Graffiti und FFP 2 Masken zum Tag der Frau in Ingolstadt
Der Frauentag findet jedes Jahr am 8. März statt. Daran ändert auch Corona nichts. Die städtische Gleichstellungsstelle lässt sich von Corona nicht abbringen und hat eine der Pandemie angepasste Aktion mit dem Motto „there is no limit“ für Frauen geplant: Bedruckte FFP 2 Masken werden an die Netzwerkpartnerinnen im Stadtgebiet versendet, so dass viele Frauen mit bedruckten FFP 2 Masken auf den Frauentag hinweisen können. Besonders freuen sich Bürgermeisterin Petra Kleine und die Gleichstellungsbeauftragte Barbara Deimel über die Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring und den jugendlichen Künstlerinnen Julia Pezala, Lisa Kappner und Lissi Krauthammer. Normalerweise sprühen die Künstlerinnen Graffitis. Dieses Mal wagen sie sich an ein digitales Graffiti, das die Gleichstellungsstelle auf ein Banner (5 m x 2,5 m) druckt und das am Montag, 8. März auf dem Rathausplatz präsentiert wird und dort auf den Internationalen Frauentag hinweist. Gerne dürfen übrigens Selfies mit dem Banner gemacht werden, auf dem auch eine Katze zu sehen ist, die auf das sogenannte „Catcalling“ anspielt. Als Catcalling werden übergriffige, sexuell aufgeladene Kommentare von Männern gegenüber Frauen bezeichnet.
Bürgermeisterin Petra Kleine begrüßt zum Frauentag 2021 die Kunstaktion, mit der junge Frauen sich künstlerischen den öffentlichen Raum erobern, dort sichtbar sind und so die Stadt mitgestalten. Es sei beim inzwischen 44. Internationalen Frauentag unübersehbar, dass Frauen immer noch für Gleichstellung auf die Straße gehen müssen, um sich generationenübergreifend für gerechte Bezahlung oder ein diskriminierungsfreies Leben einsetzen. Beim Frauentag 2021 sei ihr vor allem wichtig festzuhalten, dass es Veränderung nur geben werde, wenn wir Gemeinsamkeit schaffen und unsere Vielfalt zulassen.
Barbara Deimel erklärt: „Der Frauentag ist für viele Frauen auf der ganzen Welt seit hundert Jahren ein wichtiger Termin im Kalender. Dabei wird am Frauentag gefeiert, was Frauen in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten erreicht haben. Gleichzeitig setzen sich Frauen bei weltweiten Veranstaltungen für mehr Gleichstellung ein. Mehr Gleichstellung – auch in Ingolstadt – fordern wir für die Frauen vor allem bei der Verteilung der Care-Arbeit, also der unbezahlten Sorgearbeit, bei der Lohngerechtigkeit, bei der politischen und wirtschaftlichen Teilhabe und beim Schutz vor Gewalt.“
Gleichstellung sei wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft, finden 85 Prozent der Männer und 84 Prozent der Frauen in Deutschland, fasst der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zusammen. Seit über siebzig Jahren genießt die Gleichberechtigung auch Verfassungsrang. Durch das Grundgesetz ist garantiert, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Zur besseren Durchsetzung der Gleichberechtigung ist der Staat aufgefordert, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken.
Wo gibt es heute noch Nachteile hinsichtlich Gleichstellung?
Ein Beispiel ist die die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Der Verdienstunterschied beträgt deutschlandweit 19 Prozent und liegt in Ingolstadt bei 36 Prozent. Wobei nur ein gerechtes Gehalt Freiheit und Unabhängigkeit bietet – gerade auch für Frauen.
Für diesen sogenannten Gender Pay Gap, also die Gehaltslücke, werden die Durchschnittsverdienste aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erfasst. Damit fließen auch strukturelle Nachteile ein, wie zum Beispiel schlechtere Zugangschancen zu unterschiedlichen Berufen und Karrierestufen. Das statistische Bundesamt geht davon aus, dass 71 Prozent des Verdienstunterschiedes strukturbedingt, also unter anderem darauf zurückzuführen sind, dass Frauen in schlechter bezahlten Berufen arbeiten und seltener Führungspositionen erreichen. In diesem Zusammenhang steht auch die Verteilung der Care-Arbeit, also der unbezahlten Sorgearbeit wie Kinderbetreuung, Pflege und Haushalt. Frauen leisten diese jeden Tag vier Stunden und 13 Minuten und damit 52 Prozent mehr als Männer, so im zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung nachzulesen.
Unterrepräsentiert sind Frauen auch in den (audiovisuellen) Medien. Hier tauchen überwiegend Männer (67 %) auf, zeigt eine Studie von „malisa“, eine Stiftung der Schauspielerin und Ärztin Maria Furtwängler, auf. Besonders deutlich wurde dies in der Anfangszeit der Corona-Krise. Hier wurden als Expertin Frauen nur zu sieben Prozent erwähnt, als Forscherin zu rund fünf Prozent und als Virologin zu vier Prozent.
Als extremste Form der Benachteiligung dürfte die Gewalt gegen Frauen gelten. Jede dritte Frau ist in Deutschland von sexualisierter und / oder körperliche Gewalt betroffen. Jedes Jahr werden über hunderttausend Frauen verletzt und mehr als hundert Frauen wurden von ihren (Ex-)Partnern getötet. Soweit die Zahlen des Bundesministeriums für Familie und der kriminalstatischen Auswertung des Bundeskriminalamtes. Fachleute sind sich einig, dass diese sogenannten Hellfeldzahlen um ein Vielfaches in der Realität übertroffen werden.
Wie können Nachteile beseitigt werden?
Hier kommen unter anderem auch die Gleichstellungsstellen ins Spiel. Gleichstellungsbeauftragte Deimel dazu: „Wir haben mit der Gleichstellungsarbeit das Ziel, allen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dazu weisen wir auf Diskriminierungen, Ungleichheiten und Ausschlussmechanismen hin und versuchen mit Veränderungsprozessen und dem Aufzeigen von neuen Strukturen Verbesserungen zu erreichen.“ Barbara Deimel ist überzeugt, dass mit mehr Gleichstellung der Zusammenhalt der Gesellschaft und die Lebensqualität steigt. Ein wichtiges Instrument bietet auch die „Istanbul Konvention“, die am 1. Februar 2018 in Kraft getreten ist. Die Istanbul-Konvention ist ein Abkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die in Istanbul ratifiziert wurde. Die umfassenden Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zum Schutz der Opfer und zur Bestrafung der Täter und Täterinnen, gelten für alle staatlichen Ebenen in Deutschland. Zudem zielt die Konvention auf die Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau ab sowie auf das Recht von Frauen auf ein gewaltfreies Leben. „Letztendlich sollten wir uns alle bemühen, die Gleichstellung voranzubringen und Ungleichheiten anzupacken. Es ist wichtig für alle, Gerechtigkeit zu erfahren und das geht nur gemeinsam“, so Deimel.
Den Internationalen Frauentag feiern Frauen auf der ganzen Welt seit mehr als hundert Jahren. Weltweit in 26 Ländern und im Bundesland Berlin ist der Frauentag ein Feiertag. Seine Wurzeln hat der Frauentag in der Arbeiterinnenbewegung des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts.