Rückblick auf ein bewegendes und unvorhersehbares Jahr
2020. Es sollte eigentlich DAS Jahr der Kommunalpolitik werden. Die Wahl konnte gerade noch so dem Virus entkommen, dann kam alles anders. Und trotzdem ging auch das Stadtrat-Leben weiter. Zeit in den letzten Wochen über 2020 nachzudenken. Daher unsere Frage an die Fraktionen: Wie sieht Ihr Rückblick auf ein ereignisreiches kommunalpolitisches Jahr aus?
Der Jahresbeginn war geprägt vom Wahlkampf für die Kommunalwahl im März. Der hektische Endspurt vor der Wahl wurde abrupt abgebremst durch die Corona-Pandemie. Sie brachte das soziale Leben und die Wirtschaft fast zum Stilstand. Politik und Verwaltung waren umso mehr gefordert. Und mittendrin Wahl und Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters mit bekanntem Ergebnis.
Mit der Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse zog ein neuer Politikstil in Rathaus und Stadtrat ein. Deutlich wurde dies unmittelbar bei der Besetzung der Bürgermeister*innen-Ämter. Diskussionen und Debatten im Stadtrat werden ergebnisoffen geführt und sind geprägt von der Suche nach den bestmöglichen Lösungen. Dies gilt auch für personelle Entscheidungen, wie sich kürzlich bei der Wahl zweier neuer Referenten zeigte.
Nach der Kommunalwahl stand über alle parteipolitischen Grenzen hinweg ein konstruktives Miteinander aller Verantwortlichen im Vordergrund, um die Auswirkungen der Pandemie bewältigen zu können.
Als Neuling in Stadtrat und kommunalpolitischem Betrieb nehme ich wahr, dass in Ingolstadt alles getan wurde und wird, um die Folgen der Pandemie bestmöglich abzumildern und gleichzeitig die vielfältigen sonstigen Themen nicht zu vernachlässigen.
Insgesamt war das Jahr 2020 ein sehr herausforderndes, aber insbesondere für uns GRÜNE aufgrund der politischen Stärkung auch ein sehr erfolgreiches Jahr.
Maria Segerer, Stadträtin
Das kommunalpolitische Jahr 2020 begann für die AfD mit der Kommunalwahl am 15.03.20.
Nach einem sehr anstrengenden Wahlkampf konnten wir in Fraktionsstärke in den
Ingolstädter Stadtrat einziehen.
Neben dem langjähren Stadtrat Ulich Bannert, wurden Lukas Rehm, Oskar Lipp und Günter
Schülter zum ersten Mal in den neuen Stadtrat gewählt. Trotz der „Vorwarnung“ unseres
langjährigen Stadtrates erwarteten uns sehr viel zeitaufwändige Arbeiten und neue Herausforderungen,
wie z.B. die Organisation der neuen Fraktion, des Bürgerbüros u. deren
Mitarbeiter. Mit der Vereidigung am 04.05.20 begann die eigentliche politische Arbeit in den
Gremien & Ausschüssen.
Hervorzuheben sind vor allem die Anfrage zu den Kosten der Migrationsratswahl, sowie
unser 1. Antrag zur Belebung der Innenstadt durch Einbindung der Donau (Surfwelle) und
Gastronomie.
Durch die Corona Situation ergeben sich neue Gesichtspunkte. Das macht sich u.a. in den
Gewerbesteuerausfällen der Stadt Ingolstadt bemerkbar. Die AfD-Stadtratsfraktion hat dem
aktuellen Stellenplan aus Sorge um zukünftige Finanzierung nicht zugestimmt. Dabei sind
Pflichtaufgaben, z.B. Kitas, Schulen, etc. zu leisten und werden von uns niemals in Frage
gestellt.
Oskar Lipp
2020 war für die Linke in kommunalpolitischer Hinsicht ein Erfolgsjahr. Wir sind wieder mit zwei Stadträten vertreten und damit können wir wieder aktiv vor Ort in der Kommunalpolitik mitmischen. Wir kümmern uns um die Stadtgemeinschaft und sorgen uns um diejenigen, die sonst kein Sprachrohr in der Politik haben.
Besonders freut uns, dass es gelungen ist eine CSU, die 48 Jahre die Stadt regierte abzulösen und mit einem SPD OB sind Veränderungen machbar, für die auch die Linke seit vielen Jahren eintritt.
Als großen Erfolg werten wir die Eingliederung der Service GmbH zurück ins Klinikum. Gerade hier zeigt sich, dass andere Mehrheiten etwas bewirken können. Die Zwei- Klassengesellschaft an Beschäftigten gehört endlich der Vergangenheit an.
