt werden.
Für den Prüfbericht war die Zeit ab dem 22. Dezember untersucht worden: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen haben zu welcher Zeit geherrscht und wie sahen Hygieneplan Test- und Besuchskonzept aus? Diesen Fragen wurde nachgegangen und Einsicht in Unterlagen des Heims genommen und die Heimorganisation geprüft. „Wir sind auch Vorwürfen nachgegangen, wie z.B eine unzureichende Zahl der zur Verfügung gestellten Schutzausrüstungen,“ betonte Fischer. Das Ausbruchsgeschehen war laut Fischer „von erheblicher Komplexität geprägt“.
Das Hygienekonzept für die Eichrichtung, sowie das Besuchs- und Testkonzept entsprach nach Angaben des Sozialreferenten immer den rechtlichen Anforderungen. Eine Testung der Mitarbeiter sei nachweislich erfolgt und auch 46 bzw. 48 Besucher seien in der Weihnachts- und Silvesterwoche getestet worden. Ausgangsrechte waren zu gewährleisten, auch bei einem Ausbruchsgeschehen (außer jemand stand unter Quarantäne), Bewohner, die die Einrichtung verlassen haben, mussten Hygieneregeln anwenden und ihnen wurde empfohlen, sich im Zimmer aufhalten. Mit den ersten positiven Fällen wurden die Wohnbereiche isoliert und das Tragen von Schutzausrüstungen für Betreuer angeordnet sowie das Tragen von FFP 2 Masken. „Es war auch immer eine ausreichende Menge vorhanden“, so Fischer. Im Januar seien extra Schutzoveralls nach bestellt worden: „Diese Verpflichtung sehen wir als erfüllt an.“
Die Taskforce Pflege unterstützte das Heim beim Ausbruch und brachte zusätzliche Vorschlage, wie die Zimmer Markierung („Aus unsere Sicht die richtige Vorgehensweise“) oder die Reduzierung der Sitzgelegenheiten. „Hinterher ist man immer etwas schlauer,“ meinte Isfried Fischer: „Man hätte bei Bewohnern stärker werben können, sich testen zu lassen.“ Zwangsweise Tests seien nicht möglich, dies funktioniere nur auf freiwilliger Basis, so Fischer. Es gab einen Fall, wo es zwischen dem Personal eine Kontaktpersonen 1 gab: „Dabei hätte es auch sein können, dass sich die Personen privat getroffen haben.“ Das Heim hat sich bemüht, ein den Umständen entsprechendes Weihnachtsfest zu ermöglichen, bei dem unter Einhaltung der Abstände Lieder gesungen und Kaffee getrunken wurde: „Wir können hier keinen konkreten Anteil der Aktivitäten am Ausbruchsgeschehen fest stellen.“
Der Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens sei tragisch gewesen, weil das Heim seit März 2020 bis zu diesem Ausbruch keinen Corona-Fall verzeichnet hatte. Das spräche auch für die allgemeine Organisation des Heims und die Hygienekonzepte. Aber Isfried Fischer meinte auch: „Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz.“
Oberbürgermeister Christian Scharpf erklärte: „Mittlerweile sind in Ingolstadt alle Heimbewohner geimpft, aber das kam in diesem Fall zu spät. Das ist wirklich tragisch.“
Achim Werner (SPD, Mitglied des Stiftungsrats der Heilig-Geist-Spital-Stiftung) erinnerte an die Sondersitzung des Sozialausschusses, bis zu der das Thema „mit großer Sensibilität behandelt wurde und wir damals schon von der Heimleitung umfassend informiert wurden.“ Aber anstatt die Lage zu beruhigen, hätten sich einige Stadtratskollegen nicht zurück halten können und hätten ndas Thema politisch ausgeschlachtet. Pflegekräfte und Heimleitung fühlten sich an den Pranger gestellt, ohne dass handfeste Informationen geliefert worden sein. Die Konsequenz sei ein neuerlicher Aufschrei in der Öffentlichkeit gewesen. Achim Werner sieht durch den Prüfbericht die Pflegekräfte und die Heimleitung rehabilitiert: „Es gab kein Organisationsversagen, auch die Staatsanwaltschaft hat keinen Anlass gesehen, Vorermittlungen aufzunehmen. Es kann niemand persönlich dafür verantwortlich gemacht werden, was dort passiert ist.“
Brigitte Mader (CSU) hatte in Werners Kritik eine Kritik am Fragenkatalog der CSU vermutet: „Fragenkataloge hat es in der Vergangenheit immer gegeben,“ meinte sie. „Wir sind alle froh, dass die Vorgänge aufgeklärt wurden und es keine Unregelmäßigkeiten gab.“
OB Scharpf: „Ich finde einen Fragenkatalog nie unanständig, das ist absolut in Ordnung.“
Eva Bulling-Schröter (Linke) erklärte zur Causa Heilig-Geist-Spital: „Man kann daraus lernen, noch genauer hin zu schauen. Wir brauchen noch mehr Aufklärung.“ Sie dankte der Stadt für die Einrichtung eines Corona Telefons für den Stadtrat und forderte zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Situation in der Pflege auf.
Georg Niedermeier (UWG) wollte das Prüfungsergebnis nicht kritiklos abnicken. Es gäbe Einrichtungen, die besser oder glücklicher durch die Krise gekommen seien, meinte er. „Irgendetwas muss ja Schuld gewesen sein“. Das betätige auch der Bericht, im dem folgende Punkte genannt wurden: Freiwillige Testungen hätten umfangreicher sein können, Kontakte im privaten Umfeld seien erfolgt, Familienmitglieder hätten Angehörige nach Hause mit genommen, es sei nicht geklärt, in wie weit Pfleger/innen Urlaub gemacht haben oder Verwandte besucht haben, und Angehörige hätten drauf gedrängt, ihr Besuchsrecht auszuüben. „Ich weiß aus anderen Einrichtungen, dass man da sehr hart vorgegangen ist,“ so Niedermeier. „Es gibt Anzeichen dafür, dass man es hätte besser machen können.“
Isfried Fischer wies darauf hin, dass weiteren Kontaktbeschränkungen, die über die Regelungen des Heilig-Geist-Spitals hinaus gegangen sind, sich an der Grenze zur Freiheitsberaubung befänden.
Agnes Krumwiede (Grüne) erklärte schließlich, dass es nicht um individuelle Schuldzuweisungen ginge, sondern um Ursachenforschung: „Es war wichtig, dass mit dem Prüfbericht die richtigen Konsequenzen gezogen wurden.“ Künftig müsse man genauer hinsehen.
Die Fragenkataloge von CSU und FW und die Antworten darauf finden Sie unter folgendem Link:
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