Die Corona – Schutzmaßnahmen fordern auch uns und gerade auch diejenigen, deren Existenz dadurch bedroht werden. Die Linke hat sich im Sommer bemüht Möglichkeiten für Unternehmen aus dem Gastro – und Veranstaltungsbereich für Einkommen zu sorgen. Und gerade SchülerInnen, die aufgrund schlechter technischer Ausstattung weniger Lernchancen haben sind uns wichtig. Deswegen setzen wir uns auch nach wie vor noch dafür ein, dass die Ingolstädter Kinder in Zeiten von Corona nicht das Nachsehen haben, auf gute Endgeräte zugreifen können und entsprechend pädagogisch betreut werden.
Eva Bulling-Schröter
Kritische Kraft der politischen Mitte
2020 war ein turbulentes Jahr mit vielen Herausforderungen, Überraschungen und Veränderungen. Die Wähler haben uns Freie Wähler erneut mit der Aufgabe betraut, innerhalb der politischen Mitte den Platz der eigenständigen und kritischen Kraft einzunehmen. Mit vier Mandaten und der Kooperation in der Ausschussgemeinschaft mit FDP und JU sind wir in der Lage, uns Gehör zu verschaffen. Die Verbesserung des Klimas im Stadtrat war allgemeiner Wunsch, und wir stellen fest, dass die bisherige Entwicklung durchaus positiv ist. Ob das langfristig so bleibt, wird die Zukunft zeigen. Eines hat sich aber nicht geändert: Schon wieder wechseln Stadträte die Fahne, unter der sie segeln. Wer UDI gewählt hat, bekommt UWG, und wer der BGI die Stimme gegeben hat, der hat keine Stadträte mehr, obwohl er sie gewählt hat. Die „unberechenbare Wählergemeinschaft“ ist nichts anderes als eine Mogelpackung. Und dann die Pandemie, die in unser Leben eingreift, wie wir uns das nie haben vorstellen können. Sie erschwert auch die kommunalpolitische Arbeit, Entscheidungen zu treffen, ist schwieriger geworden. Aber so wie die Gesellschaft damit zurechtkommen und aus Erfahrungen lernen muss, so müssen auch wir es.
Hans Stachel, Vorsitzender der FW-Stadtratsfraktion
2020 – Politischer Neuanfang in Ingolstadt
Die Corona-Pandemie hat unsere Leben an vielen Stellen verändert. Auch die Kommunalpolitik wird stark
von den Auswirkungen geprägt. Umso mehr freuen wir uns, dass Dr. Christian Scharpf die Stichwahl im
März 2020 für sich entscheiden konnte und das Amt des Oberbürgermeisters gewann.
Mit diesem politischen Neuanfang hat sich auch viel in der Stadtpolitik verändert. Es gibt keine klare
Regierungskoalition mehr. Das heißt, es müssen immer wieder neue Mehrheiten gefunden werden, da
gilt es in der Sache zu überzeugen. Dabei ist es egal, von welcher Partei der Vorschlag kommt, wichtig ist
nur, ob er einen Nutzen für Ingolstadt und seine Bürger*Innen bringt. Insofern freuen wir uns, dass wir
bereits mit einigen unserer Forderungen überzeugen konnten, wie jüngst in der Stadtratssitzung mit der
Rückführung der Veranstaltungs gGmbH zurück ins Kulturreferat und der Bezahlung der Mitarbeiter der
Servicegesellschaft am Klinikum nach dem TVöD.
Corona spiegelt sich aber auch in vielen anderen Bereichen wieder, wie bei Veranstaltungen und Festen
oder im kommunalen Haushalt. Wir werden uns auf sinkende Steuereinnahmen einstellen müssen. Das
heißt, wir müssen unseren Haushalt mit sehr viel Umsicht planen, Investitionen genau prüfen und
zeitgleich gute Lebensbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen.
Christian De Lapuente, Fraktionsvorsitzender
Wann geht es richtig los?
Das Jahr 2020 begann sehr erfolgreich mit der Kommunalwahl. Dort konnten wir zwar keine weiteren Sitze im Stadtrat gewinnen, jedoch unser wichtigstes Ziel, ein Politikwechsel für Ingolstadt einzuleiten, wurde erreicht.
Leider wurde dann sämtliche politische Arbeit durch Corona überschattet.
Viele wichtige Abstimmungen konnten deshalb erst verspätet begonnen und teilweise noch nicht abgeschlossen werden.
Dazu gehört ein Innenstadtkonzept aber auch die grundsätzlichen Überlegungen, wie Ingolstadt im Jahre 2050 aussehen soll. Diese Verzögerung sorgt dafür, dass einzelne Entscheidungen noch nicht zukunftsorientiert getroffen werden.
Dies zeigt sich zum Beispiel bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen aber auch dem Standort der Mittelschule Nord Ost, die im zweiten Grünring entstehen soll.
Die mit dem Politikwechsel erhoffte ökologische Politik hat damit noch nicht den Stellenwert erreicht, den sie haben muss.
Corona hat auch dafür gesorgt dass die Stadt ihr Investitionsprogramm überdenken muss.
Die Abstimmungen dazu sind zwar für nächstes Jahr vorgesehen, jedoch ist schon jetzt jede einzelne Ausgabe zu überprüfen. Die anstehende Haushaltsdebatte wird hier noch allerlei Zündstoff in sich tragen.
Raimund Köstler
UWG
Der Beginn des Jahres 2020 war durch die Kommunalwahl am 15. März geprägt. Die Mitglieder der UDI stürzten sich mit großem Engagement in den Wahlkampf, bis die Corona Pandemie Anfang März alle öffentlichen Veranstaltungen beendete.
Nach einem spannenden Wahlabend am 15. März zog die UDI dank über 90.000 Wählerstimmen mit zwei Sitzen in den neuen Stadtrat ein.
Nahezu alle Themen im Jahr 2020 waren und sind durch die Corona Pandemie beeinflusst. Der befürchtete Rückgang der Einnahmen im Jahr 2021 wird sich negativ auf den Haushalt auswirken. Hinzu kommen noch die dringend erforderlichen Sanierungsmaßnahmen in Schulgebäuden, Kindertageseinrichtungen und Sportanlagen, die in der letzten Stadtratsperiode immer verschoben wurden, um mit einer schuldenfreien Stadt Ingolstadt zu glänzen. Die Quittung zahlen wir jetzt in dieser schwierigen Zeit!
Die positive Zusammenarbeit mit den beiden Stadträten der BGI hat Sepp Mißlbeck und mich bestärkt ab 1. November 2020 mit Christian Lange und Georg Niedermeier eine Stadtratsfraktion mit dem Namen „Unabhängige Wähler Gemeinschaft (UWG) zu gründen. Mit dieser Verbindung erhoffen wir uns noch mehr Gewicht und Aufmerksamkeit in der kommunalpolitischen Arbeit.
Jürgen Köhler, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Unabhängige Wähler Gemeinschaft (UWG)
Zeit des Umbruchs
Das Jahr 2020 ist für die CSU ein Jahr des Umbruchs. Die Ingolstädter Wählerinnen und Wähler haben sich bei der Kommunalwahl für einen politischen Wechsel entschieden. Als immer noch größte Fraktion mit nunmehr 13 Stadträten stellt die CSU mit Dr. Dorothea Deneke-Stoll die 2. Bürgermeisterin. Von ihr werden die Interessen der CSU weiterhin im Rathaus vertreten.
Rückblickend kann ich jetzt schon bemerken, dass sich die Politik im Wesentlichen dahingehend verändert hat, dass sparsamer Umgang mit Geld und Ausgabenkritik eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Während die CSU immer auf einen soliden Haushalt bedacht war, gehen derzeit die Ausgaben jetzt mit vielerlei Projekten, aber gerade auch mit einem starken Zuwachs an Personalstellen, beunruhigend nach oben. Die wirtschaftliche Situation, auch entstanden durch die Corona bedingten Einschränkungen, lassen keine guten Vorzeichen erkennen.
Die CSU-Stadtratsfraktion wird weiterhin alle sachpolitische Themen konstruktiv vertreten und dabei immer auch eine solide Haushaltssituation im Auge behalten. Wir werden uns nach besten Kräften im Rahmen der möglichen Mehrheiten für die Interessen der Ingolstädter Bürgerinnen und Bürger einsetzen.
Alfred Grob, MdL und Fraktionsvorsitzender
2020 war und ist ein unglaublich spannendes Jahr in der Kommunalpolitik. Angefangen hat es gleich mit dem Paukenschlag der Wahl. Für uns als FDP war sie sehr erfreulich, da wir jetzt mit zwei Stadträten im Stadtrat vertreten sind. Zusammen mit der JU Ingolstadt bilden wir seither eine sehr produktive Ausschussgemeinschaft, in der wir schon viele Dinge im Stadtrat angeschoben haben. Angefangen mit den Corona-Soforthilfemaßnahmen für die Schausteller und die Gastronomie im Frühsommer bis zu Vorschlägen zur Stärkung des Tourismus in Ingolstadt. Bei einer Testfahrt konnten wir uns auch von der Qualität der umgerüsteten Elektrobusse der Firma e-troFit überzeugen. Deshalb haben wir den Antrag gestellt einen solchen Bus zu beschaffen und in die Innenstadtlinie zu integrieren. Das reduziert den Lärm und die Emissionen. Es gibt aber auch große Herausforderungen, die der neue Stadtrat bewältigen muss. Der Haushalt der Stadt sieht schlecht aus. Weniger Steuern und hohe neue Ausgaben, auch für Personal, sind keine Kombination die auf Dauer trägt. Deshalb müssen wir uns an die Kandare nehmen, Bauprojekte priorisieren und auch bei jeder neuen Stelle dreimal hinsehen.
Jakob Schäuble und Karl Ettinger